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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gräz - Grazien
22. Okt. 1586 vom Papst bestätigt wurde. Sie hatte
cinc thcol. und philos. Fakultät, zu denen das Ie-
niitengymnasium als iaculws Inimaniztica sivs
^Q^uarum als dritte gerechnet wurde. 1609 wurde
das Universitätsgebäude eingeweiht. 1773 ging
Universität und Gymnasium an den Staat über,
1774 wurde die philos. Fakultät neu organisiert,
1779 die juristische eröffnet, 1783 die chirurg. Lehr-
anstalt erweitert. Die 1782 in ein Lyceum verwan-
delte Universität wurde 1826 als solche wieder
restauriert, und seit 1863 besitzt sie die vollen vier
Fakultäten. Die Zahl der Docenten betrug (1891-
92) 104, der immatrikulierten Hörer 1512, darunter
56 außerordentliche. Zu den großartigen Neubau-
ten der Universität gehören ein anatom.-physiol.,
physik. und chem. Institut, welche auch von ital.
Studierenden aus Friaul, dein Küstenlande und
Dalmatien besucht werden, und eine Bibliothek,
1776 aus den aufgehobenen Iefuitenbibliotheken in
Steicrmark gegründet, mit 125000 Bänden und
2005 Handschriften. Die k. k. Technifche Hochschule
ist 1814 als naturwissenschaftliche Lehranstalt von
Erzherzog Johann gestiftet, 1827-30 reorganisiert
und 1874 als Hochschule vom Staat übernommen;
sie hat 40 Docenten und Lehrer, 164 ordentliche uud
18 außerordentliche Hörer. Ferner bestehen das
Ioanneum (s. oben), Zwei Staats- und zwei Privat-
untergymnasien (Carolineum - Augustiueum und
^xholzsches), eine Landes- und eine Staatsrcal-
schule, eine Handelsakademie, eine Lehrer- und Leh-
rerinncnbildungsanstalt, ein städtisches Müdchen-
lyceum, eine Staatsgewerbeschule, eine Landes-
zeichnungsakademic, eine Brandschadenversichc-
rungsanstalt (s. Feuerversicherung, Bd. 6, S. 752).
Die Land es g emäld eg al eri e enthält Bilder von
Tintorctto, Cranach und Fugcr. Die vom Lande
Steiermark bez. der Stadtgemeinde verwalteten
Woh lthätigkeits an st alten(Kranken-,Siechen-,
Gebär- und Waisenhäuser, Irrenanstalt, Taubstum-
rneuiustitut u. s. w.) sind reich bedacht und ausge-
stattet. Südlich von der Stadt befindet sich das
neue Zellengefängnis. Unter zahlreichen Vereinen
sind zu nennen: die Landwirtschaftsgesellschaft und
der Gcwerbeverein, der Historische Verein, der Kunst-
verein, der Kuustindustrievereiu, der Naturwissen-
schaftliche Verein, der Musikvcrcin, die Männer-
gesang- und Turnvereine. Die Industri e erstreckt
sich vornehmlich auf Fabrikation von Eisendahn-
schienen, Maschinen und Eisenwaren, Papier und
Etiketten, Parfümeriegegenständcn, Loden- und an-
dern Hüten, Lcder und Lederwaren, Fahrrädern und
Champagner (Kleinoschegg). Zu erwähnen sind ferner
die großen Werkstätten der Österreichischen Südbahn,
die Leykam-Iosefsthaler Aktiengesellschaft für Bucb-
uno Kunstdruck, die drei großen Brauereien und die
zahlreichen Mühlen. Seit Eröffnung der G.-Köf-
lacher Kohlenbahn nimmt die Anzahl der Fabrik-
anlagen rasch zu. Der Handel ist im Aufblühen
begriffen. Von Bedeutung sind die Steiermärkische
Sparkasse (38,4 Mill. Fl. Einlagen) und deren
Pfandbriefanstalt (4,6 Mill.), die Gemeindespar-
lasse (30,9 Mill. Fl. Einlagen) und die Steiermär-
lische Escomptebank. Die besuchtesten Puukte der
schönen Umgebung sind: derHilmteich mit Anlagen,
der 3tosenberg (479 m),Maria-Grün(454ui), Maria-
Trost, ein Wallfahrtsort, das Kaltbad Nadegund
(s. d.), Eggenberg (s. d.), Thal, Ruine Alt-Gösting,
das Vrünnel bei St. Martin, Tobelbad (s. d.), die
Platte (651 m), mit prächtiger Aussicht, der Rainer-
kogl iMeicrci; 501 m) mit schönstem Blick auf G.,
der 659 m hohe Vuchkogl mit 11m hohem eisernen
Rundschauturm, der Plabutsch i 764 m) und der
Schocket (1446 m) mit großem Touristenhaus.
