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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gott erhalte Franz den Kaiser - Gottesfriede
sinnlichung des Ningcns der Naturmächte beim
Scheiden des Sommers; die Schilderung der Vor-
zeichen aber, wie sie in den beiden Edden überliefert
ist, ist großenteils unter christl. Einfluß entstanden.
(Vgl. Lehmann, Die Götterdämmerung in der nor-
dischen Mythologie, 2. Aufl., Königsb. 1891.)
Anknüpfend an diesen Mythus hat N. Wagner
nach der veralteten falschen Etymologie von Nagna-
rök dem dritten Tag seiner musikalischen Trilogie
"Der Ning des Nibelungen" den Titel "Götter-
dämmerung" gegeben.
Gott erhalte Franz den Kaiser, Anfangs-
worte der österr. Volkshymne, die von Lorenz Leo-
pold Haschka (1749-1827) gedichtet und von Joseph
Haydn in Musik gesetzt wurde. Sie wurde 12. Febr.
1797 zum erstenmal in Wien gesungen.
Göttersage, s. Mythus und Mythologie.
Gottesacker, s. Bestattung der Toten lBd. 2,
S. 889 a).
Gottesanbeterin (N^tig i^ü^iosa. ^,., s. Tafel:
Insekten IV, Fig. 12), eine bis 75 mm lange,
hellgrüne bis braungelbe, in Südeuropa, stellen-
weise auch in Süddeutschland lebende Fanghcuschrecke
(s.o.).
span. I.0uvH-äi03) hat das Tier von seinen Naub-
armen erhalten, die an ein Paar zum Gebet er-
hobene Hände erinnern. Eine verwandte Art aus
Südamerika (Vat68 oi-duZ _3?"'m.) ist auf Tafel:
Insekten I, Fig. 8 dargestellt.
Gottesbe^g, Stadt im Kreis Waldenburg des
preuß. Neg.-Vez. Vreslau, 5 km westlich von Wal-
dcnburg, in 580 m Hohe, am Fuße des Plauzen-
berges, an der Linie Hirschberg-Dittersbach (Bahn-
hof 2 km entfernt) der Preuß. Etaatsbahnen, Sitz
eines Amtsgerichts (Landgericht Schweidnitz), hat
(1890) 7201 (3599männl., 3602 weibl.) E., dar-
unter 2460 Katholiken und 25 Israelitcn, Post
zweiter Klasse, Telegraph, Fernsprecheinrichtung,
Gasanstalt, Wasserwerk, Vorschußvcrein, städtische
Sparkasse; Wollspinnerei, Kohlengruben, Porphyr-
und Schwerspatbrüche.
Gottesbrief, s. Indult.
Gottesdienst, soviel wie Kultus (s. d.). - Die
ungehinderte Ausübung des G. wird strafrechtlich
geschützt, insofern derjenige, welcher durch eine
Thätlichkeit oder Drohung (s. d.) jemand hindert,
den G. einer im Staate bestehenden Religions-
gesellschaft auszuüben, mit Gefängnis bis zu
3 Jahren bestraft wird (§. 167 des Deutschen
Strafgesetzbuchs). Dieselbe Strafe trifft nach dem-
selben Gesetz denjenigen, welcher in einer Kirche
oder in einem andern zu religiösen Versammlungen
bestimmten Orte (auch einem Kirchhofe) durch Er-
regung von Lärm oder Unordnung den G. oder
einzelne gottesdienstliche Verrichtungen einer im
Staate bestehenden Religionsgesellschaft vorsätzlich
verhindert oder stört. Ähnlich der Astcrr. Strafgesetz-
entwurf von 1889 in ß.173. (S.Neligionsverbrechen.)
Gottesfreunde heißen in mystischen Schriften
des 14. Jahrh, bald ganz allgemein Personen von
ausgezeichneter Frömmigkeit, bald Männer und
Frauen, die in den Wirren jener Zeit in der per-
sönlichen Gemeinschaft mit Gott Frieden suchten.
An manchen Orten bildeten sie eigene Vereine.
