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Gustav II. Adolf (König von Schweden)
punkte seines Reichs geführt wurde, zuerst beizulegen.
Nach harten Kämpfen gelang es ihm, unter Englands
Vermittelung den Frieden zu Knäred 19. (29.) Jan.
^613 abzuschließen, in dem er gegen Zahlung von
1 Mill. Thlrn. alles von den Dänen Eroberte zurück-
erhielt. Von dem gefährlichsten seiner Feinde befreit,
wendete er nun seine Waffen sogleich gegen Rußland.
Hier hatten bereits die Schweden unter Jakob de la
Gardie große Vorteile erlangt, die durch G. A.s Teil-
nahme am Kampfe seit 1614 so überwiegend wur-
den, daß der Zar Michael sich zum Frieden von
Stolbowa (s. d.) 27. Febr. (9. März) 1617 genötigt
sah, durch den Kerholm, Karelen und Inaermanland
an Schweden abgetreten und diesem auch noch Esth-
land und Livland zugesagt wurden. Inzwischen hatten
die Zwijtigkeiten mit Polen, deffen König Sigis-
mund naä> Karls IX. Tode seine Ansprüche auf den
schwed. Thron erneuert hatte, mit kurzen Unter-
brechungen fortgedauert. Als die Unterhandlungen
G. A.s während des mehrmals geschlossenen Waffen-
stillstandes nicht zum erwünschten Ziele führten, be-
gann er 1621 den Feldzug gegen Polen aufs neue
und machte in Livland, Kurland, Litauen und Pol-
nisch-Preußen große Eroberungen, die nur 1629,
wo eine Hilfssendung von 10000 Mann Oster-
reichern unter Arnim die Polen verstärkte, auf kurze
Zeit unterbrochen wurden.
Unterdessen hatten in Deutschland die großartigen
Erfolge, die Kaiser Ferdinand II. im Dreißigjährigen
Kneae mit Hilfe Wallensteins errang, die polit.
Freiheit und den prot. Glauben immer gefährlicher
bedroht. Dazu kam, daß O. A. die Gelegenheit für
günstig hielt, für Schweden die Herrschaft über die
Ostsee und die Ostsccküsten zu erringen und sein
Königreich zu einer Österreich und Frankreich eben-
bürtigen Großmacht zu erheben. Demnach kam,
nachdem G. A. schon 1628 das von Wallenstein
bedrängte Stralsund durch eine Truppensendung
unterstützt hatte, unter Frankreichs Vermittelung
zwischen Polen und Schweden 16. (26.) Sept. 1629
ein Waffenstillstand auf sechs Jahre zu stände, der
den König von Schweden im Besitz Livlands und
einiger Plätze in Preußen ließ und ihm freie Hand
gegen den Kaiser gab. In der Aussicht auf ein
Bündnis mit Frankreich, das auch im Jan. 1631
in Bärwalde gefchlosfen wurde, rüstete sich G. A.
zum Kriege, hielt 19. (29.) Mai 1630 vor den ver-
sammelten schwed. Ständen eine kraftvolle Rede,
wobei er seine Tochter Christine als Thronerbin vor-
stellte, schiffte sich 30. Mai (9.Iuni) mit 13000 Mann
schwed. Truppen in den Schären ein und landete
24. Juni i4. Juli) bei der Insel Rüden an Deutsch-
lands Küste, während die Truppen meist 26. Juni
(6. Juli) auf Usedom ausgesetzt wurden. Trotz der
Schwierigkeiten, die sich ihm in dem Wankelmut
und dem Mißtrauen der deutschen Fürsten entgegen-
stellten, siegte er überall über die kaiserl. Truppen.
Er zwang den Herzog von Pommern, Bogislaw XIV.,
und die Kurfürsten Georg Wilhelm von Branden-
burg und Johann Georg von Sachsen, sich mit ihm
zu vereinigen, vermochte aber nicht Magdeburg zu
retten. Er setzte die geächteten Herzöge von Mecklen-
burg wieder ein, schlug Tilly 7 .(17.) Sept. 163 l bei
Breltenfeld, durchzog erobernd die Main- und Rhein-
gegenden sowie Bayern, bis er, zur Rettung des
Kurfürsten von Sachsen nach Sachsen zurückeilend,
in der Schlacht bei Lützen 6. (16.) Nov. 1632 ge-
gen Wallenstein als Sieger den Heldentod fand.