Geschichte. Der Name G. erscheint nicht vor
1129; gleichwohl spricht sein slaw. Charakter (^raäex
^ Vefestiguug) für eiue weit ältere Ausiedelung,
von den am Schlohberge gefundenen röm. Alter-
tümern abgefehen. Das erste Stadtprivilcg stammt
von König Rudolf 1281. Die Lage machte G.
stets zur eigentlichen Verwaltungsstadt des Lan-
des, aber seine Hauptentwicklung beginnt erst mit
dem 15. Jahrh.., wo auch eine Stadterweiterung
in südl. Richtung geschah; damals residierte nament-
lich Kaiser Friedrich III. oft und lange hier, und
gegen Ende des Jahrhunderts errichtete auch die
Ständeschaft in der Herrcngasse ihre Kanzlei im
sog. Landhause, das in der Hauptfront feit 1560
fein heutiges Gepräge trägt. Von 1564 bis 1618
war G. Residenz von ganz Innerösterreich, jenes
iüngern Zweiges der Habsburger, der mit Fer-
dinand II. die Provinzialregicrung mit dem Kaiser-
throne vertauschte. Von da ab ward G. bloß Land-
stadt, aber von hoher Wichtigkeit für den Südostcn,
denn von hier, und namentlich vom Landhause aus,
ward der Schutz des Westens gegen die Türken durch
die Errichtung der Militärgrenze in Kroatien und
Slawonien organisiert und geleitet. Etwa 120 Jahre
lang gingen von da große Scharen geworbener
Söldner nach den von Deutschen geballten festen
Plätzen jener Nachbarländer. Die Einfälle der
Türken streiften 1532 G. sehr nahe. In den I.
1797, 1805 und 1809 sah es die Franzosen in
seinen Maueru; 1809 widerstaud Major Hacker
fünf Wochen lang der Belagerung auf dem Schloß-
berge, den er bloß durch den Wiener Frieden und
mit allen militär. Ehren räumte.
Vgl. Schreiner, Histor.-statist.-topogr. Gemälde
der Stadt G. und ihrer Umgebung (Graz 1843);
Weidmann, Illustrierter Fremdenführer durch G.
(ebd. 1856); Ilwof und Peters, G., Geschichte und
Topographie der Stadt und ihrer Umgebung (ebd.
1876); G. und seine Umgebung (ebd. 1880).
Gräz, ^tadt in der Provinz Posen, s. Grätz.
Grazalema, Stadt in der span. Provinz Cadiz,
90 km im ONO. von Cadiz, bei den Quellen des
Guadalete, hat (1887) 6389 E. und Tuchfabrikation;
2 I<in westlich der Cerro de San Cristobal (1716 m).
Graziani, Girolamo, Graf, ital. Dichter, geb.
1604 zu Pergola, erhielt in Modena feine Erziehung
und trat in die Dienste der Este. Franz I. ernannte
ihn 1647 zum Sekretär feines Lohnes Alfons, mit
dem er nach Frankreich ging. Nach seiner Rück-
kehr wurde er Staatssekretär. Die letzten Jahre
seines Lebens brachte er in Pergola zu und starb
daselbst 1675. Sein erstes Heldengedicht: "Oleopa-
ti-H", in 13 Gesängen (Vened. 1632,1670; Bologna
1626,1653), hatte wenig Erfolg; erst mit "Onn<ini8w
äi (Fi'ÄHHw", in 26 Gesängen (Mod. 1650; Neap.
1651; 2 Bde., Par. 1654; Bologna 1673; 2 Bde.,
Vcned. 1789, 1825 u. ö.), war sein Ruf begründet.
Er schrieb noch: "Iliine" (Parma 1621; Mod. 1672
u. ö.), "1^ 0a11i3to" (Par. 1654), "II colozso Lacro"
(ebd. 1656), "Vario poesie 6 pro30" (Mod. 1662),
"1^'Kreole FHilico" (ebd. 1666) und das Trauer-
spiel "II Ooiiiu6l6" (ebd. 1671).
Grazile, s. Aumut.
Grazien (6rati56), röm. Vezeichuuug der von
den Griechen Chariten (s. d.) genannten Göttinnen.