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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hautkrankheiten (der Haustiere)

nicht seltenen Fällen von schon lange bestehenden Ekzemen beim Hunde hat sich am besten bewährt die Anwendung der Teerseife oder eines Teerliniments (bestehend aus Teer, Seife und Spiritus). - Pferde erkranken häufig an dem Knötchen- oder Hitzausschlag und zwar mit Vorliebe am Kopfe, an der Schulter, auf dem Rücken und an der seitlichen Brustwand. Es bilden sich kleine Knötchen und hierauf haarlose Stellen. Durch Waschen mit Seifenspiritus, aber auch ohne jegliche Behandlung verschwindet dieses unschuldige, häufig vorkommende Leiden. Ebenso unschuldig ist die beim Pferde vorkommende Kleien- oder Schuppenflechte, bei der die Haut, ohne daß Juckreiz besteht, von kleinen Schüppchen bedeckt ist. Behandlung: Teerliniment. Das grindartige Ekzem kommt beim Pferd unter dem Namen Mähnen- und Schweifgrind und Weichselzopf an den mit langen Haaren besetzten Stellen vor. Diese Haare verkleben und verfilzen zu dichten Strähnen oder fallen ganz aus (Rattenschweif). Die Behandlung wird am besten mit Höllensteinlösungen eingeleitet. Die Mauke und Raspe bei den Pferden stellen Borkenflechten vor, die sich an den Beugeflächen des Fessels und des vordern und hintern Mittelfußgelenkes (Sprunggelenkes) ausbilden. Die Mauke ist ein sehr häufiges Leiden bei Pferden. Die Behandlung hat sich auf energische Austrocknung der ergriffenen Hautpartien zu legen, und man erreicht dieses mittels Eichenrinde, Eisenvitriols und Kohle. Gewöhnliche Bäder sind zu vermeiden und nur solche anzuwenden, welchen die genannten Stoffe zugesetzt sind. - Zu den Ekzemen gehört beim Rinde die Schlempemauke (s. d.). Außerdem giebt es bei diesem Tiere eine Schwindflechte, Schuppenflechte und einen Weichselzopf an der Schweifquaste wie beim Pferde. - Beim Schafe kommt eine Schuppenflechte, Hungerräude genannt, und eine Borkenflechte vor. Die Regenfäule (s. d.) gehört auch zu den Ekzemen. - Bei den Schweinen rechnet man den Ruß der Ferkel (Pechräude, Borkenausschlag) zu den Ekzemen; diese Krankheit kommt bei kränklichen Tieren infolge schlechter Haltung vor und kennzeichnet sich durch Bildung von Borken auf nässenden Hautstellen. Reinlichkeit und gute Fütterung beseitigt das Leiden.

3) Die Quaddel- oder Nesselausschläge. Erscheinungen: Auftreten von flachen "beetartigen" Anschwellungen in der Haut. Dieselben können bedingt sein durch Insektenstiche, das Eindringen von Haaren der Prozessionsraupe, durch Berührung mit Brennesseln oder durch zu scharfe Einreibungen von Terpentinöl oder Senfspiritus. Außerdem aber treten Nesselausschläge auf Grund innerer Ursachen, infolge Aufnahme gewisser Stoffe oder gestörter Verdauung auf. Der Nesselausschlag kommt vor beim Pferd, Rind und Schwein, und verläuft sehr gutartig nach 1-2 Tagen.

4) Brandige Hautentzündungen, Sonnenbrand, Brandmauke, bei denen Hautstellen absterben und ausfallen (Behandlung mit Sublimatwasser, Carbol- und Creolinwasser, Jodoform).

5) Blasenausschläge, ausgezeichnet durch das Auftreten umfangreicher mit heller Flüssigkeit gefüllter Blasen; schon bei Rindern beobachtet.

6) Das Ausfallen der Haare und Wolle. Gegen das Ausfallen der Haare wird namentlich bei Pferden und Hunden mit Erfolg Seifenspiritus zu Waschungen verwendet.

