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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gottschee - Göttweih
leistet wurde, und sührts mehrere tüchtige Kräfte,
z. V. I. E. Schlegel, in die Öffentlichkeit ein. Mehr
durch ihren maßgebenden praktischen Erfolg als
durch ihren selbständigen innern Wert zeichneten sich
aus G.s Lehrbücher: "Versuch einer kritischen Dicht-
kunst" (Lpz! 1730; 4. Aufl. 1751), "Ausführliche
Redekunst" (ebd. 1728; 5. Aufl. 1759), "Deutfche
Sprachkunst" (ebd. 1748: 6. Aufl. 1776), "Hand-
lexikon der schönen Wissenschaften und freien Künste"
(ebd. 1760), das später durch Sulzcrs Werk ver-
drängt wurde. Auch für zahlreiche Übersetzungen,
z. B. Vayles "Wörterbuch" (Lpz. 1741 - 44), und
Neuausgaben älterer deutscher Dichtungen ("Reincle
der Fuchs", 1752; neu herausgegeben Halle 1886)
fand der betriebsame Mann die Zeit. Als Dichter
dagegen ist G. nicht ernst zu nehmen. Daß die Poesie
nicht lehrbar sei, konnte nichts besser beweisen als
seine trocknen "Gedichte" (Lp,;. 1736) und sein steifes
Trauerspiel "Der sterbende Cato" (ebd. 1732 u. ö.),
deren geist- und poesielose Regelmäßigkeit nur die
urteilsunfähige Clique rühmen tonnte. - Vgl. Dan-
zel, G. und feine Zeit (Lpz. 1848); Vraitmaier, Die
poet. Theorie G.s und der Schweizer (Tüb. 1879);
Bernays, I. W. von Goethe. I. C. G. Zwei Biogra-
phien (Lpz. 1880); I. Crüger, I. Chr. G. und die
Schweizer (in Kürschners "Deutfche Nationallittera-
tur" Bd. 42, Stuttg. 1884); Servaes, Die Poetik
G.s und der Schweizer (Straßb. 1887); P. Fischer,
G. und sein Kampf mit den Schweizern (Lpz. 1892);
Reicke, Zu I. Chr. G.s Lehrjahren auf der Königs-
berger Universität (Königsb. 1892).
Seine erste Gattin, Luife Adelgunde Victo-
rie, geborene Kulmus, geb. 11. April 1713 zu
Danzig, feit 1729 mit G. in Briefwechsel, verheiratet
seit 1735, gest. 26. Juni 1762 zu Leipzig, stand
ihm in feinen litterarifch-kritifchen Bestrebungen
mit rührender Hingabe bei und war überhaupt eine
durch Geist, Gelehrsamkeit und Güte ausgezeichnete
Frau. Sie ergänzte den humorlosen Gatten nament-
lich dadurch, daß sie ihrerseits für ein besseres Lust-
spielrepertoir forgte, nach dm Mustern Moliöres,
Holbergs, Destouches. Ihre "Pietisterei im Fisch-
beinrocke" fchildert mit Lebenswahrheit die Gefahren
des Muckertums; ihre leider unfchön derbe "Hau5-
französin" bekämpft die Französelei des Vürger-
standes u. s. w. In ein reiches Gemütsleben lassen
uns ihre von ihrer Freundin Frau von Runkel her-
ausgegebenen "Briefe" (3 Bde., Dr?sd. 1771-72)
blicken. Sie trug viel dazu bei, d:e Gottfchedifche
Geschmacksrichtung auch in der Frauenwelt auszu-
breiten. - Vgl. Schlenther, FrauG. und die bürger-
liche Komödie (Berl. 1885).
Gottschee, flowen. Xo^v^e. 1) Landstrich von
705 qkm im österr. Kronlande Kram, feit 1623 eine
Grafschaft, ging 1641 an die Grafen von Auers-
perg über; durch Johann Weikhard von Auersperg
zum Fideikommih gemacht, wurde es 1791 vom
Kaiser Leopold 11. zum Herzogtum erhoben und zu-
gleich dem regierenden Fürsten von Auersperg Titel
und Rang eines Herzogs von G. erteilt. Das Gebiet
zerfällt in mehrere Kesselthälcr, die von NW. nach
SO. durch bewaldete Höhenzüge getrennt sind, der
Boden ist höhlenreicher Kalkstein, in welchem die
Flüsse verschwinden, weshalb der Ackerbau gering
ist. Die Mehrzahl der Bevölkerung der G. bilden
die Gottscheer, ein deutscher ^tamm von 25000
Seelen in 171 Ortschaften. Ihre Herkunft ließ sich
bisher nicht mit Sicherheit feststellen, fowenig wie
die Zeit der ersten Befiedelung; erstmals erscheint
der Name G. in einer Urkunde von 1363; kurz vor-
her follen in der Umgegend durch Graf Otto von
Ortenburg, der in Ortenegg bei Reifnitz residierte,
300 Familien aus Franken und Thüringen an-
gesiedelt worden fein, welche Karl IV. zur Bestrafung
eines Aufruhrs Landes verwiefen hatte. Ihre Nach-
kommen haben sich auf ihren Hochflächen, obwohl sie
ringsum von Slawen eingeschlossen sind, ziemlich
unvermischt erhalten und ihren Dialeki, der im all-
gemeinen den Charakter der bayr.-österr. Oberlech-
mundart mit einem starken Zufatze von Schwaben
zeigt, bewahrt, nebst uralten Voltsliedern (beson-
ders bemerkenswert ist das Lied "Von der fchönen
Meererin" mit Anklängen an die Gudrunsage).
