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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Lederfabrikation

(Gaskalk) oder Rhusma von der Epidermis befreit. Die so vorbereiteten Häute werden nochmals im Walkrade bearbeitet und kommen dann wieder auf einen Schabebaum, um mit einem stumpfen Schabemesser bearbeitet zu werden, wodurch die Epidermis mit den Haaren entfernt (abgespält) wird. Dann wird, ebenfalls auf dem Schabebaum, nochmals die nun noch weicher gewordene Fleischseite mit einem scharfen geraden Messer, dem Scher- oder Firmeisen (Fig. 2) bearbeitet.

Vor dem eigentlichen Gerben werden die zu Sohlleder bestimmten Häute noch geschwellt, d. h.6-8 Tage der Einwirkung einer sauren Brühe (Schwellbeize) ausgesetzt. Als Schwellbeize wird verwendet: mit Schwefelsäure angesäuertes Wasser (1:1000-1:1500); oder ein in saure Gärung versetzter Aufguß von Gerstenschrot, Weizenkleie u. dgl. (weiße Schwellbeize); oder eine durch Gärung sauer gewordene Lohbrühe (rote Schwellbeize). Durch das Schwellen wird wahrscheinlich die Faser der Haut oberflächlich verändert und dadurch vorbereitet, den Gerbstoff aufzunehmen und fester zu binden.

B. Das eigentliche Gerben. Je nach der Art der zu gerbenden Häute und je nach den zu erzielenden Ledersorten werden verschiedene Gerbmethoden angewendet, nämlich: die Lohgerberei, die Weißgerberei und die Sämischgerberei.

1) Die wichtigste dieser Methoden ist die Lohgerberei, auch Rotgerberei genannt, bei welcher die Häute mittels gerbsäurehaltiger Stoffe (Gerbstoffe) in Leder verwandelt werden. Die Zahl der angewendeten Gerbstoffe ist sehr groß, doch wird am meisten die in der Eichenrinde (s. d.) enthaltene Gerbsäure oder jene selbst zum Gerben benutzt. Außerdem enthalten von einheimischen Gewächsen die Tanne, Fichte, Bücke, Erle, Pappel, Ulme, Kastanie und Weide, von fremden besonders Knoppern, Valonia, Kino, Katechu, Gambir, Sumach, die Schoten von Caesalpina Coriana Gerbsäure. Die Rinde (Gerberrindej wird auf Schneidemaschinen zerkleinert und auf Lohmühlen, die im Princip den Kaffeemühlen gleichen, nur größer sind als diese, gemahlen. Neuerlich wendet man auch vielfach Lobsägemühlen (Fig. 9) an, welche die Arbeit der Schneidemaschinen und die der Lohmühlen vereinigen. Die verarbeitete Rinde wird Lohe genannt.

Der eigentliche Gerbprozeß oder die Verwandlung der Blöße in Leder kann auf zweierlei Art erfolgen: durch das sog. Versetzen in Lohgruben, oder durch die Behandlung in der Lohbrühe (Schnellgerbung). Bei dem erstern Verfahren wird die Auflösung des Gerbstoffs dadurch erzielt, daß man die Häute mit zwischengestreuter Lohe in eine Versetzgrube schichtet und mit Wasser übergießt; bei dem zweiten Verfahren wird in besondern Gefäßen eine Lohbrühe bereitet, mit welcher man später die Häute in Berührung bringt. Bei dem Gerben mit Versetzen, daS für schweres Sohlleder hauptsächlich in Deutschland zur Anwendung kommt, bleiben die Häute, wenn gute Eichenlohe genommen wird, etwa 8-10 Wochen, bei Anwendung von Knoppern oder Valonia etwa 4 Wochen im ersten Satz; im zweiten Satz bleiben sie dann 3-4 Monate, im dritten 4-5 Monate. Sehr starke Häute, wie Wildhäute, erhalten unter Umständen einen vierten, ja sogar einen fünften Satz. Die Schnellgerbung erfordert weniger Zeit als das Versetzen. Bei dieser Gerbmethode wird die Haut zunächst in schwache und dann allmählich in immer stärkere Lohbrühen, sog. Farben, gebracht, wodurch man selbst sehr schwere Leder in Zeit von etwa 3½ Monaten, leichtere in 7-8 Wochen und Kalbleder und andere leichte Sorten in etwa 14 Tagen lohgar herstellen kann. Das Versetzen liefert jedoch zäheres, dauerhafteres Leder als die Schnellgerberei. Die verbrauchte Lohe wird auf Lohtrockenpressen getrocknet und entweder direkt verfeuert oder mit Lohkuchenformmaschinen (Fig. 4) in Kuchenform gebracht (Lohkuchen, Lohballen, Lohkäse).

