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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kalumck - Kalmuswurzel
Kalmücke ein langhaariges Zeug, tuchartig oder
geköpert, das aus dickem Streichwollgespinst locker
gewebt, stark gewalkt und gerauht, aber wenig oder
nicht geschert ist und zu Wintcrtleidung benutzt wird.
Der Name erklärt sich daraus, daß die Kalmücken
Mäntel aus derartig grobem Zeug tragen.
Kalmück (6aäu3 MiackiuZ 2..), Pollack, Art
der Schellsische (s. d.), von 60 bis 120 cm Länge,
ohne Bartfäden, Rücken braun, Unterseite silberig
mit einem Stich ins Gelbe. Die Brustflosse hat an
der Wurzel einen dunkeln Fleck; wird im Handel
von den übrigen Schellfisch arten kaum unterschieden.
Kalmücken oder, wie sie sich selbst nennen,
Mongol-Oirat oder bloß Oirat, von den Ost-
mongolen Ogeled (kalmückisch Olöd) und von den
TatarenKhalimak (woher unser Kalmück) genannt,
die zahlreichste mongol. Nation, stehen noch zum
größten Teil unter chines. Oberhoheit, sind aber
auch seit bereits zwei Jahrhunderten in großer An-
zahl und auf weiten Räumen über das Russische
Reich verbreitet. Sie teilen sich in vier.Hauptstämme.
Der erste derselben sind die Choschot, noch gegen-
wärtig von Fürsten aus dem Geschlecht Dschingis-
Chans regiert. ^)ie stehen größtenteils unter chines.
Hoheit und bewohnen, 50-60000 Köpfe stark, die
Gegend des Kuku-nor, die sie als ibre eigentliche Hei-
mat bezeichnen. Ein Teil dieses Stammes zog sich
bei der Überfüllung des Landes ins russ. Gebiet,
wo sie sich schon seit 1675 an den Ufern der Wolga
im astrachanischen Gouvernement finden. Dieser
Kalmückenstamm unterwarf sich freiwillig dem russ.
Scepter und zeichnet sich am meisten durch Fried-
lichkeit und Anhänglichkeit an Rußland aus. Den
zweiten Hauptstamm bilden die Dsungaren, einst
die tapferste, reichste und mächtigste Horde, im 17.
und im Anfang des 18. Jahrh, die Beherrscherin
aller übrigen Stämme, später von den Chinesen
unterjocht und fast ganz aufgerieben und zerstreut.
Von ihnen hat die Dsungarei (s. d.) ihren Namen.
Als dritter Hauptstamm erscheinen die Dörböt,
die, bald mit den Dsungaren, bald mit den Torgot
vereint, sich schon frühzeitig in Rußland nieder-
ließen, wo sie bis gegen das Ende des 18. Jahrh,
häusig im Gouvernement Astrachan an der Wolga
und am Ural vorkamen, während sie sich in neuerer
Zeit, nach dem Erlöschen der Hauptlinie ihrer Erb-
sürsten, von der Wolga nach dem Don und an den
Ili hinzogen. Den vierten Hauptstamm bilden die
Torgot, die einst mit den Dsungaren verbunden
waren und erst später eine eigene Horde ausmachten.
Diese verließen unter der Führung ihres Fürsten
Cho-Urluk ihre Stammsitze, um sich in den Wolga-
ebenen anzusiedeln, nachdem sie zuvor die Nogaier
zwischen Ural und Wolga sowie die Turkmenen
am östl. Ufer des Kafpischcn Meers unterworfen
hatten. Unter Schukur-Daitschin leisteten sie dem
russ. Zaren Alerez Michailowitsch den Unterthanen-
eid, der übrigens in der Folge mehrfach gebrochen
und wieder erneuert wurde. Unter Ajuki-Chan, dem
Zeitgenossen Peters d. Gr., leisteten sie dem russ.
Staate wichtige Dienste bei der Unterdrückung der
Vaschkirenaufstände sowie auch während des pcrs.
