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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Liberius - Libitina

dem Stillen Ocean und der Hauptkette der Cordilleren bis in die Halbinsel Nicoya hinzieht, östlich von der Bai von Culebra, hat (1892) 2226 E.

Liberius, Papst (352-366), wurde wegen seiner Weigerung, die Verurteilung des Athanasius zu unterschreiben, von Kaiser Constantius abgesetzt und nach Thrakien verbannt. An seine Stelle ernannte Constantius Felix II. (s. d.) zum Bischof von Rom, der, obwohl katholisch gesinnt, doch mit den Arianern in Kirchengemeinschaft trat. Um seine Würde wiederzuerlangen, unterzeichnete L. 358 einen, nach anderm Bericht zwei semiarianische Glaubensformeln, kehrte darauf mit kaiserl. Erlaubnis nach Rom zurück und vertrieb Felix. Trotzdem gilt er als Heiliger der röm.- und griech.-kath. Kirche; jene hat ihm den 27. Aug., diese den 23. Sept. geweiht. Eine deutsche Übersetzung der Briefe des L. gab Wenzlowsky (in der "Bibliothek der Kirchenväter. Briefe der Päpste", Bd. 2, Kempt. 1876).

Liber pontificalis oder Gesta pontificum Romanorum, eine fälschlich dem Anastasius Bibliothecarius zugeschriebene Sammlung von Biographien der röm. Päpste von Petrus bis auf Conon (687), die später stückweise fortgesetzt wurde. Sie geht offenbar auf ein noch älteres Werk zurück und liegt selbst in verschiedenen Recensionen vor. Die Streitfrage ist noch unentschieden, welcher Text der älteste und in welchem Jahrhundert er entstanden ist. Die jüngern Handschriften, die die Papstgeschichte bis Stephan II. (752), Hadrian I. (795), Stephan VI. (891), zuletzt bis Martin V. (1431) fortführen, sind sehr zahlreich, aber von sehr verschiedenem Werte. Auch in den ältern Bestandteilen des Buches der Päpste finden sich neben sehr alten und glaubwürdigen Nachrichten tendenziöse Entstellungen des wirklichen Thatbestandes, ja förmliche Fälschungen. Der erste vollständige Druck ist von Busäus (Mainz 1602); die besten Ausgaben sind von F. Blanchini mit Fortsetzung von dessen Neffen Giuseppe (4 Bde., Rom 1718-35), Vignoli (3 Bde., ebd. 1724-55) und Duchesne (2 Bde., Par. 1884-93; in der "Bibliothéque des écoles françaises d'Athènes et de Rome", Serie 1). - Vgl. Lipsius, Chronologie der röm. Bischöfe (Kiel 1869); Duchesne, Étude sur le L. p.(Par. 1877; in der ", Bibliothéque des écoles françaises d'Athènes et de Rome", Serie 2).

Liber sextus, s. Sextus.

Libertad, La, Departamento der Republik Peru, 28 153 qkm groß, mit (1876) 147 541 E., besteht aus einem öden Küstenstrich und einem Teile des obern Marañonthals. Haupterwerbszweige sind Ackerbau und Viehzucht in den fruchtbaren höhern Teilen. Hauptstadt ist Trujillo (s. d.).

Libertad, auch La Libertad, Departamento der centralamerik. Republik Salvador, hat 720 qkm mit (1890) 49 956 E. Hauptort ist Nueva San Salvador oder Santa Tecla mit 13 715 E.; sein Hafen L. oder Puerto de la L., einer der wichtigsten Küstenplätze des Landes, hat 2000 E.

Libertas (lat.), göttliche Personifikation der Freiheit. Ihr zu Ehren wurde nach dem Sieg bei Benevent (214 v. Chr.), der namentlich mit der Hilfe bewaffneter und nachher mit der Freiheit beschenkter Sklaven erfochten war, ein Tempel auf dem Aventin in Rom gestiftet. Auf den röm. Münzen ist ihr Bild namentlich an dem neben der Göttin oder in ihrer Hand befindlichen Spitzhut (pileus) kenntlich, den auch die freigelassenen Sklaven als Symbol ihrer Freiheit trugen.

