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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kinn - Kino
Kunst", ebd. 1845). Schon vorher hatte er seine
"Gedichte" (Stuttg. 1843; 7. Aufl. 1872) heraus-
gegeben, darunter ein größeres erzählendes Gedicht:
"Otto der Schütz", das später besonders (zuerst 1846)
erschien, zahlreiche Auslagen erlebte und wiederholt,
zuletzt von Rud. Bunge (1886), zu Operntexten
benutzt wurde. In derselben Zeit entstand auch die
treffliche Dorfgeschichte "Margret". K.s Poesien in
dieser ersten Sammlung sind gefühl-und gemütvolle
Darstellungen, voll Anmut und einfacher Schönheit.
K. schloß sich 1848 der republikanischen Bewegung
an und begann als Agitator und als Journalist in
dieser Richtung zu wirken. Bonn wählte ihn zum
Abgeordneten für die preuß. Zweite Kammer, wo
er seinen Platz auf der äußersten Linken nahm. Als
nach Ablehnung der Kaiserkrone durch den König
von Preußen in einzelnen Städten der Rheinprovinz
Unruhen ausbrachen, beteiligte sich K. an dem Wider-
stände der Landwehr im Siegkreis, floh dann nach
der Pfalz und schloß sich dem pfälz.-bad. Ausstande
an. Im Juni 1849 verwundet und von den preuß.
Truppen in Baden gefangen genommen, wurde er
vom Kriegsgericht in Rastatt zu lebenslänglicher
Festungsstrafe verurteilt, die er auf Anordnung des
Königs von Preußen in einer bürgerlichen Straf-
anstalt zu verbüßen hatte. In das Zuchthaus zu
Naugard gebracht, stellte man ihn von hier aus im
April 1850 wegen versuchter Erstürmung des Zeug-
hauses zu Eiegburg abermals vor die Assisen zu
Köln, die ihn jedoch nach einer glänzenden Selbst-
verteidigung freisprachen. Seitdem wurde K. zu
Spandau in strenger Haft gehalten, bis ihm im
Nov. 1850 durch Mitwirkung des damaligen Stu-
denten Karl Schurz (s. d.) die Flucht aus dem Gefäng-
nis nach England gelang. Im Einverständnis mit
einem Agitationskomitee der Flüchtlinge in London
und der Schweiz machte er im Winter 1851-52 eine
Rundreise durch die Vereinigten Staaten, um die
Sympathien der dortigen Bevölkerung wach zu er-
halten. Nach London zurückgekehrt, wurde er zuerst
Privatlehrer und wirkte seit 1853 als Professor an
der Hochschule für Damen in Bedford-Square und
an verschiedenen andern Anstalten, gründete auch
1858 die deutsche Zeitung "Hermann". Im April
1866 folgte er einem Rufe nach Zürich als Pro-
fessor der Archäologie und Kunstgeschichte an das
Eidgenössische Polytechnikum. Er starb 13. Nov.
1882 zu Zürich, wo ihm 1884 ein Denkmal auf
seinem Grabe errichtet ward.
Unter K.s litterar. Arbeiten aus späterer Zeit ist
das Trauerspiel "Nimrod" (Hannov. 1857) hervor-
zuheben, das die Entstehung der Tyrannis darstellen
will. 1868 gab er seine "Gedichte, zweite Samm-
lung" (Stuttgart) heraus, in denen die polit. Ten-
denz etwas schärfer hervortritt. Aus diefer zweiten
Sammlung ist eine vortreffliche erzählende Dich-
tung: "Der Grobschmied von Antwerpen", auch in
separatemAbdruck(4.Aufl., Stuttg. 1887) erschienen.
Sein letztes Gedicht war "Tanagra" (Braunschw.
1883). - Vgl. Henne am Rhyn, G. Kinkel, ein
Lebensbild (Zür. 1883).
