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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Künstliche Edelsteine - Kunstschmiedearbeiten
denen der zweiten durch besondere Vorrichtung (Ofen
oder Lampe). Die Wärme darf nicht für längere
Zeit über 40° 0. steigen und nicht unter 38° 0. zurück-
gehen. Eine Brütmaschine der ersten Art konstruierte
zuerst Freiherr von Ofele; eine verbesserte Nach-
ahmung derselben ist der recht gut funktionierende
Brutapparat (Hydro-Incubateur) von Roullier und
Arnoult zu Gambais bei Houdan in Frankreich.
Die Bebrütung durch Gummischläuche hat zuerst der
Apotheker Hermann Baumeyer zu Dresden in seiner
1853 patentierten Vrütmaschine verwertet, mit der er
00 bis selbst 90 Proz. Kücken erhielt. Auf demselben
Princip beruhen auch die Brütmaschinen von Louis
Reißart und Otto Grünhaldt. Mit den Vrütmaschi-
nen ist ein geheizter Raum verbunden, der die aus-
geschlüpften Kücken so lange aufnimmt, bis sie
trocken geworden sind. Geschichtliches s. Brüten.
- Vgl. Roullier und Arnoult, Die K. B. und Auf-
zucht (deutsch von A. Röttiger, Gott. 1880); Grün-
haldt, Die künstliche Geflügelzucht (3. Aufl., Dresd.
1885); Vaumeyer, Das künstliche Ausbrüten (2.Aufl.,
Hamb. 1887).
Künstliche Edelsteine, s. Edelsteine, künstliche,
und Edelstein-Imitationen.
Künstliche Glucke, künstliche Mutter, Vor-
richtung, die den Kücken die fehlende Mutterwärme
ersetzen soll. Man hat eine ohne, eine mit künstlicher
Heizung. Die erstere besteht aus einem auf niedrigen
Füßen schräg aufgestellten Brett, auf das unten ein
Stück Schafpelz, die Wolle frei hängend, genagelt
ist und von dessen vier Seiten auch Schafpelz auf
den Boden herabhängt. Die hier gefpendete Wärme
ist bei kühler Witterung nicht genügend. Deshalb
stellt man eine geheizte Kückenkammcr dadurch her,
daß statt des Brettes ein mit warmem Wasser gefüll-
ter breiter horizontal stehender Behältcr verwendet
wird, dessen Wände schlechte Wärmeleiter sind, an
dessen vier Seiten eine Art von Vorhängen (Lamm-
fell oder Wollstoff) herabhängen.
Künstliche Hand, Künstlicher Arm, Künst-
liches Bein, f. Glied, künstliches.
Künstliche Seide, s. Gespinstfasern.
Künstliches Fischbein, s. Fischbeinfabrikation.
Künstliche Steine, s. Edelsteine, künstliche,
Edelstein-Imitationen und Straß. - über K. S.
zu Bildhauer- und Steinmetzarbeiten u.dgl. s. Stein-
Künstliche Vögel, s. Flugtechnik. ^masse.
Kunstmühle, s. Mehlfabrikation.
Kunstrad, ein Wasserrad, bestimmt zum Be-
triebe von Pumpwerken.
Kunstrahm, s. Käse <S. 211 d).
Kunstramme, eine Ramme (s. d.), bei welcher
der Rammbär mittels eines von einer Winde ge-
zogenen Seiles in die Höhe gewunden wird.
Kunstsammlung, s. Museum.
Kunstschlosserei, s. Kunstschmiedearbeiten.
Kunstfchlofserschulen, Anstalten, die eine voll-
kommene theoretische und praktische Ausbildung in
der Kunstschlosserei bezwecken. Eine solche Schule be-
steht in ihrer jetzigen Gestalt seit 1880 in Königgrätz;
sie unterrichtet in Geometrie, geometrischem, orna-
mentalem und Fachzeichnen, Modellieren und prakti-
schen Arbeiten inkl. Utzen und Treiben. Der praktische
Unterricht beginnt mit dem Bearbeiten der Metalle
durch Schmieden, reiht hieran die Unterweisung
in der Benutzung der Hilfsmaschinen und die Be-
arbeitung im Schraubstock. Die Schule, welche über
reichhaltige Vorlagen und Mustersammlungen ver-
fügt, erhält Unterstützungen aus Gemeinde-, Be-
Altikrl, die man unter K verm
zirks - und Landesmitteln und zählt 11 Lehrkräfte,
darunter 5 Fachlehrer und 2 Werkmeister. Die
Schülerzahl beträgt etwa 60. Eine zweite Kunst-
schlosserschule soll in Swiatniki (Galizien) errichtet
werden. (^. Schlosserschulen.)
