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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Iddesleigh - Idee
Iddesleigh (spr. iddslĭ), Sir Stafford Henry Northcote, Graf von, engl. Staatsmann, geb. 27. Okt. 1818 zu London, wurde in Eton und Oxford herangebildet, war 1843-45 Privatsekretär Gladstones, folgte jedoch seinem polit. Lehrmeister bei dessen Wendung zum Liberalismus nicht, sondern blieb der konservativen Partei getreu. 1855 trat er ins Parlament, war 1859 Schatzsekretär unter Derby, 1866 Handelsminister, 1868 Staatssekretär für Indien und wurde 1874 unter Disraeli (Beaconsfield) Schatzkanzler. 1876 folgte er diesem nach seiner Erhebung ins Oberhaus als Unterhausführer und leitete ebenso 1880-85 die Opposition gegen Gladstone. Jedoch verdrängte ihn der energische Lord Randolph Churchill aus dieser Stellung, sodaß er bei der Bildung des Kabinetts Salisbury Juni 1885 als erster Lord des Schatzes zum Grafen von I. erhoben wurde, worauf er die Führung im Unterhause aufgeben muhte. In Salisburys zweites Ministerium trat er im Aug. 1886 als Minister des Auswärtigen ein; als aber im Dezember auf den Rücktritt Lord Churchills mehrere Personalveränderungen folgten, wurde er in ziemlich rücksichtsloser Weise zur Niederlegung seines Amtes veranlaßt. Kurz darauf starb er plötzlich 12. Jan. 1887 in London am Herzschlag. - Vgl. Lang, Life, letters and diaries of Earl I. (2 Bde., Lond. 1890).
Ideadōr, Modifikation des Kaleidoskops (s. d.).
Ideāl (lat. Ableitung vom grch. idéa) heißt eigentlich (als Adjektiv) der Idee entsprechend; als Substantiv (das I.) vertritt es vielfach geradezu die Platonische Idee (s. d.), d. h. das vollkommnere Urbild, das wir, sei es beim künstlerischen Schaffen oder beim sittlichen Handeln oder auch beim Erkennen im Gedanken haben und dem wir nachstreben, es aber, gleichsam wegen der Sprödigkeit des Stoffs, an den wir dabei gebunden bleiben, nie völlig erreichen; ein Gegensatz, der, in der Philosophie von Plato und Kant tiefsinnig erörtert, in den philos. Dichtungen Schillers (besonders "Das I. und das Leben") einen großartigen Ausdruck gefunden hat. Es ist auch ein Schillerscher Gedanke, der aber seine Wurzeln gleichfalls in der Lehre Kants hat, daß wenigstens in der Kunst der Widerstreit zwischen I. und Wirklichkeit in gewissem Sinne überwunden werde. In der Kunst hat daher das I. seine eigentlichste Stätte. Idealisier.en heißt das Naturobjekt durch die künstlerische Idee zum Schönen gestalten; im Gegensatz dazu will der (ästhetische) Realismus die Naturwahrheit zum Princip auch für die Kunst machen.
Idealismus, ein philos. Kunstausdruck von sehr verschiedener Bedeutung. In der Erkenntnistheorie versteht man darunter die philos. Anschauung, die alle Dinge als bloße Vorstellungen des Subjekts betrachtet (Gegensatz: Realismus). Daran lehnt sich auch der Kantische Sprachgebrauch an, doch unterscheidet er seinen kritischen, formalen oder transcendentalen I. von dem dogmatischen, materialen oder empirischen I. Berkeleys u. a., sofern er nicht behaupten will, daß die Dinge überhaupt nur in unserer Vorstellung von ihnen bestehen, sondern nur, daß wir von den Gegenständen nur das zu erkennen vermögen, was den formalen Bedingungen unsers Vorstellens gemäß ist. In der Ethik versteht man unter I. den Glauben an das sittliche Ideal und das Bestreben, die eigene Lebensführung den Forderungen dieses Ideals gemäß zu gestalten (Gegensatz: ethischer Materialismus). In der Ästhetik bedeutet I. im Gegensatz zum Naturalismus die Anschauung, daß die Kunst die Bestimmung habe, Ideen darzustellen, nicht lediglich die natürliche Wirklichkeit nachzubilden.
