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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hering (Stadt) - Hering (Konstantin)
stamme von April bis Juni. Die Eier des H. (ein
Weibchen enthält deren 40-60000 Stück) werden
stets von den scharenweise versammelten Weibchen
ins Wasser gespritzt und kleben nach der Befruch-
tung durch die Milch der Männchen an Pflanzen
und" Steinen fest; die Entwicklung der Eier währt
je nach der Temperatur 6-50 Tage und die Jungen
schlüpfen in einer sehr unvollkommenen Gestalt aus.
Indirekt konnte nachgewiesen werden, daß die H. in
der Regel zum Laichen an ihren Geburtsort zurück-
kehren/ Dieser Umstand sowie die Thatsache, daß
verschiedene lokale Nassen existieren, eröffnet die
Aussicht, durch zweckentsprechende Schonung der
Laichplätze der durch Übersischung etwa herbeige-
geführten Verarmung mancher Heringsreviere ent-
gegenzutreten, (über das periodische Verschwin-
den und Wiederkehren der Heringsscharen s. Fisch-
Perioden.) Eine künstliche Befruchtung der Herings-
eier ist zwar ähnlich wie bei den lachsartigen Fischen
mit Ersolg ausgeführt worden, allein die Aufzucht
der Jungen ist so schwierig, daß von einer erfolg-
reichen künstlichen Zucht und Vermehrung der H.
einstweilen nicht die Rede sein kann.
Der bedeutendste Herings fang findet gegen-
wärtig an der Ostküste Englands und Schottlands
(Hauptplätze Great-Iarmouth, Wick, Peterhead,
Fraserburgh) von Juni bis Oktober mit Treibnetzen
(s. Fischerei) statt. Hier fischen Holländer, Engländer
und Schotten; letztere allein besitzen über 7000
Heringsfahrzeuge, deren Treibnetze aneinander ge-
knüpft eine Länge von 20000 km haben würden, und
fangen jährlich mindestens 1000 Mill. Stück. 1890
lösten die Fischer aus dem schott. Heringsfang durch
Verkauf im Hafen etwa 10^ Mill. M., der Ge-
samtertrag aus allen frisch und tonserviert ver-
kauften H. bezifferte sich etwa auf das Doppelte
diefer Summe. Etwa 1300000 Barrels H. wurden
gesalzen, von denen 941000 Barrels nach Deutsch-
land ausgeführt wurden. An der norweg. Küste
wird im Süden (Hauptplatz Stavanger) von Ende
Januar bis April der Vaarsild gefangen, meist
mit Treibnetzen. Bedeutender ist gegenwärtig der
weiter nördlich betriebene Fang des sog. Sommer-
oder Fett Herings, welcher im Sommer und Herbst
außer mit Treibnetzen auch mit Sperrnetzen betrie-
ben wird, wodurch den in die Buchten eingedrun-
genen H. der Weg ins Meer abgeschnitten wird.
In den Provinzen Norrland und Südsinmarken end-
lich wird von November bis Januar eine dritte Sorte,
dersog. Groß- oder Nordhering (Storsild) ge-
fangen. Der Wertertrag des gesamten norweg.
Herings- und Sprottfanges betrug in den I. 1883
-93 im Mittel etwa 7 Mill. M/jährlich. In der
westl. Oftsee ist Eckernförde der wichtigste Fangplatz,
in der östl. Ostsee Hela an der preuß. Küste. Auch
der Holland. Heringsfang ist bedeutend, hat aber
gegen früher abgenommen. Seit mehrern Jahren
betreiben vom Staate subventionierte Aktiengesell-
schaftenvonEmdenund Norden aus mitsog. Loggern
die Hochseefischerei auf H.
Viele H. werden in frischem Zustande verzehrt;
vor allem aber bilden sie, auf verschiedene Weise
zubereitet, einen Handelsartikel von enormer Be-
deutung. Deutschland führt jährlich 1 Mill. Tonnen
gesalzener H. im Werte von etwa 40 Mill. M. ein.
Das Einsalzen oder Pökeln soll gegen Ende des
14. Jahrh, der Holländer Willem Bökel (s. d.) er-
funden haben, doch wird diese Konservierungs-
methode schon um 1300 in hanseatischen Urkunden
erwähnt. Bücklinge (s. d.) sind frisch geräucherte,
nicht ausgeweidete H.; andere in Deutschland im
Handel vorkommende Sorten sind marinierte H.,
Bratheringe und H. in Gele'e. Junge H. kommen auch
in marinierter Form als sog. deutsche oder russ.