II. Die durch Parasiten bedingten H. zerfallen in zwei Unterabteilungen, nämlich in die durch pflanzliche und in die durch tierische Parasiten erzeugten Krankheiten.

1) Zu den durch pflanzliche Parasiten erzeugten H. gehört die Glatzflechte (Herpes tonsurans), auch Ringflechte, kahl machende Borkenflechte, bei Kälbern Teigmal oder Teigmaul, Teiggrind, Maulgrind, bei Lämmern und Ziegen Lämmer- und Ziegengrind genannt. Diese Krankheit wird durch einen Schimmelpilz (Trichophyton tonsurans, kahl machender Haarpilz) erzeugt und ist auf andere Tiere durch direkte Berührung oder durch Zwischenträger (Decken, Putzzeug, Geschirre) übertragbar. Am häufigsten wird das Rind von der Glatzflechte heimgesucht, dann folgt der Hund, seltener erkranken Pferde, Ziegen und Katzen, am seltensten Schweine und Schafe. Die Glatzflechte ist von den Tieren auch auf den Menschen übertragbar. Charakteristisch für diese Krankheit sind scharf umschriebene, rundliche haarlose Stellen am Kopf und Hals, an denen sich Rötung, Bläschen- und Borkenbildung geltend machen kann. Das Teigmaul der Kälber zeichnet sich durch runde grindartige Hautauflagerungen an den Lippen, im Angesicht und bisweilen auf der gesamten Körperoberfläche aus. Die Behandlung des Leidens besteht in der Anwendung von Salicylsäurespiritus, von Jodtinktur, von Carbol-, Creosot- oder Teersalbe. Quecksilbersalben (weiße und rote) leisten ebenfalls gute Dienste, sind indessen beim Rinde wegen der Vergiftungsgefahr zu vermeiden. - Zu den pflanzlich-parasitären H. gehört ferner der Erb- oder Wabengrind, beim Geflügel als Kammgrind, Hühnergrind, weißer Kamm bezeichnet. Schönlein entdeckte 1839 als Ursache dieser Krankheit den nach ihm benannten Schimmelpilz, Achorion Schönleinii. Der Wabengrind kommt vor bei Hunden, Katzen, Kaninchen und Mäusen, Hühnern, namentlich fremder Rassen, sowie in seltenen Fällen beim Pferde. Auf den Menschen ist der Wabengrind von kranken Tieren übertragbar. Ausgezeichnet ist diese Krankheit bei den Säugetieren durch das Auftreten trockner, außen bräunlichgelber, innen weiß- bis schwefelgelber, "schüsselförmiger" Borken von der Größe eines Zwanzigpfennigstücks und einer Dicke bis zu ½ cm. Lieblingsstellen sind der Kopf und Umgebung der Krallen. Behandlung wie bei der Glatzflechte, nachdem die Borken erweicht worden sind. Heilung erfolgt rasch. Bei Hühnern bemerkt man kleine schimmelartige Flecken am Kamme, die durch Zusammenfließen zu einem weißen Überzuge werden. Die Krankheit bleibt lange (mehrere Monate) auf den Kamm beschränkt, breitet sich aber dann sehr schnell auf die Umgebung und den ganzen Körper aus, worauf die Tiere unter Abmagerung und Ausdünstung eines auffallenden Modergeruchs zu Grunde gehen. Behandlung wie oben. - Die durch parasitische Milben hervorgebrachten Kalkbeine (s. Dermatorhyctes) sind auch eine Hautkrankheit. Zu den durch pflanzliche Parasiten erzeugten H. zählt noch die englische oder canadische Pferdepocke, so genannt, weil sie 1877 aus Canada nach England und von dort auf den Kontinent verschleppt wurde. Der Krankheitserreger wurde von Dieckerhofs und Gravitz entdeckt, es ist ein kurzer Bacillus und wird Aknebacillus genannt. Bei der engl. Pferdepocke, die mit den eigentlichen Pocken (s. d.) nichts gemein