Priester und Laien predigten unter ihnen und ver-
breiteten mystische Schriften. Das Nhcinthal von
Brabant bis zu den Hochthälern der Schweiz war
der eigentliche Schauplatz diefer mystisch-ascetischcn
Bewegung, Köln, Straßburg und Basel die Haupt-
sammelplätze der G. Bedeutende Personen aus die-
sen Kreisen waren Heinrich von Nördlingen, in Basel
und an andern Orten als Prediger und Seelsorger
thätig; Tauler (s. d.), Nulman Merswin (s. d.),
die Frauen Margareta und Christina Ebner und
Elisabetb Langmann. Die merkwürdigste und ein-
flußreichste Persönlichkeit dieser Kreise war "der
große Gottcsfreund im Oberland". Wie er hieß
und wer er war, ist nicht bekannt. Lange glaubte
man, es sei Nikolaus von Basel, der um 1387
zu Wien als Veghardc verbrannt wurde. Nach De-
nifles Forschungen ist die wichtigste der unter jenem
Namen erhaltenen Schriften das "Buch des Mei-
sters", ein bloßer Roman; es sei daher salsch, die in
dieser Schrift enthaltenen Andeutungen über Per-
sonen, Zeit- und Ortsverhältnisse historisch zu deu-
ten. Dem widersprach jedoch Iundt, der unter dem
Gottesfreunde einen Johannes von Chur,
genannt von Nütberg (einer Burg im Kanton St.
Gallen), verstanden wissen wollte, neuerdings jedoch
die Geschichtlichkeit des Gottesfreundes fallen ließ.
- Vgl. C. Schmidt, Die G. im 14. Jahrb. (Jena
1854s; Denifle, Der Gottcsfreund im Oberland
und Nikolaus von Basel (in den "Histor.-polit.
Blättern", Münck. 1875); ders., Taulers Bekeh-
rung kritisch untersucht (in "Oucllen und Forschun-
gen zur Sprach- und Kulturgeschichte", 36. Heft,
Straßb. 1879); Nieger, Die G. im deutschen Mittel-
alter (Heidelb.1879); Iundt, 1.68 Äiuiz äs Dien au,
14° Liecio (Par.1879); Pregcr, Geschichte der deut-
schen Mystik im Mittelalter, Bd. 2 (Lpz.1881); Iundt,
Ilulm^n N6r8^vin 6t 1'ami clo Dieu (Par.1890).
Gottesfriede, 'Q^uFa voi (frz. ti-ov6 ä6 Vi6u),
im Mittelalter die durch die Kirche veranlaßte Be-
schränkung der Fehden. Kraft des G. sollte eigent-
lich jede Gewaltthat, namentlich jede Selbsthilfe
durch Waffen verpönt fein. Doch begnügte man
fich vorerst, wenigstens an den Tagen der Woche,
die durch den Tod und die Auferstehung des Erlösers
geheiligt waren, von Donnerstag Abend bis Mon-
tag früh, jede Fehde zu untersagen und den, der in
dieser Zeit Gewaltthätigkeiten übte, mit dem Bann
zu bedrohen. Anfangs bloß durch Lehre und Ge-
wohnheit eingeführt, und zwar zuerst in Aauitanien
um 1033, sodann in Südfrankreich und Burgund,
in Deutschland zuerst in der Diöcese Lüttich (1081),
wurde der G. auf Konzilien des 11. und 12. Jahrh,
mittels ausdrücklicher Satzungen bestätigt und ein-
geschärft. Später dehnte man ihn auch auf den
Donnerstag aus sowie auf die Zeit vom ersten
Adventsonntage bis zum Feste der Erscheinung
Christi (Epiphania), vom Aschermittwoch bis zum
Montag nach Trinitatis, auf die Quatember, Ma-
rien- und Aposteltage u. s. w. Auch wurden Kirchen,
Klöster, Hospitäler und Gottesäcker, Geistliche, Acker-
leute auf dem Felde und überhaupt alle Wehrlosen
sowie besonders noch auf dem Konzil zu Clermont
s1095) die Kreuzfahrer in den G. eingeschlossen,
i Thatsächlich wurde der G. jedoch häufig mißachtet;
auch die in Deutschland seit 1043 üblichen, von der
weltlichen Gewalt ausgehenden Landfrieden (s. d.),
die das gleiche Ziel verfolgten, erreichten nur
mangelhaft ihren Zweck, und erst seit Ende des
Mittelalters gelang es der erstarkten Staatsgewalt,
allmählich die Herrschaft des Gesetzes herzustellen.
- Vgl. Kluckhohn, Geschichte des G. (Lpz. 1857);
E. Semichon, 1^ i)üix 6t III. ti-övs ä6 I)i6n (Par.
1857); Huberti, Gottesfrieden und Landfrieden.
Rechtsgeschichtliche Studien (Ansbach 1892).