(S. Dreißigjähriger Krieg, Bd. 5, S. 501 l>.)
Die nähern Umstände, unter denen der König
feinen Tod fand, wurden lange auf sehr verschiedene
und widersprechende Art dargestellt, und ziemlich
allgemein galt die Annahme, er sei durch Meuchel-
mord gefallen, entweder auf Ferdinands 11. oder
Richelieus Anstiften. Der schwerste Verdacht in
dieser Hinsicht traf G. A.s Begleiter in der Schlacht,
den Herzog Franz Albrecht von Sachsen-Lauenburg.
Indes scheint es durch die Aussagen des Pagen Aug.
von Leubelsing, der an des Königs Seite verwundet
ward, ziemlich außer Zweisel gesetzt, daß G. A., als er
an der Spitze der smäländ. Reiterei zu rasch im Nebel
voraneilte, zwischen die feindlichen Kürassiere geriet
und hier, von mehrern Kugeln getroffen, vom Pferde
sank. Den Leichnam führte der Herzog Bernhard
von Weimar nach Weißenfels, um ihn dort der Ge-
mahlin G. A.s zu überliefern, die ihn dann nach
Schweden in die königl. Gruft bringen ließ. Von
seiner Gemahlin, Maria Eleonore (geb. 1599), einer
Schwester Georg Wilhelms von Brandenburg, hatte
G. A. eine einzige Tochter, Christine (s. d.), die ihm
in der Regierung folgte.
G. A. war stark und schön von Körper, hatte einen
hellen, durchdringenden Verstand und ein ehrfurcht-
gebietendes, würdevolles, aber dabei freundliches
und leutfcliges Betragen. Unerschrockener Helden-
mut und ungeheuchelte Gottesfurcht machten den
Grundzug feines Charakters aus. In den eroberten
Ländern lieh er die Religionsübung der Katholiken
ungestört bestehen, ja schützte sie sogar vor dem
Gegendruck der Protestanten. In seinem Heer hielt
er strenge Ordnung und Mannszucht und strafte
Plünderung und Gewaltthätigkeit mit unerbittlicher
Strenge. Er ließ tägliche Betstunden halten und
wachte sorgsam über gute Zucht und Sitte.
Die Beurteilung der großen Persönlichkeit G. A.s
hat vielfach geschwankt; weder war er nur der ideale
Glaubensheld, zu dem ihn eine prot.-theol. Auf-
fassung gemacht hat, noch war er nur der Realpoli-
tiker, dem der Kampf um den Glauben nur ein von
ihm selbst verspotteter Vorwand war, wozu ihn
eine ins Gegenteil verfallende Geschichtsauffassung
hat stempeln wollen. Die Wahrheit liegt in der
Mitte. An der Wahrhaftigkeit feiner tiefen und
begeisterten Religiosität tann kein Zweifel bestehen.
Aber schon allein die Erhaltung des norddeutschen
Protestantismus war, von allen andern Zielen ab-
gesehen, für das prot. Schweden das ernsteste Lebens-
interesse. G. A.s letzte polit. Ziele ermessen zu
wollen, ist schwer; die Gründung eines schwed. Ost-
seereichs und damit auch Deutschlands Abdrängung
von diesem schwedisch gemachten Meere wird das
Äußerste gewesen sein, dem er wirtlich zugestrebt
hat. Es waren Ziele, die zum Teil von Schweden
im endlichen Frieden durchgesetzt worden sind.
Auch für die innere Entwicklung seines Bandes
war G. A.s Regierung von der größten Bedeutung.
Mitten unter dem Kriegsgetümmel ward dort eine
großartige Arbeit auf allen Feldern des Kultur-
lebens vollbracht. Das Staatsrecht wurde durch die
Reichstagsordnung von 1617 und die Ritterhaus-
ordnung von 1626 entwickelt. Die gefamte Ver-
waltung ward mustergültig organisiert, der Reichs-
rat erhielt Permanenz und wurde, sich in Reichs-
kollegien verzweigend, zum Mittelpunkt der Admini-
stration; serner erfolgte eine konsequent durchge-
führte, systematische Einteilung der Läne und Be-
zirke. Das Steuerwesen wurde vereinfacht, die
Rechtspflege durch die Gerichtsordnung von 161.4