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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kartell (Parteienbündnis) - Kartenprojektion
Chemikalien, Garne, Papier u. s. w., die auf Vor-
rat gearbeitet werden tonnen. Dagegen ist die Zu-
weisung eines Auftrags oder einer ausgeschriebenen
Lieferung (Submission) in solchen Branchen üblich,
die nicht auf Vorrat arbeiten können, weil jede Be-
stellung ihre besondern Anforderungen in Bezug
auf die Größenverhältnisse, Güte des Materials,
Art der Ausführung u. s. w. enthält. Dies gilt
z. B. von Eisenbahn- und Kriegsmaterial, über-
haupt von den Ausschreibungen des Staates, der
Gemeinden und vieler Aktiengesellschaften.
Hier und da, namentlich in England und Nord-
amerika, ist man bereits weiter gegangen, indem
solche Werke, die entweder neu gegründet wurden
oder den Beitritt zum K. beharrlich ablehnten, mit
Geldbeträgen abgefunden wurden, damit sie auf die
Herstellung eines Artikels auf bestimmte Zeit ver-
zichteten. Gelegentlich sind solche Werke auch aus-
gekauft und stillgelegt worden. Dies ist der erste
Schritt zu dem meist verderblich wirkenden speku-
lativen Ning, der monopolisierend wirken und dem
Weltmärkte die Preise vorschreiben will. Er ist des-
halb auch nur für solche Artikel möglich, die, wie
Quecksilber und Petroleum, nur in wenigen Bezirken
der Erde, oder, wie allenfalls Kaffee, überfeeifcher
Tabak, Baumwolle, manche Gewürze, nur in
bestimmten Ländern gewonnen werden. (S. auch
Corner.) Am fchärfsten tritt die Kartellierung der
Betriebe auf in dem amerik. "Ii'u8t (s. d.). Über
einen kartellartiaen Verband im Eisenbahnwesen,
den sog. ?oo1, f. Eisenbahntarife (Bd. 5, S. 901 d).
In Deutschland und England bietet die Gesetz-
gebung der Bildung von K. kein Hindernis. In
Frankreich, Osterreich und am meisten in Nord-
amerika fehlt es nicht an Versuchen, derartige
Vereinigungen gesetzlich zu verbieten. Die dort
erlassenen Gesetze verweifen den Geschädigten auf
den Weg der Privatklage. - Vgl. Kleinwächter,
Die K. (Innsbr. 1883); 'die Zeitschrift " Die Indu-
strie", redigiert von Steinmann-Bücher (Berlin);
ders., Wesen und Bedeutung der gewerblichen K.
(Lpz. 1891); Grohmann, über industrielle K. (in
Schmollers "Jahrbuch für Gesetzgebung", 15. Jahrg.,
Leipzig). - In Vorbereitung ist eine Bearbeitung
der K. durch den Verein für Socialpolitik.
In der Studentenfprache bedeutet K. ein
engeres freundschaftliches Verhältnis zweier oder
mehrerer gleichartiger schlagender Verbindungen an
verschiedenen Hochschulen (Z. B. das Süddeutsche K.,
s. Burschenschaft, Bd. 3, S. 778 d). Früher war
das K. nicht selten so eng, daß die Mitglieder der
einen Verbindung als Mitglieder der andern be-
trachtet und daß demgemäß die Kartellbrüder
die Bänder beider Verbindungen trugen, auch
wenn sie nicht bci beiden Verbindungen aktiv waren.
Kartell- oder befreundete Verbindungen helfen sich
mit Mitgliedern aus, besuchen sich bei festlichen Ge-
legenheiten u. s. w. Das Wort wird auch von Ver-
einigungen nichtschlagender Verbindungen gleicher
Art gebraucht; so bestehen jetzt auf den deutfchen
Universitäten 16 K. von Gefang- und wissenschaft-
lichen oder religiösen Vereinen.
Parteien, der Deutfch-Konfervativen, Deutfchen
Reichspartei und der Nationalliberalen, das un-
mittelbar nach der Auflösung des Deutfchen Reichs-
tags 14. Jan. 1887 geschlossen wurde. Um eine
Mehrheit für das Septennat zu erzielen, sollte in
den einzelnen Wahlkreisen die am stärksten vertretene
Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.
