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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Linsenkombinationen

Fig. 5.

benzerstreuung bezeichnet wird. Erst neuerdings gelang es Schott in Jena, Glassorten mit nahezu proportionalen Spektren zu erschmelzen, und Cooke and Sons in York konstruierten das erste Objektiv ohne sekundäre Farbenzerstreuung.

Bei Mikroskopen werden an die Objektive andere Anforderungen gestellt als bei Fernrohren. Für stärkere Vergrößerungen mit gleichzeitiger hoher auflösender Kraft, also hohe Aperturen, genügen eingliedrige Kombinationen, wie die in beistehenden Fig. 3 u. 4 skizzierten und für Lupen anwendbaren, nicht. Hohe Aperturen kann man erst durch die von Amici erfundenen drei- und viergliedrigen Systeme erreichen. Bei denselben wird das ganze System zerlegt in einen untern Teil, der aus einfachen Linsen besteht und daher sphärische und chromatische Abweichung zeigt ("unterkorrigiert" ist), und einen obern Teil, der "überkorrigiert" ist und die Abweichung der untern Linsen aufhebt. Z. B. besteht bei dem in Fig. 5 skizzierten dreigliedrigen System der untere Teil aus einer halbkugeligen einfachen Crownglaslinse, der obere Teil aus zwei überkorrigierten Kombinationen von Crown- und Flintglaslinsen. Diese Systeme zeigen jedoch noch sekundäre Farbenzerstreuung; ferner ist bei ihnen eine Beseitigung der sphärischen Abweichung nur für eine Farbe möglich. Beide Fehler lassen sich selbst unter Anwendung der erwähnten neuen Glaspaare mit proportionaler Dispersion nicht wegschaffen. Die theoretische Berechnung der Strahlengänge ergiebt, daß die Beseitigung der sekundären Farbenzerstreuung und die Korrektion der sphärischen Abweichung für wenigstens zwei Farben durch ein Glas gelingen würde, das ein sehr niedriges Brechungsvermögen und zugleich geringe Dispersion besitzt. Ein solches Glas hat bis jetzt noch nicht hergestellt werden können, wohl aber erfüllt die beiden Forderungen der Flußspat, der die Konstruktion der überaus vollkommenen Zeißschen Apochromatsysteme ermöglichte.

^[Abbildung:]Fig. 3.

^[Abbildung:]Fig. 4.

^[Abbildung:]Fig. 5.

Die Konstruktion der zu photographischen Objektiven geeigneten L. bietet der praktischen Optik wieder besondere Aufgaben. Zunächst ist es sehr erwünscht, daß das von den optisch wirksamsten Strahlen erzeugte Bild mit dem der photographisch wirksamsten zusammenfällt; das Objektiv soll frei von Fokusdifferenz sein, damit die Aufnahme in der Einstellungsebene gemacht werden kann. Andernfalls muß z. B. bei unachromatischen L. Objektiv oder Platte um ein je nach Brennweite und Entfernung des Gegenstandes verschiedenes Stück verschoben werden, wobei die richtige Stellung nur schwer innegehalten wird. Die Ansprüche an die Schärfe des Bildes sind zwar nicht ganz so hohe als bei Fernrohr- und Mikroskopobjektiven, da ja das Bild nicht mit einem stark vergrößernden Okular betrachtet wird (selbst wenn man die Aufnahme nachträglich vergrößert, wird man gewöhnlich nicht über drei- bis fünffache Vergrößerung hinausgeben, da sonst das grobe Korn der modernen hochempfindlichen Platten zu störend hervortritt). Dafür wird aber auch innerhalb eines größern Winkelraums vollkommene Abbildung verlangt. Nicht nur soll die Strahlenvereinigung am Rande des Bildes von gleicher Güte wie in der Mitte sein (es erfordert dies Hebung des obenerwähnten Fehlers der Coma, ferner der astigmatischen Fehler, welche sich darin kundgeben, daß zueinander senkrechte Linien am Rande nicht gleichzeitig scharf erscheinen), sondern es tritt noch die Forderung einer korrekten perspektivischen Zeichnung, der Orthoskopie (gerade Linien am Rande dürfen nicht gekrümmt abgebildet werden), und einer guten Bildebnung hinzu (bei einer gewölbten Bildfläche würde je nach Einstellung immer nur eine oder mehrere Zonen gleichzeitig scharf erscheinen). Endlich sollen die Fehler in der Strahlenvereinigung auch bei großer relativer Öffnung, d. h. im Verhältnis zur Brennweite großem Linsendurchmesser gehoben sein. Mit der relativen Öffnung wächst nämlich im quadratischen Verhältnis die Lichtstärke des Objektivs, von der ja die Möglichkeit, mit einer kurzen Belichtung auszukommen, abhängt. Andererseits nimmt die Tiefe der Schärfe, die Ausdehnung des scharfen Bildes in Richtung der Achse, mit größerer relativer Öffnung ab. Von den hauptsächlichsten Konstruktionstypen ist die älteste die bald nach Erfindung der Daguerreotypie eingeführte Landschaftslinse (Fig. 6)., Dieselbe besteht aus zwei oder drei miteinander verkitteten Linsen und besitzt gewöhnlich die Form eines Meniskus, dessen konkave Seite dem Gegenstand zugekehrt ist, mit vorgestellter Blende. Wenn die Landschaftslinse sphärisch und chromatisch gut korrigiert und frei von Coma ist, gewährt dieselbe eine ganz befriedigende Leistung; bei der geringen Anzahl von nur zwei reflektierenden Flächen fällt wenig zerstreutes Licht auf die Platte, man erhält besonders brillante, schleierfreie Bilder. Ein Nachteil dieses Typus ist die geringe Lichtstärke, die L. arbeitet mit einer relativen Öffnung von höchstens 1/15. In dieser Hinsicht war das von Petzval 1840 erfundene Porträtobjektiv (Fig. 7), welches mit einer relativen Öffnung von 1/3 noch gute Bilder giebt, ein gewaltiger Fortschritt. Ein anderer Fehler, der Mangel an Orthoskopie, ist bei dem von Steinheil 1866 erfundenen Aplanaten beseitigt. Es ist dies eine symmetrische Konstruktion aus zwei gleichen, am besten achromatischen Linsen mit zwischengestellter Blende. Dieser Typus wird unter den verschiedensten Namen sowohl als Weitwinkel (mit großem Gesichtsfeld) für Architekturen und Reproduktionen von Gemälden, wie auch als lichtstarkes Momentobjektiv ausgeführt. Alle diese Objektive sind noch mit den obenerwähnten astigmatischen Fehlern behaftet und zeigen relativ beträchtliche Bildkrümmung. Wenn man von dem Steinheilschen Antiplaneten absieht, der den Astigmatismus etwas verringerte, so gelang die gleichzeitige Beseitigung dieser Fehler erst bei dem von Rudolph 1891 erfundenen und von Zeiß eingeführten Anastigmat (s. nachstehende Fig. 8). Derselbe besteht aus zwei durch die Blende getrennten achromatischen L., von denen die eine gewöhnliche Kombination aus einer sammelnden Crownlinse von niedriger Brechung und einer hochbrechenden zerstreuenden Flintlinse besteht, während die andere anormale Kombination die gegensätzliche Abstufung der Brechungsexponenten besitzt. Die Anastigmate

^[Abbildung:]Fig. 6.

^[Abbildung:]Fig. 7.