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Großbritannien und Irland (Kolonialwesen. Landwirtschaft)
Auswanderer sind Tagelöhner. Zur Förderung der Emigration haben sich besonders seit 1848 viele größere Vereine gebildet, und die Regierung begünstigt die Auswanderung nach den Kolonien, während die Kolonialregierungen geeigneten Personen die Ansiedelung möglichst erleichtern.
Die nicht unbedeutende Einwanderung betrug (1892) 241527, darunter 143747 Briten, gegen 151369 im J. 1891. Auf 100 Personen, die G. u. I. verließen, kamen 45 an, und von 100 brit. und irischen Emigranten kamen 47 zurück. Nach Abrechnung der Seeleute nahm 1892 die Bevölkerung um 22137 Fremde zu (gegen 28270 im J. 1891); darunter waren 7538 Russen und Polen (meist israel. Auswanderer), 4367 Skandinavier, 5765 Deutsche, 839 Holländer, 910 Franzosen, 783 Italiener und 1935 andere.
Kolonialwesen. Das brit. Kolonialwesen ist das ausgedehnteste und erfolgreichste der Erde. (S. Karte: Kolonien europäischer Staaten beim Artikel Kolonien.) Nach amtlichen Angaben hatten die sämtlichen brit. Kolonien und Besitzungen (1892) eine Fläche von über 25,5 Mill. qkm mit 314 Mill. E.; rechnet man dazu das Vereinigte Königreich selbst und alle Schutzgebiete, so erstreckt sich der brit. Einfluß beinahe über 30 Mill. qkm. Diese Ausdehnung brit. Macht hat auch zur Folge, daß die engl. Sprache Weltsprache geworden ist, von etwa 118 Mill. Menschen gesprochen und in der Verbreitung nur noch vom Chinesischen übertroffen wird. Die Verfassung und staatsrechtliche Stellung zum Mutterland ist im einzelnen ganz verschieden geregelt. (S. unten, S. 416.)
Sieht man von Ostindien ab, so umfaßt der Besitz in Asien 362815 qkm mit 4937000 E., in Europa 9929 qkm mit 412271 E., in Afrika 2581800 qkm mit 5554000 E., in Amerika 9474700 qkm mit 6719000 E., in Australien 8216737 qkm mit 4553500 E., in der Südsee 1608 qkm mit 45400 E., im Indischen Ocean 2812 qkm mit 377637 E. und im Atlantischen Ocean 12909 qkm mit 21142 E. In der folgenden Tabelle sind die Kolonien und Schutzgebiete im einzelnen aufgeführt:
Kolonien und Schutzgebiete qkm Einwohner
Kaiserreich Indien 4859300 291351000
Bahrain-Inseln 160 68000
Ceylon 63976 3008239
Straits-Settlements 3998 506984
Malaiische Schutzstaaten 86000 605000
Nord-Borneo 80300 120000
Brunei 21000 50000
Serawak 106200 320000
Hong-kong 79 221441
Gibraltar 5 25755
Malta 323 177225
Cypern 9601 209291
Gambia 179 14266
Sierra Leone 7770 74835
Goldküste 100190 1500
Lagos 2768 85607
Niger-Küsten-Protektorat ? ?
Englisch-Ostafrika ? ?
Kapkolonie 574800 1526456
Basutoland 30420 218902
Betschuanenland 184980 60376
Sambesi-)
} Protektorat 1604480 1350000
Njassa-)
Natal 45830 543865
Zululand 22320 142600
Dominion of Canada 8767700 4829411
Neufundland 110670 202100
Britisch-Honduras 21475 31471
Bahama-Inseln 13960 47565
Jamaika u. s. w. 12018 646
Leeward-Inseln 1827 127603
Windward-Inseln 1425 135970
Barbados 430 182306
Trinidad, Tobago 4839 226383
Britisch-Guayana 229600 234887
Queensland 1730721 393938
Britisch-Neuguinea 229102 489000
Neusüdwales 799139 1132234
Victoria 229078 1440405
Südaustralien 985720 315048
Nordterritorium 1355891 4958
Westaustralien 2527283 55000
Tasmanien 67894 146667
Neuseeland u. s. w. 269432 704353
Fidschi-Inseln 20837 121180
Inseln der Südsee 1608 45400
Mauritius u. s. w. 2812 397637
Bermudas 50 15013
Ascension 88 140
St. Helena 123 4116
Tristan da Cunha 116 84
Falkland-Inseln 12532 1789
Landwirtschaft. Die Eigentumsverhältnisse des Bodens beruhen immer noch theoretisch auf den alten Feudalgesetzen. Der Gutsbesitzer erhält sein Land direkt von der Krone als Freisasse (Freeholder) oder von einem andern Grundherrn als Erbpächter (Copyholder), Pächter (Leaseholder) u. s. w. Die einzige Ausnahme von dieser Regel findet sich auf den Orkney- und Shetlands-Inseln, wo gewisse kleine Gutsbesitzer (Udallers oder Odallers genannt) ihr Land als Erbeigentum besitzen. Der größte Teil des Grundes und Bodens ist in den Händen großer Grundherren, welche sich bestreben, die Zahl der kleinern Landeigentümer durch Ankauf von deren Gütern mehr und mehr zu verringern. Yeomen oder kleine Landeigentümer, die ihr eigenes Land bewirtschaften, sind fast ganz verschwunden. Mit Ausschluß von London, Grundbesitzen von weniger als 1 Acre, Gemeinde- (Commons) und wüstem Land giebt es ungefähr 321400 Landeigentümer (269547 in England und Wales, 19225 in Schottland, 32614 in Irland), wovon 7400 im Besitz der Hälfte des ganzen Landes sind. Der größte Besitz in England umfaßt (1876) 181617 Acres. Fast alles anbaufähige Land ist an Pächter vergeben. (S. Farm.) In England und Wales sowie in Irland werden 75 Proz. des Flächeninhalts, in Schottland 25 Proz. landwirtschaftlich verwertet. Neue und verbesserte Maschinen, Agrikulturchemie, künstliche Dünger und Ackerbauschulen sind in Dienst genommen, ungeheure Striche Landes, besonders im Fen-Distrikt (s. d.), aber auch in den irischen Sümpfen der Kultur nutzbar gemacht worden, und die Gesetzgebung hat zur Unterstützung des Landwirts viel gethan. Trotzdem ist es Thatsache, daß, während jede andere Quelle des Nationalvermögens innerhalb des letzten halben Jahrhunderts im Wert gestiegen ist, die Landwirtschaft sich um 60 Proz. vermindert hat. 1887 wurde der Wert des Kapitals, das im Ackerbau und Viehzucht angelegt ist, auf 2287 Mill. Pfd. St. und der Wert der Jahresproduktion auf 251 Mill. Pfd. St. oder 20 Proz. des Nationaleinkommens geschätzt. In Deutschland, wo das Kapital auf 2336 Mill. Pfd. St. geschätzt wurde, war der Wert der Produktion mit 415 Mill. Pfd. St. angesetzt. Der auffallendste Zug in der neuern Geschichte der brit. Landwirtschaft war die Verminderung der mit Getreide (besonders Weizen) bestellten Fläche und die Zunahme des Weidelandes. 1830 brachte das Vereinigte Königreich 17, 1887