Das aus der Grube kommende Sohlleder wird zuerst von der Lohe gereinigt und dann getrocknet. Die lohgaren Rinds- resp. Roßhäute und Kalbfelle werden, nachdem sie aus der Grube herausgenommen sind, auf den Schabebaum gebracht, wo man mittels Streicheisen alle Flüssigkeiten aus ihnen entfernt. Sodann werden dieselben mit einer Mischung von Talg, Thran und Dégras (s. d.) eingerieben, in ein Walkfaß gebracht und tüchtig gewalkt, bis sie vom Fett gehörig durchdrungen sind. Die getrockneten Häute werden später noch mit einer Mischung von ausgelöster Seife, Unschlitt und Fischthran eingerieben und an der Luft getrocknet.

2) Die durch die Weißgerberei hergestellten Leder werden ihrer großen Geschmeidigkeit und Zartheit wegen besonders zur Verfertigung von Luxuswaren benutzt, wozu auch ihre reine weiße Farbe sie vorzüglich geeignet macht, der zufolge sie befähigt sind, die zartesten Farben anzunehmen. Das weißgare Leder unterscheidet sich von dem lohgaren nicht nur durch die Art der Gerbung, sondern auch durch seine besondern Eigenschaften. Während beim lohgaren Leder die Fasern dicht aneinander gedrängt sind, liegen sie beim weißgaren viel mehr frei und halten auch nicht so fest zusammen wie bei ersterm. Lohgares Leder, wenn es auch längere Zeit im Wasser gelegen hat, wird doch immer nur einen kleinen Teil seines Gerbstoffs abgeben, während bei weißgarem Leder die gerbend wirkenden Salze immer wieder durch Wasser gelöst werden können. Die Weißgerberei zerfällt in folgende Hauptmethoden:

a. Die reine Alaungerberei, bei welcher die gekalkten und geschwellten Blößen mit einem Gemisch von Alaun und Kochsalz behandelt werden. Das gewaschene und getrocknete steife Leder wird gestollt, d. h. durch Biegen und Ziehen geschmeidig gemacht. Diese Gerbung liefert ein äußerst zartes Leder und eignet sich ganz besonders für leichte Waren. Man gerbt auf diese Weise hauptsächlich Schaf-, Lamm-, Ziegenfelle und Pelzwerk.

b. Die ungarische Weißgerberei. Bei diesem Verfahren werden die nicht durch Kalken, sondern durch mechan. Mittel von den Haaren befreiten Häute durch Alaun und Kochsalz weißgar gemacht und nachher mit Fett getränkt. Das auf solche Weise hergestellte Leder findet ähnliche Verwendung wie das lohgare, ohne aber dessen vorzügliche Eigenschaften zu besitzen.

c. Die französische oder Erlanger Glacéleder- und Kalbskid-Weißgerberei. Diese Methode liefert unter allen das zarteste und weichste Leder und wird daher nur bei feinen Fellen, namentlich zu Handschuhleder, angewendet, z. B. bei Fellen ganz junger und ungeborener Kälber, bei Schaf- und Ziegenfellen. Die Blößen werden auf chem. Wege vorbereitet und mit einer Mischung, der sog. Nahrung, gegerbt, welche aus Alaun, Salz, Mehl und Eidottern besteht.