Idealität, im Unterschied von Realität die Eigenschaft, bloß in der Vorstellung (oder Idee) zu existieren oder zu gelten. So schreibt Kant dem Raume und der Zeit transcendentale I., obwohl empirische Realität zu, d. h. er erkennt sie an als gesetzmäßige Bedingungen der Möglichkeit der Erfahrung, leugnet dagegen, daß ihnen außer der Beziehung auf mögliche Erfahrung, nämlich in Bezug auf Dinge an sich, objektive Gültigkeit zukomme.
Idealkonkurrenz, im Strafrecht der Fall, in welchem eine und dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze verletzt. Das geschieht z. B., wenn jemand durch Fahrlässigkeit einen Eisenbahntransport gefährdet und dadurch zugleich eine Körperverletzung oder den Tod eines Menschen herbeiführt; oder wenn ein Mieter mit seinen Mobilien ausrückt (Furtum [s. d.]) possessionis) und bei dieser Gelegenheit den Vermieter, der die Sachen zurückhalten will, körperlich verletzt; oder wenn jemand mit einem Kinde unter 14 Jahren unzüchtige Handlungen vornimmt und zugleich dessen Vormund ist (§§. 174, 1 und 176, 3 des Reichs-Strafgesetzbuchs). In allen diesen Fällen kommt nur das Gesetz zur Anwendung, welches die schwerste Strafe, und bei ungleichen Strafarten das, welches die schwerste Strafart androht. Von der I. ist verschieden die Realkonkurrenz (s. d.). - Vgl. Heinemann, Die Lehre von der I. (Berl. 1893).
Idealprofile, s. Geologische Profile.
Idealrealismus, Bezeichnung neuerer philos.Systeme, die in ihren metaphysischen Anschauungen der physischen und der psychischen Welt gleich gerecht werden und zwischen Materialismus und Spiritualismus dadurch hindurchsteuern wollten, daß sie die sinnliche und die geistige Welt aus einem höhern gemeinsamen Grund herzuleiten dachten. Von Spinoza angelegt, findet sich dies Streben schon in dem sog. absoluten Idealismus. In der modernen Psychologie bezeichnet man als I. die Ansicht, daß die körperlichen und die geistigen Vorgänge nur als verschiedene Seiten eines und desselben Wesens aufzufassen seien.
Idee (grch. idéa, Gestalt), bei Plato (s. d.) das Objekt des reinen Begriffs, oder die letzte begriffliche Grundgestalt, auf die ein jedes Erscheinende zurückzubeziehen ist. Sie ist unwandelbar einig und identisch, über die Schranken des Raumes und der Zeit wie über alle Bedingtheit und Relativität hinausgehoben, "rein", d. h. unvermischt mit allem sinnlichen. Sie steht daher im vollen Gegensatz zur sinnlich-empirischen Wirklichkeit, die zur I. zwar hinstrebt, aber stets hinter ihr zurückbleibt und daher nur als unvollkommenes Bild oder Gleichnis auf sie zurückweist oder an sie erinnert; ein Begriff, der ungefähr unserm (daher abgeleiteten) des Ideals (s. d.) entspricht. Dieser Platonische Sinn der I. kam in der neuern Philosophie ziemlich in Vergessenheit, seit Descartes und Locke das Wort I. in der vulgären Bedeutung Vorstellung in den philos. Sprachgebrauch aufgenommen hatten. Doch griff Kant auf Plato zurück, indem er, mit ausdrücklichem Hinweis auf ihn, unter I. einen Vernunftbegriff versteht, dem kein kongruenter Gegenstand in der Erfahrung gegeben werden kann. So vertritt die I. namentlich in ethischer Bedeutung das Seinsollende (welches doch vielleicht niemals ist, war oder