Libertät (lat.), Freiheit; insbesondere die altständische Freiheit.

Liberté, Égalite, Fratenernité (frz), "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit", Losungsworte der Republikaner zur Zeit der großen Französischen Revolution.

Libertin (frz., spr. -täng), ausschweifender, liederlicher Mensch, Wüstling; früher auch soviel wie Freigeist; Libertinage (spr.-tinahsch'), Ausschweifung, Liederlichkeit.

Libertiner (lat. Libertīni), in der Apostelgeschichte 6, 9 die Mitglieder einer Synagogengemeinschaft zu Jerusalem, die zu den Gegnern des Diakonen Stephanus gehörten. - Im Zeitalter der Reformation hießen L. oder Spiritualen die Anhänger einer pantheïstisch-antinomistischen Richtung. Sie lehrten einen spiritualistischen Pantheïsmus: es giebt nur den einen in allen Dingen wirksamen Geist Gottes. Daraus zogen sie antinomistische Folgerungen: der Unterschied von gut und böse ist bloßer Wahn, daher ist dem Wiedergeborenen alles zu thun erlaubt. 1529 verkündete Coppin derartige Lehren in seiner Vaterstadt Lille; bald nachher wirkten Quintin aus Hennegau und sein Landsmann Antoine Pocquet in demselben Geiste in Frankreich. Calvin trat ihnen in mehrern Schriften kräftig entgegen, und etwa um 1550 verschwinden die L. - In Genf nannte man L. die Gegner der von Calvin eingeführten strengen Ordnung, die durch die sog. Ordonnances ecclésiatiques das ganze private und öffentliche Leben der Gemeindemitglieder einer scharfen Zucht unterstellte. Vorübergehend gewannen die L. die Oberhand, wurden aber 1555 gestürzt.

Liberum arbitrium (lat.), freier Wille.

Liberum Veto (lat.), die gesetzliche Befugnis eines Mitgliedes des poln. Reichstags, durch seine Entfernung von demselben oder seinen Einspruch jeden Beschluß desselben ungültig zu machen. Dieses Recht beruhte auf dem Princip der Einstimmigkeit bei parlamentarischen Beschlüssen. Anfangs wurde von diesem Recht selten Gebrauch gemacht, und erst, als bei der Verkommenheit des Adels (seit 1652) jeder Landbote die Macht hatte, nach rein persönlichem Belieben zu stimmen, wurde es bei fast allen Reichstagen angewendet, so daß schließlich die Konföderation zu Golembie (1672) jeden Landboten als Verräter brandmarkte, der davon Gebrauch machte. Beseitigt wurde diese Befugnis erst 3. Mai 1791 und dafür das Majoritätsprincip festgesetzt.

Libethenit, ein rhombisches, kurz-säulenförmiges Mineral von lauchgrüner bis schwarzlichgrüner Farbe, mit Fettglanz, der Härte 4 und dem spec. Gewicht 3,6 bis 3,8; die Analysen führen auf die Formel Cu3(PO4)2 + Cu(OH)2; der L. ist isomorph mit dem entsprechenden Kupferarseniat (Olivenit) und Zinkarseniat (Adamin). Man kennt ihn von Libethen (Libetbanya) in Ungarn, Ullersreuth in Reuß, Nishnetagilsk im Ural und aus der Umgegend von Loanda in Afrika.

Libidibi, Frucht, s. Dividivi.

Libitina, eine später mit Venus gleichgestellte altital. Göttin der Lust und des Segens der Natur, insbesondere in Gärten und Weingärten, andererseits aber auch des Todes und der Leichen. Daher erfolgte in ihrem Heiligtum in Rom unter Erlegung einer besondern Abgabe die Anmeldung aller Todesfälle, und ebendaher wurden die zur Bestattung nötigen Gerätschaften entliehen.