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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Johann Kasimir (Pfalzgraf) - Johann III. Sobieski (König von Polen)
des Kommandos der dritten Infanteriedivision ent
doben wurde, trat er aus dem aktiven Dienst, studierte
Schissahrtskunde, bestand die Prüfung als Schiffs-
kapc^ält für große Fahrt und verzichtete endlich Okt.
1889 auf Titel, Rechte und Apanage als Erzherzog,
worauf er nach einem am Gmundener See gelegenen
Schlosse feiner Mutter den Namen Johann Orth
annahm. Im Sommer 1890 unternahm er auf dem
Segelschiff "St. Margaretha" von Hamburg aus
eine Reise nach Buenos-Aires, von wo er nach Val-
paraiso weiterfuhr. Vei der Umfegelung von Süd-
amerika ist er vermutlich verunglückt, da er feit
seiner Abreise aus Buenos-Aires verschollen ist.
I. N. S. veröffentlichte außer der erwähnten noch
zwei andere militär. Schriften: "Betrachtungen über
die Organisation der österr. Artillerie" (anonym,
Wien 1875), "Gefchichte des k. k. Linien-Infanterie-
regiments Erzherzog Wilhelm Nr. 12" (2 Bde., ebd.
1877-80). Auch half er dem Kronprinzen Rudolf
den Spiritisten Vastian entlarven, was feine Schrift
"Einblicke in den Spiritismus" (5. Aufl., Linz 1885)
veranlaßte. Zugleich verfuchte er sich als Kom-
ponist und verfaßte das Textbuch zum Ballet "Die
Assassinen".
Johann Kasimir, Pfalzgraf bei Rhein, geb.
7. März 1543 als vierter Sohn des Pfalzgrafen
Friedrich III., wurde am franz. und lothr. Hofe
erzogen und schloß sich nach dem übertritt seines
Vaters zum reform. Bekenntnis dicfem an, wäh-
rend der Kronprinz Ludwig dem Luthertum treu
blieb. I. K. begleitete den Vater auf den Augs-
burger Reichstag von 1566 und zog dann wieder-
holt (1567-68 und 1575-76) den franz. Huge-
notten zu Hilfe. Nach dem Tode des Vaters (1576)
mußte er sich mit Neustadt und ein paar andern
pfälz. Amtern begnügen und der lutherifchen Re-
altion feines Bruders Ludwig VI. im Kurfürsten-
tum freien Lauf lassen, wogegen er in dem Casimi-
rianum zu Neustadt den Reformierten eine Art von
Erfatz für die Universität Heidelberg zu schaffen
suchte. 1578 unternahm er einen ziemlich refultat-
lofen Zug zur Unterstützung der gegen Spanien
kämpfenden Niederländer, wobei er in den schärfsten
Gegensatz zu Wilhelm von Oranien geriet. Nach-
mals unterhandelte I. K., der für den kühnsten
Vorkämpfer des Protestantismus in Deutfchland
galt, mit den Guifen und fogar mit Philipp II. von
Spanien. Aus dem unglücklichen Feldzug für den
evangelisch gewordenen Kölner Erzbifchof Gebhard
rief ihn der Tod feines Bruders (12. Okt. 1583)
nach Heidelberg, wo er trotz der entgegenstehenden
Bestimmungen des brüderlichen Testaments als
Vormund seines minderjährigen Neffen Friedrich
(IV.) die Administration des Kurfürstentums über-
nahm. Zum drittenmal in zwei Jahrzehnten muhten
die evang. Pfälzer ihr Bekenntnis wechfeln, doch
hielt sich das Luthertum wie unter Friedrich III.
auch unter I. K. in der Oberpfalz. Unrühmlich wie
die meisten Kriege I. K.s verlief auch der Zug, wel-
cher 1587 zu Gunsten der Hugenotten unternommen
wurde. Dagegen eröffneten sich in Deutfchland der
pfälz. Politik bessere Aussichten, als Kurfürst Chri-
stian I. von Eachfen, I. K.s Schwager, sich dem
reform. Bekenntnis zuneigte. Aus der schon 1590
-91 angebahnten Union der prot. Reichsfürsten
sollte eine völlige Umgestaltung des Reichs in ein
evang. Kaisertum hervorgehen, als die beiden Führer
rasch nacheinander starben. I. K., in seineu letzten
Jahren durch wirkliche oder vermeintliche Untreue
seiner Gemahlin Elisabeth, einer Tochter des Kur-
fürsten August von Sachfen, fchwer gebeugt, starb
6. Jan. 1592. - Vgl. Hausier, Gefchichte der rhein.
Pfalz, Bd. 2 (Heidelb. 1845); von Bezold, Briefe des
Pfalzgrafen I. K. (2 Bde., Münch. 1882-84).