Früher verfertigten sie grobe Holzwarcn (Haus-
industrie) und handelten mit felbsterzeugter Lein-
wand nach Kroatien und Fiume; feit dem 18. Jahrh,
treiben sie namentlich Hausierhandel mit Südfrüch-
ten und wandern oft jahrelang in der Fremde herum,
ehe sie wieder in ihre Heimat zurückkehren. In neue-
ster Zeit wenden sie sich dem Handel mit Speck selbst-
gemüsteter Schweine und der Erzeugung seinerer
Holzwaren zu, in einigen Dörfern wird Lodentuch
erzeugt. - 2) Vezirkshauptmanuschaft im östcrr.
Kronlande Kram, hat 1158,03 c^in, (1890)4280;
(18 887 männl., 23 919 wcibl.) E., meist kath. Deutfche
(14736) und Slowenen (27324), 8021 Häufer und
9104 Wohnparteien in 39 Gemeinden und 384 Ort-
schaften und umfaßt die Gerichtsbezirke G., Groß-
Laschitz und Rcifnitz. - 3) Stadt und Sik derBe-
zirkshauptmannfchaft G., am Rinfecbach, der bald
darauf in die Erde versinkt, in 460 in Höhe, an der
Eisenbahnlinie Laibach-G., hat (1890) 1169, als Ge-
meinde 2835 deutsche E., Post, Telegraph, Bezirks-
gericht (676 hkni, 22 Gemeinden, 188 Ortschaften,
19861 E., darunter 14301 Deutfche, und 4895 Slo-
wenen), herzogt. Auerspergfchcs Forstamt, ein von
dem Grafen Joh. Weikhard von Auersperg 1650
erbautes schloß; ein k. k. Untergymnasium, eine
Fachschule ,ür Holzindustrie und Drechslerei; in den
nahen Wäldern mehrere Dampfsägewerke, bedeuten-
des Lager von Töpferthon und Hausindustrie. In
der Nähe die vom österr. TouristenNub zugänglich
gemachte großartige Friedrichsteiner Eishöhle und
andere merkwürdige Höhlen mit eigentümlicher
Höhlenfauna (I^otcuZ an^nin6U3, Grottenolm,
^nopIitkainiuZ Nilimskii. I^ptollii'ugHoQeii^Äi'ti).
Auf der Höhe die Ruine Friedrichstein.
Göttweih, auch Göttweig, berühmte Vene-
diktinerabtci im Gcrichtsbezirk Mautern der österr.
Vezirkshauptmannfchaft Krems in Niederösterreich,
zur Gemeinde Steinaweg (323 E.) gehörig, nahe
dem rechten Ufer der Donau auf einer weithin sicht-
baren Berghohe (449 m) gelegen, an der Linie Krems-
Herzogenburg der Österr. Lokalbahngesellfchaft, hat
(1890) 99 E., eine schöne Kirche, aus "einer ober- und
unterirdischen bestehend, theol. Hauslehranstalt,
Münzen- und Altertümersammlung, bedeutende alte
Bibliothek und ein an mittelalterlichen Urkunden
reiches Archiv. Unter der Abtei hinweg führt ein
Eisenbahntunnel. Die Abtei, von Bischof Altmann
von Pasfau 1072 gestiftet und 1083 eingeweiht, kam
bald zu fo bedeutendem Reichtum, daß es das "Stift
zum klingenden Pfennig" hieß. Dasselbe stand früher
unter dem Bischof von Passau, gehört aber jetzt zur
Diöcese von Et. Polten. Nachdem es 1718 abge-
brannt, wurde es im folgenden Jahre wieder aufge-
baut. Im Mittelalter genoß G. durch die litterar.
Thätigkeit feiner Mönche großen Ruf. Berühmt ist