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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Herakles
gehörigen Sagen von den Thaten oder Arbeiten des
H. sind offenbar durch die epische Poesie (es gab im
Altertum mehrere umfangreiche Epen u. d. T.
Herakleen)und die Mythographen in eine gewisse
Reihenfolge und Ordnung gebracht worden. Die
so systematisierte Herakles-Sage ist, hauptsächlich
nach Apollodor, etwa folgende: Zuerst erlegte er
oen Kithäronischen Löwen ts. d.), der des Königs
oon Thespiä, Thespios, Herden schädigte, und trug
wrtan dessen Fell init dem Nachen als Gewand und
Helm. Damals erzeugte er mit den 50 Töchtern des
Thespios 50Söhne. Nach Theben zurückgekehrt, be-
freite er diefe seine Geburtsstadt nicht nur von der
Schmach eines Tributs, den sie an den König der
Minver Erginos zu Orchomenos hatte zahlen müssen,
durch Tötung dieses Königs, sondern zwang auch die
Minyer, fortan das Doppelte des zuvor empfange-
nen Tributs felbst zu zahlen. Kreon, der König von
Theben, gab ihm dafür seine Tochter Megara zur
Gemahlin, die ihm drei Söhne gebar. Hera aber
sandte Wahnsinn über ihn,sodaß er diese seine Kinder
mit eigenerHand erschlug. Durch Athene, welche ihm
einen Stein an die Brust warf, wurde er dann in
liefen Schlaf versenkt, aus dem er geheilt erwachte.
II. Der argivische H. Aus Neue über feine
gräßliche That verbannte er sich selbst aus Theben
und befragte hernach, durch Thespios von der Blut-
schuld gereinigt, das Orakel zu Delphi, von wo er
auf das Geheiß des delphischen Gottes sich zu Eury-
stheus (s. d.) begab und in dessen Dienste die Aben-
teuer bestand, die unter dem Namen der zwölf
Arbeiten des H. bekannt sind: 1) erlegte er den
Neme'ischen Löwen ss. d.); 2) tötete er die Lernäische
Schlange (s. d.); 3) erjagte er die Kerynitische Hirsch-
kuh (s. d.); 4) fing er den Eber, der die Gegend um
den Berg Erymanthos in Arkadien verheerte, und
brachte ihn lebendig auf feinen Schultern zu Eury-
stheus, der darüber fo sehr erfchrak, daß er sich in
ein Faß verkroch; 5) reinigte er in einem Tage die
Ställe des Königs Augeias ls. d.) von Elis; 6) ver-
scheuchte und tötete er die Stymphaliden (s. d.);
7) fing er den kretischen Stier, den Poseidon einst
aus den Fluten hatte aussteigen lassen und den
Minos (s. d.), anstatt ihn, wie er gelobt, dem Gotte
zu opfern, unter feine Herden gebracht hatte; H.
ließ sich von ihm durch das Meer tragen; als er ihn
aber zu Eurystheus brachte, ließ letzterer ihn wieder
frei, worauf der Stier nach Marathon lief, sodaß
ihn Theseus ss. d.) später wieder einfangen mußte;
8) brachte H. die menschenfressenden Nofse des thraz.
Königs Diomedes, der ihnen alle Fremdlinge, die
sein Gebiet betraten, vorwarf, zu Eurystheus; 9) holte
er für denselben, von einigen andern Helden begleitet,
den von Ares geschenkten Gürtel der Amazonen-
tönigin Hippolyte ls. Amazonen), sowie 10) die
Rinder des dreileibigen Geryon (s. d.) und 11) die
goldenen Ltpfel aus dem Garten der Hesperiden
ls. d.) mit Hilfe des Atlas, für den er unterdessen
das Himmelsgewölbe trug; 12) führte er denHöllen-
hund, den dreiköpfigen Kerberos ss. d.), aus der
Unterwelt gewaltsam empor und brachte ihn, nach-
dem er ihn dem Eurystheus gezeigt, dorthin zurück.
Hl. H. in den Sagen von Arkadien, Ltto-
lien, Trachis und Lydien. H., der, um diese
Abenteuer zu bestehen, die Welt durchzog, verrichtete
während dieser Zeit und später noch viele andere
Thaten, die man wohl auch teils als seine Neben-
thaten, teils als seine eigenen Unternehmungen von
den ihm auferlegten Kämpfen unterschieden hat.