Feldzugs. Nach der Vernichtung des Dsungarischen
Reichs durch die Chinesen (1759) flüchteten sich
10000 Kibitken der Choschot, Dörböt und Choit
unter der Führung dcs dsungarischen Taidschi Se-
reng an die Wolga, vereng suchte die Fürsten der
Wolga-Kalmücken zu bewegen, in die alte Heimat
zurückzukehren und vas Dsungarischc Reich wieder
aufzurichten. Infolge des Druckes der russ. Ober-
hoheit wurde auf einer allgemeinen Versammlung
der Fürsten und der Geistlichkeit 1770 der Beschluß
gefaßt, mit Anbruch des Winters die Wanderschaft
anzutreten. Als um Neujahr die Wolga noch nicht
zugefroren war, wollten die K., welche am linken
Ufer faßen, nicht länger zögern und brachen 1771,
ihre Landsleute am rechten Ufer zurücklassend, auf.
Ein Jahr lang hatten sie aufreibende Kämpfe mir
den Kirgisen zu bestehen, bis sie, von diesen in die
Sandsteppe nördlich vom Balchaschsee gedrängt,
eine Menge Menschen und Vieh durch den Hunger
verloren. Von 169 000 waren nur 70 000 am
Leben geblieben. Diese ergaben sich dem chine>.
Scepter und wurden in Ost - Turkestan angesiedelt.
Seit 1771 findet man bloß noch wenige Torgot in
Rußland ansässig. Nur ein untergeordneter Zweig,
der Stamm Zochor unter dem Fürsten Dondukow,
blieb zurück und wurde von den Russen abhängig.
Die Zahl der K. belauft sich im Gouvernement
Astrachan mit denen im Lande der donischen Ko-
saken und in Saratow und Orcnburg auf 107 531,
in Westsibirien (Tomsk, Semipalatinsk, Semi-
retschensk) auf 53 000, somit im ganzen Russischen
Reiche auf etwas über 160000. Ihr Reichtum bc-
steht in großen Herden von Pferden, Kamelen, Rin-
dern und Schafen. Ruhland hat ^n neuerer Zeir
viel für die Bildung der noch heidnischen K. gethan.
Um Dolmetscher und Beamte für sie zu erlangen,
wurde 1829 ein kalmückisches Institut gestiftet.
Die K. haben eine Litteratur, die aber meist
nur in Übersetzungen aus Indien und Tibet stam-
mender buddhistischer Schriften besteht. Am be-
kanntesten ist die Märchensammlung "8iäcllii-^iii >
"Text mit deutscher Übersetzung und Wörterbuch
von Iülg, Lpz. 1866). Eine Art Heldenepos ist die
"Dschanggariade" (kalmückisch lithographisch hg. von
Golstunskij, Petersb. 1864; russisch übersetzt von
Bobrownikow, ebd. 1854; deutsch von Franz von
Erdmann in der "Zeitschrist der Deutschen Morgen-
ländischen Gesellschaft", 1857, XI, 708-730). Eine
Grammatik ihrer Sprache gab Zwick (Donauesch.
1851) heraus; besser sind die russisch geschriebenen
von Popow (Kasan 1847) und von Bobrownikow
(ebd. 1849); ein Wörterbuch veröffentlichte ebenfalls
Zwick (Donauesch. 1852).
Vgl. B. Bergmann, Nomadische Streifereien unter
den K. (4 Bde., Riga 1804-5); Howorth, liiZtoi^
ok t^6 Xon^olg lrom tli6 9^ to tk6 19^ centui'v,
Bd. 1 (Lond. 1876).
Kalmuckeuachat, s. Opal.
Kalmückensteppe, ein Teil der Steppe im russ.
Gouvernement Astrachan (s. d.).
Kalmul, Fisch, s. Hechtdorsch.
Kalmus, s. ^olu8.
Kalmusöl, ein gelbes ätherisches Ol, das in den
Wurzeln des Kalmus (s. ^coruz) vorkommt. Es
findet sich darin in Mengen von 0,8 bis 5 Proz.,
besitzt einen starken Geruch und gewürzhast bittern
Geschmack und ein spec. Gewicht von 0,96 bis 1,0.
Man hat im K. Terpene (s. d.) von der Zusammen-
setzung l^ylli5 und den Siedepunkten 159 und
250" nachgewiesen. Das K. (0i6nm cNliirni) wird
in den Apotheken vorrätig gehalten und zur Berei-
tung von Kalmusliqueur sowie als Zusatz zu
andern Liqueuren verwendet. Der Preis schwankt
zwischen 12-16 M. für 1 k^. Gegenwärtig kommt
auch japanisches K. in den Handel.
Kalmuswurzel, s. ^cmi^
Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.