K.s erste Gattin, Johanna, geb. 8. Juli 1810
zu Bonn, die Tochter des dortigen Gymnasial-
professors Mockel, war erst mit dem Buch- und Kunst-
händler Mathieux in Köln verheiratet, trennte sich
aber bald wieder von diesem und vermählte sich 1843
mik K., dem sie 1851 nach London folgte. Hier
starb sie 15. Nov. 1858 infolge eines Sturzes aus
dern Fenster. Ihre Zahlreichen Liederkompositio-
nen, zum Teil zu Texten ihres Mannes, und die
komische "Vogelkantate" sind, besonders in ihrer
rhein. Heimat, populär geworden. Außer Erzäh-
lungen, die gemeinschaftlich mit denen ihres Gatten
erschienen (Stuttg. 1849; 3. Aufl. 1883), schrieb
sie "Acht Briefe an eine Freundin über Klavier-
unterricht" (Stuttg. 1852). Aus ihrem Nachlasse
gab K. den Roman "Hans Ibeles in London" (2 Bde.,
Stuttg. 1860) heraus.
Kinn (N6nwm), der unterhalb des Mundes be-
findliche Teil des Gesichts, welcher von einem Vor-
sprunge des Unterkieferknochens gebildet und beim
Manne, insbesondere der kaukas. Rasse, mit mehr
oder minder reichlichem Bartwuchs bedeckt ist. Ein
doppeltes (gespaltenes) K. entsteht dadurch, daß die
Haut in der Mittellinie straffer an den Knochen an-
geheftet ist, was bei einigem Fettreichtum stärker
hervortritt. Das Unter kinn wird nur durch Fett-
anhäufung hervorgebracht.
Kinnämos (lat. Cinnamus), Johs., byzant.
Historiker, geb. um 1145, schrieb im Anschluß an
die "^I6xig.8" der Anna Komnena "Npitoine i-6rum
ad ^0ÄUN6 6t ^.16X10 00INQ6Q13 F68t3.1'UIN", d. i.
die Geschichte der Zeit 1118-76, in 6 Büchern (hg.
von Meineke, Bonn 1836).
Kinnbacken, soviel wie Kiefer (s. d.).
Kinnbackenkrampf, f. Starrkrampf.
Kinnereth, im Alten Testament Name des
Sees Genezareth (s. d.).
Kinning Park, Vorort im SSW. von Glasgow-
(s. d., Bd. 8, S.48d) mit (1891) 13679 E.
Kinnkette, s. Kandare.
Kinnladen, soviel wie Kiefer (s. d.).
Kinnlappen, s. Kehllappen.
- Kinnor, eins der beimmusikalischenVortrage dei7
Psalmen im Tempel zu Jerusalem gebrauchten In-~
strumente. Nach den hebr. Münzen hatte es die Ge-
stalt einer Lyra, mit von oben nach unten verlaufen-
den Saiten. Als Kinyra kam es zu den Griechen.
Kino ((^umini Xino), eine in Form von klei-
nen, unregelmäßigen, kantigen, schwarzrotbraunen
Stücken in den Handel gelangende Drogue. Der-
Bruch ist splittrig, die einzelnen Splitter sind am
Rande rubinrot durchscheinend. Der Geschmack ist
sehr zusammenziehend. In Wasser und im gleiche^
Gewicht Weingeist löst sich K. zum größten Teil
mit dunkelblutroter Farbe. Bestandteile des K. sind-
Kinogerbsäure, Protokatechusäure und Gallussäure.
Handelssorten sind: 1) Malabar- oder Am-
b 0 inakin 0 (Xino malad aricuin oder aindoinsnäe),
der nach Einschnitten in den Stamm des Baums
ausfließende und dann eingetrocknete Saft von
I'wrocai'pug mai-Lupiuni Ma^t. (f. I>t6rocarz)U8);?
2) australisches oder Votany-Bai-Kino
(Xino lni8trai6), der in gleicher Weise gewonnene
Saft verschiedener Eucalyptusarten (s. Nucal^-
w8) Australiens; 3) orientalisches oder ben-
galisches K. (Two orißutaiE), der eingedickte
Saft der Rinde von Lntea li-onäo^ Aonb. (f. Ln-
tea); 4) westindifches oder amerikanisches K.
(Kino aniLlicanuiii oder^inaic6N86), das Extrakt
von Ooccoloda, uvitera ^. (s. Ooccoloda). Das
orientalische und westindische K. kommen nur selten
in den europ. Handel; den Hauptbedarf decken das
austral. und Malabar-Kino. In der Medizin wird
das K. als adstringierendes Mittel benutzt. Zu-
weilen findet es auch wie Katechu und Gambir zum
Färben und Gerben Anwendung. Speciell wird es-
auch zum Färben vonWein und Spirituosen benutzt.
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