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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Lithographie und lithographischer Druck

daher ein sehr langsamer und die Anwendung der Schnellpresse ist angeschlossen. Ein der Radierung in Kupfer sehr analoges Verfahren ist die lithographische Radierung, bei welcher der Stein mit einem säurewiderstandsfähigen Ätzgrund (Asphalt) versehen und die Zeichnung in denselben mit der Graviernadel eingeritzt wird, so weit, daß der Stein an diesen Stellen bloßgelegt wird; dann wird sie mit verdünntem Scheidewasser übergossen und die Striche werden in die Tiefe geätzt. Beim Druck solcher Steinradierungen verfährt man wie bei den vertieft gravierten Platten.

Die Chromolithographie, auch Lithochromie oder lithographischer Farbendruck genannt, ist aus dem schon in den Anfängen der Lithographie angewendeten Tondruck hervorgegangen, den man auf gekörnten Steinen mittels der wirksamen Manier des Ausschabens in Asphalt erzeugte. Durch diese Manier lassen sich herrliche Effekte durch Striche und Schraffierungen sowie durch Schaben abgestufte Töne wie bei einer Kreidezeichnung erreichen. Durch Anwendung mehrerer Tonplatten in verschiedenen Farben entwickelte sich aus dem Druck mit "abgestuften" Tönen der mit "übereinandergelegten" Tönen; dadurch entfaltete sich der eigentliche Farbendruck, der durch künstlerische Benutzung sämtlicher Steindruckmanieren sich heute zu hoher Vollkommenheit emporgeschwungen hat und zu großer industrieller Bedeutung gelangt ist. Der Chromolithograph muß die nötigen Farbenplatten so herstellen, daß eine möglichst geringe Zahl derselben durch Übereinanderdruck ein farbenreiches Bild giebt, das möglichst getreu das Originalbild wiedergiebt. Unter den technischen Manieren der Chromolithographie erweist sich die Kreidezeichnung als die einfachste; da indes der Druck von Kreideplatten auf der Schnellpresse schwierig ist, so suchte man die Kreidezeichnung durch Federarbeit zu imitieren und dadurch entstand die punktierte Manier. Der Zeichner muß bei dieser Manier durch Abstufung der hellen und dunklen Partien mittels feiner und starker Punkte sowie durch Weiter- und Engerhalten derselben eine der Kreidezeichnung ähnliche, möglichst reiche Tonabstufungen enthaltende Platte erzeugen, um ein chromolithogr. Bild herzustellen, müssen alle Farbenplatten beim Übereinanderdruck auf das genaueste aufeinanderpassen und ist es daher erforderlich, zuerst eine genaue Konturzeichnung (Pause) des zu reproduzierenden Bildes anzufertigen, welche an den Seiten und auch oben und unten mit Punkturen oder Paßkreuzen ^[ ] versehen wird. Von dieser Konturenzeichnung, welche zum Drucke der Auflage nicht dient, werden nun so viel leichte Überdrucke (Klatsche) auf lithogr. Steine gemacht, als man Farben anwendet. Der Lithograph arbeitet nun die erste Farbenplatte durch, wobei in der Regel zuerst mit den hellern Farben angefangen und dann zu den dunklern übergegangen wird. Nach der Durcharbeitung werden die Punkturen mit Tusche nachgezogen und die Platte wird dem Drucker zum Andruck (Probedruck) übergeben und in der bestimmten Farbe ein Abdruck gemacht. Jede folgende Platte wird in gleicher Weise angedruckt und über die vorhergegangenen gedruckt; ist die Wirkung noch nicht ganz dem Original entsprechend, so werden noch Korrekturen vorgenommen, einzelne Farben, wenn nötig, anders gestimmt und eventuell wird vor dem Druck der Auflage nochmals ein Probedruck gemacht.

Die beigefügte Tafel Lithographie: Chromolithographie (Farbensteindruck), veranschaulicht das Entstehen eines Farbendruckbildes durch 9 übereinander gedruckte Farbenplatten; auf dem Vorblatte zu dieser Tafel wird die Art der Farbenverteilung und des Aufdruckes der Farben erläutert und ein Abdruck der zur Ausführung erforderlichen Konturenlithographie vorgeführt.

Wird der chromolithogr. Druck zur Reproduktion von Aquarellen angewendet, so nennt man ihn auch Aquarellfarbendruck, und um Ähnlichkeit mit einem Aquarellbilde zu erzielen, werden die fertigen Drucke über einen gekörnten Stein mit starkem Druck gezogen, so daß das Bild auf seiner Oberfläche ein rauhes Korn erhält, ähnlich dem zum Aquarellmalen benutzten Papier; man kann dieses Korn auch durch den Druck auf eine entsprechend gravierte Platte vermittelst einer Buchdruckerpresse herstellen. Ölfarbendruck ist eine Benennung des chromolithogr. Druckverfahrens; um dabei Ölgemälde zu imitieren, werden die fertigen Farbendrucke oft auf Kanevas gezogen und mit starkem Druck durch die Presse gezogen, so daß sich das Gewebe deutlich markiert; am gebräuchlichsten ist es, ein Leinwandmuster, oft auch ein den Pinselstrich nachahmendes Muster auf Stein scharf zu ätzen und den Farbendruck auf diesem Stein mit kräftigem Druck die Presse passieren zu lassen.

Eine interessante Manipulation ist der Umdruck, nämlich die Übertragung einer Platte auf einen andern Stein. Es lassen sich von Gravure-, Feder- und Kreideplatten Umdrucke erzeugen. Der feuchte Umdruck, bei welchem ein mit dünner Kleisterschicht bestrichenes chines. Papier zur Verwendung gelangt, wird meistens beim Umdruck von Gravureplatten benutzt, während der trockne Umdruck vorzugsweise zur Vervielfältigung von Farbendruckplatten dient, da bei diesen genauestes Aufeinanderpassen der Farbeplatten notwendig ist, und ein Verziehen durch Anwendung von trocknen Papieren, die mit einer Stärke-, Gelatineschicht u. s. w. vorpräpariert sind, verhütet wird. Eine Gravure läßt sich fast mit gleicher Schärfe auf einen andern Stein übertragen, dann wie eine Federzeichnung behandeln und auch auf der Schnellpresse vervielfältigen. Auch bei Farbendrucken wird fast immer vom Umdruck gedruckt. Bei großen Auflagen werden vom Original mehrere Umdrucke nebeneinander auf einen Stein gebracht; so ist die beigefügte Tafel: Chromolithographie, in 12 Umdrucken auf einem Stein auf der Schnellpresse gedruckt.

Von allen Operationen ist das Ätzen eine der wichtigsten; dasselbe hat folgende Zwecke: Es reinigt den Stein, indem es die Spuren von Fett abhebt, welche zufällig auf denselben gekommen sind und ein gleichmäßiges Anfeuchten verhindern würden, zugleich aber die Ursache eines Verschmutzens des Steins werden könnten. Es legt die Zeichnung durch Vertiefung der nicht bezeichneten Stellen etwas höher und läßt sie mit dem Steine eine im Wasser unlösliche chem. Verbindung, den oleomargarinsauren Kalk, bilden. Als Ätzmittel ist Salpetersäure (in verdünntem Zustande) selbst der Salzsäure, deren sich viele Lithographen bedienen, vorzuziehen.

In neuester Zeit wird meist das von Jos. Eberle erfundene sog. Brennätzverfahren angewendet. Der Umdruck oder die Federzeichnung wird leicht geätzt, mit Terpentin ausgewaschen, mit schwarzer gewöhnlicher Farbe angewalzt und sobald der Stein