Noch in die Zeit der 12 Arbeiten fallen sein Kampf
mit den Kentauren ss. d.) auf dem Berge Pholoe
in Arkadien (f. Pholos), seine Befreiung der Hesione,
Tochter des Laomedon (s. d.); die Erricktung der
sog. Herculessüulcn (s. d.), seine Kämpfe mit Kyknos
lf. d.), Antaios ff. d.) und Busiriö is. o.), die Be-
freiung des an den Kaukasus gefesselten Prometheus
ss. d.) und des Theseus (s. d.) aus der Unterwelt.
Nachdem er die meisten dieser Thaten vollbracht,
kehrte er zurück nach Theben, vermählte die Megara
mit seinem treuen Gefährten und Diener Iolaos
und zog nach Oichalia, wo der König Eurytos ls.d.)
feine Tochter Iole demjenigen, der ihn und feine
Söhne im Bogenschießen übertreffen würde, als
Kampfpreis ausgesetzt hatte; obgleich er aber alle
besiegte, erhielt er doch die Iole nicht, angeblich weil
man einen neuen Anfall seines Wahnsinns fürchtete.
In der That ergriff ihn auch diefer bald darauf,
nachdem er in der Zwischenzeit die Alkestis ss. d.)
aus der Unterwelt zurück in die Arme ihres Ge-
mahls Admetos gebracht hatte, noch einmal, und in
diesem Anfall stürzte er Iphitos ls.d.), der Iole
ältesten Bruder, von den Mauern von Tiryns herab.
Obwohl er von diesem Mord gereinigt wurde, ver-
fiel er doch darüber in fchwere Krankheit, fodaß er
das delphifche Orakel befragte. Da ihm die Pythia
die Antwort verfagte, wollte er den Tempel plündern,
ergriff den Dreifuß und kämpfte um dessen Besitz
mit Apollon, bis Zeus beide durch einen Blitzstrahl
trennte. Nunmehr erhielt er das verlangte Orakel,
welches also lautete: von seiner Krankheit werde er
genesen, wofern er auf drei Jahre sich zum Sklaven
verkaufe und dein Eurytos den Kaufpreis als Eühn-
gelo gebe. Diefem Orakelspruch zufolge verkaufte
Hermes den H. an Omphale (s. d.), die Königin der
Lydier. In diese Zeit der Knechtschaft bei Ompbale
verlegt Apollodor die Teilnahme des H. am Argo-
nautenzug und an der Jagd des kalydonischen Ebers
sowie die Bestrafung des '^yleus (s. d.), Lityerses
(s. d.) und der Hierkopen (s. d.).
Nach Vollendung seiner Dienstzeit bei Omphale
zog er mit einem Heere gegen Troja, um Laomedon,
der Hcsione Vater, zu bestrafen, nahm an dem
Kampf der Götter mit den Giganten teil und be-
kriegte Augeias' Heere, der wie Laomedon ihn um
den bedungenen Lohn betrogen hatte. Dann zog er
gegen Pylos, nahm die Stadt, tötete Neleus ss. d.)
mit seinen Söhnen außer Nestor und verlv-undete
nach späterer Dichtung sogar Hades, der ihnen zu
Hilfe gekommen war, während die ältere Sage
diesen Kampf mit Hades an die Heraufführung
des Kerberos anknüpft; bierauf bekämpfte er die
Söhne des Hippokoon in Lakedämon. Nachdem er
sodann in Tegea der Auge (s. d.), welche durch ihn
Mutter des Telephos wurde, beigewohnt hatte,
warb er zu Kalydon um des Oineus Tochter De'ia-
neira, kämpfte um ihren Besitz mit dem Flußgott
Achelllos, besiegte diesen und vermählte sich mit
Dei'aneira. Mit ihr auf dem Wege nach Trachis be-
griffen, traf er am Flusse Euenos den Kentauren
Nessos, der die Wanderer um Lohn übersetzte. Als
dieser beim Hinübertragen der De'l'aneira sich an ihr
vergreifen wollte, tötete ihn H. mit einem Pfeile.
Im Verscheiden lehrteNessosDe'ianeira einenLiebes-
zauber für H. aus seinem geronnenen Blute mischen.
Von Trachis aus zog H. mit demKömgeKeyr gegen
die Lapithen(s.d.); hierauf kämpfte er mit dem Sohne
des Ares, Kyknos (s. d.), und sammelte alsdann
ein Heer zum Nackemge gegen Oichalia. Eurytos