Johann II. Kasimir, König vonPolen (1648
-68), geb. 21. März 1609, Sohn Konig Sigis-
munds III. und seiner zweiten Gemahlin, der Erz-
herzogin Konstanze von Osterreich, wurde, als nach
seines Vaters Tode 1632 auf feinen Vorfchlag fein
älterer Stiefbruder Wladiflaw IV. den poln. Thron
bestieg, mit ansehnlichen Domänen begabt. 1640
ließ er sich in den Jesuitenorden aufnehmen und
bald nachher durch Innocenz X. zum Kardinalprie-
ster ernennen; doch schon 1646 ließ er sich vom
Papste seiner geistlichen Gelübde entbinden. Nach
Wladislaws IV. Tode, 20. Nov. 1648, nahm er die
ihm dargebotene Krone an und vermählte sich mit
dessen Witwe. Seine Negierung war ein fortge-
setzter Kampf gegen die unter Chmelnizkij (s. d.)
aufständigen Kosaken, gegen die Russen und Schwe-
den, die eine Zeit lang ganz Polen besetzt hielten.
(S. Schwedisch-Polnisch-Brandenburgisch-Dänischer
Krieg von 1655 bis 1660.) Den Krieg mit Schwe-
den endete der Friede zu Oliva 3. Mai 1660, zu-
folge dessen Polen die Insel Ösel, Esthland und
Livland verlor und endgültig aus täe Lchnshoheit
über Preußen verzichtete, und den Krieg mit Ruß-
land der Friede zu Andrussowo 20. Jan. 1667,
in dem I. Weih- und Rotrußland samt der Ukraine
bis an den Dnjepr an Rußland abtreten mußte.
Die allgemeinen Zerwürfnisse im Innern des Reichs
bestimmten ihn endlich, in der Neichstagsversamm-
lung 16. Sept. 1668 dem Throne zu entsagen. Im
folgenden Jahre begab er sich nach Frankreich, wo
ihn Ludwig XIV. mit mehrern Abteien befchenkte.
Er starb 16. Dez. 1672 zu Nevers und wurde in der
Iefuitenkirche zu Paris beigefetzt; 1676 wurde sein
Leichnam in die Kathedrale zu Krakau überführt.
Johann III. Sobieski, König von Polen
(1674-96), geb. 2. Juni 1624 zu Olesko in Gali-
zien, jüngster Sohn Jakob Sobiefkis, Kastellans von
Krakau, befand sich mit feinem Bruder Markus So-
biefki auf Reisen in der Türkei, als 1648 des Vaters
Tod sie in die Heimat rief. Damals war Polen durch
Chmelnizkijs (s. d.) Siege an den Rand des Verder-
bens gelangt. Sofort ergriffen beide Brüder die
Waffen, um das Mißgefchick ihres Vaterlandes zu
wenden. Markus Sobiefki siel in dem Treffen bei
Batow am Bug; I. wurde durch feine Tapferkeit bald
der Gegenstand der Bewunderung seiner Nation und
der Schrecken der Tataren und Kosaken. Er erhielt
1665 das Krongroßmarschallamt, wurde 1667 Kron-
grohfeldherr und Woiwode von Krakau und, nach-
dem er 11. Nov. 1673 die Schlacht bei Chotin gegen
die Türken gewonnen, die hier 28000 Mann ver-
loren, 21. Mai 1674 einstimmig zum König von
Polen erwählt, worauf er 1676 sich nebst seiner
Gemahlin Marie Kasimire Luise, einer Tochter des
Marquis Lagrange d'Arauien und Witwe des
Woiwoden Johann Zamoiski, in Krakau feierlich
krönen ließ. Als 1683 die Türken Wien belager-
ten, eilte er mit 20000 Polen herbei und rettete in
Verbindung mit den ebenfalls herbeigekommenen
deutschen Hilfsvölkern die Kaiserstadt durch die
Schlacht vom 12. Sept. 1683, in der er auch die
Falme Mohammeds erbeutete, die er an den Papst
fendcte. Seine fpätern Unternehmungen gegen die
Türken waren weniger vom Glücke begünstigt. I.