Kunstschmiedearbeiten. Die Bedeutung des
Eisens in der Kunstindustrie tritt schon im Alter-
tum hervor, wenngleich derartige Arbeiten bei der
leichtern und gründlichern Zerstörung durch Rost
nicht allzu zahlreich erhalten sind. Die künstle-
rische Bearbeitung schließt sich zwar an die ver-
schiedenen Kunststilc an, ist aber dennoch durch die
besondern Eigenschaften des Materials bedingt.
Die älteste und einfachste Art der Eisenkunst -
industrie ist die des geschmiedeten Eisens; die
ältesten erhaltenen Kunstbeispiele hierfür gehören
der Epoche dcs roman. Stils an. Es sind Beschläge
von Thoren, Thüren und Kasten, die, in Verbindung
mit den Angeln, zur Verzierung und Befestigung
dienten. Die Bänder oder Eisenstangen wurden
durch Hammerschlag geplattet, verlängert oder ver-
breitert, in schmälere Bänder gespalten, die nach
beiden Seiten hin in Windungen und Ranken aus-
strahlen, mit Blättern oder Blumen endigen und
sich so über die ganze Fläche verteilen. Dieses Ver-
fahren, im roman. Stil noch einfach, wurde von der
Gotik weit kunstvoller gehandhabt. Die Arbeiten
wurden feiner, freier und reicher, indem das Eifen
dünner ausgeschlagen und durch Hämmern von
unten plastisch gestaltet wurde; eingeschlagene Adern,
welche sich über die "Buckeln" hinzogen, bezeichneten
noch stärker den Charakter von Laub und Blume.
Dergleichen Ornamente, die gewöhnlich silberweiß
verzinnt, selten vergoldet waren, wurden teils gitter-
artig gehalten, teils durchbrochen auf Leder oder
andern Stoff aufgelegt, und fanden so in Schloß
und Beschlägen außerordentliche Anwendung, sodah
sich die Schlosserei im 15. Jahrh, zu einem wahren
Kunsthandwerkerhob. Zahlreiche Beispiele finden sich
noch in allen Kunstgewerbemuseen. Vielleicht noch
hervorragender waren die Leistungen der Kunst-
schlosser ei im 16. Jahrh., in der Epoche der Re-
naissance. Die Beschläge wurden wieder stacher, mit
Ornamenten graviert, auch wohl (im 17. Jahrh.)
damasciert. Diese Kunstarbeiten verloren sich aber
seit dem Beginn des 19. Jahrh., da die Schlösser
aufhörten, ein sichtbarer Schmuck zu sein; sie wurden
in das Holz der Thüren eingesetzt oder, wie die
Bänder, auf die innere Seite aufgenagelt. Im 17.
und 18. Jahrh, blühte noch das Kunstschmiedegewerk
im großen, insofern es eiferne Gitter, Thore und
Thüren (ohne Holz), Balkon- und Stiegengeländer,
Brunneneinfassungen u. dgl. zu schaffen hatte. Es
entstanden die großartigen Gitterwerke zu Hampton-
Court, Nancy, Wien (Schloß Belvedere), Würzburg
u. a. mehr.
Die übrigen künstlerischen Bearbeitungen des
Eisens scheint das Mittelalter wenig oder gar nicht
geübt zu haben, obwohl sie teilweise schon vor dem-
selben bekannt waren. In Europa wurden sie erst
im 15. Jahrh, in Ausübung gebracht, und zwar
einerseits auf Veranlassung der Waffen- und Har-
nischfabrikation, welche ungewöhnliche Kunst und
Geschicklichkeit namentlich im Treiben des Eisens
(s. Getriebene Arbeit) für die Prachtrüstungen ver-
langte, andererseits nicht ohne Einfluß der orient.
Kunst (s. Damascieren), deren reichgeschmückte Ar-
beiten Liebhaberei der vornehmen Kriegsleute zu
werden begannen. Eine dicser neuen Kunstarten
ißt, sind unter C aufzusuchen.