Sardinen in den Handel. Matjesheringe, d. h.
Jungfernheringe, nennt man folche H., welche noch
nicht gelaicht haben und deshalb besonders im ge-
salzenen Zustande sehr fett und wohlschmeckend sind.
Vollheringe sind H. mit Rogen oder Milch kurz
vor dem Laichen, Hohlheringe oder Ihlen solche,
welche den Laich abgesetzt haben und deshalb mager
und schlecht sind. - Von Werken über den H. ist vor
allen zu nennen: Mitchell, 11i6 kerrinF, its natura,!
üi8toi^ and national iilipoi-tHncs (Edinb. 1864);
Heincke, Die Varietäten des H. (Berl. 1878); Ljung-
mann, Die Heringsfischerei (Stett. 1880). Außer-
dem haben sich um die Naturgeschichte des H. be-
sonders die nordischen Forscher Vocck, Sars undTry-
bom Verdienste erworben. (S. auch Fischhandel.)
Hering, Stadt im Kreis Dieburg der Hess. Pro-
vinz Startenburg, 2 kni südlich von Lengseld, hat
(1890) 422 E. und Eisensteingruben. Auf einem
Berg über der Stadt das Schloß Otzberg.
Hering, Eduard von, Mediziner und Tierarzt,
geb. 20. März 1799 zu Stuttgart, widmete sich dem
Studium der Tierheilkunde in Tübingen, Wien und
München, wurde 1822 Lehrer der Anatomie und
Physiologie an der Tierarzneischule in Stuttgart,
1828 Direktor der Klinik und war von 1859 bis 1872
als Obertierarzt und Referent im Kriegsministerium
thätig. Nachdem er sich 1872 in das Privatleben
zurückgezogen, starb er 28. März 1881 in Stuttgart.
H. ist der Entdecker der Geschwindigkeit des Blut-
kreislaufs. Er redigierte von 1839 bis 1870 das
"Repertorium der Tierheilkunde",verfaßte 1846-65
den veterinärwissenschaftlichen Teil des Canstatt-
schen "Jahresberichts" und veröffentlichte folgende
größere Schriften: "Physiologie für Tierärzte"
(Stuttg. 1832), "Grundriß der Arzneimittellehre
für Tierärzte" (ebd. 1846; 3. Aufl. von Weiß, 1870),
"Specielle Pathologie und Therapie für Tierärzte"
<ebd. 1842; 3. Aufl. 1858), "Handbuch der tierärzt-
lichen Operationslehre" (3. Aufl., ebd. 1879), "Vor-
lesungen für Pferdeliebhaber" (mit Illustrationen,
ebd. 1834) und gab Schraders "Viogr.-litterar.
Lexikon der Tierärzte" (ebd. 1863) heraus.
Hering, Ewald, Physiolog, geb. 5. Aug. 1834 zu
Alt-Gersdorf im Königreich Sachsen, ließ sich 1860
als praktischer Arzt in Leipzig nieder, habilitierte sich
1862 als Docent für Physiologie an der dortigen
Universität, wurde 1865 Professor der Physiologie
und mediz. Physik an der mediz.-chirurg. Iosephs-
Akademie in Wien und wirkt seit 1870 in gleicher
Eigenschast an der deutschen Universität zu Prag.
H. hat sich große Verdienste um die Psychophysik er-
worben; allgemein bekannt wurde er durch seine
Untersuchungen über den Naumsinn des Auges, in
denen er die nativistische Theorie im Gegensatz zur
rein empiristischen von Helmholtz vertritt, ferner
durch seine auf der Descendenzlehre fußende Ab-
handlung über "Das Gedächtnis als eine allgemeine
Funktion der organisierten Materie" (im "Almanach
der kaiserl. Akademie der Wissenschaften", Wien
1870; 2. Aufl. 1876), durch seine Bekämpfung des
Fechnerschen psychophysischen Grundgesetzes und
durch seme Farbentheoric.
Hering, Konstantin, homöopathischer Arzt und
Schriftsteller, geb. 1. Jan. 1800 zu Oschatz in Each-
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