Partei von den beiden andern Parteien unterstützt
werden und eine Verständigung über gemeinsame
Kandidaten erfolgen. Der glänzende Sieg der
Kartellparteien bei den Wahlen des 21. Febr.
1887, bei denen sie 220 Mandate erhielten, legte
ihnen den Gedanken nahe, sich zu einer dauernden
Mehrheit zu vereinigen, die auch in der innern
Politik Hand in Hand ginge. Dem widerstrebte der
rechte Flügel der Deutsch-Konservativen unter Lei-
tung des Freiherrn von Hammerstein (s. d.). Das
K. wurde im Dez. 1889 zwar wieder erneuert, aber
die Wahlen des 20. Febr. 1890 ergaben den Zu-
sammenbruch der Kartellmehrheit; die drei Parteien ^
gewannen zusammen nur 132 Mandate. Bei den
Reichstagswahlen von 1893 wurde das K. im all-
gemeinen nicht erneuert, wenn man auch zum Teil
im einzelnen (so besonders in Sachsen) daran noch
festhielt. Die wirtschaftspolit. Gegenfätze fowie der
Kampf um das Volksfchulgesetz in Preußen hatten
es gesprengt.
Kartellträger, bei einem Zweikampf der Beauf-
tragte des Beleidigten, der das Überbringen der
Forderung übernimmt. Nach dem Reichsstrafgesetz-
buch sind K., die sich ernstlich bemüht haben, den
Zweikampf zu verhindern, straflos.
Karten, f. Landkarten und Spielkarten.
Kartenbrief, Briefkarte, eine Briefform, die
von einzelnen PostVerwaltungen, z. B. in Österreich-
Ungarn, Belgien, Frankreich, Italien, den Nieder-
landen, Dänemark, Portugal, Rußland, in den Ver-
einigten Staaten von Amerika, Mexiko, Uruguay,
Argentinien, Brasilien und Victoria (Australien)
u. s. w., zur Erleichterung des Briesschreibens und
der Posteinlieferung eingeführt ist. Der K. besteht
aus einem einzelnen Briefblatt (Karton), ist etwa !
doppelt so groß wie eine Postkarte und in der Nähe
des Randes durchlöchert und punktiert. Die Innen-
seite wird zu brieflicher Mitteilung benutzt; sodann
faltet man das Briefblatt einmal zufammen und
verschließt es an der Längsseite und den beiden
Schmalseiten mittels des daran befindlichen Klebe-
stoffs. Das Öffnen des K. erfolgt in der Weise, daß
man ihn längs der Löcher am Rande aufschneidet
oder den Rand abreißt. Das Porto ist dem für
gewöhnliche Briefe gleich. In Deutschland und im
Weltpostverein ist der K. bisher nicht eingeführt.
Kartenentwurfslehre, s. Kartenprojektiou.
Kartenfabrikation, s. Spielkartenfabritation.
Kartenlegen, s. Kartenschlagen.
Kartenlotterie oder kurz Lotterie, beliebtes
Gesellschaftsspiel mit zwei vollständigen Karten-
spielen unter einer beliebigen Anzahl von Personen.
Die Blätter des einen Spiels werden rechts herum
gleichmäßig verteilt; bleiben welche übrig, so werden
diese versteigert. Für jedes Blatt oder Los wird
ein Einsatz gezahlt, woraus ein Haupt- und mehrere
Nebengewinne gebildet werden. Aus dem andern
Spiel werden alsdann so viel Karten verdeckt ge-
zogen, als Gewinne gemacht wurden, und letztere
werden darauf gelegt. Die dann noch übrigen
Blätter werden laut aufgerufen und bedeuten Nieten,
während die verdeckt auf dem Tische liegenden das
gewinnen, was auf ihnen liegt.
Kartenmaler und Kartenmacher, f. Brief-
maler und Spielkarten.
Kartennetz, s. Gradnetz.
Kartenpapier, s. Spielkartenfabrikation.
Kartenprojektion oder Karten entwurfs-
lehre, der Zweig der mathem. Geographie, der die