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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Lüneburger Schweiz - Lunéville

und Stade hinziehende niedrige Landrücken, der im Wilseder Berg 171 m erreicht. Die L. H. wird von den Eisenbahnlinien Harburg-Hannover und Stendal-Bremen durchschnitten. Eine aus Quarzsand bestehende, feste Bodenschicht wird von Sand-, Thon- und Mergellagern überdeckt; im N. treten Muschelkalk und Gips zu Tage. Die Heide ist im unkultivierten Zustande mit Heidekraut und Heidelbeeren überwuchert; im S. finden sich Kieferwaldungen, an einzelnen Stellen sogar Buchen- und Birkenwaldungen, und die Heidedörfer sind von Eichengehölz umgeben. Die verbreitetste Pflanze ist die Arnica montana L. Die wichtigsten Produkte sind die Schafe (Heidschnucken) und Buchweizen, dessen Blüten den Bienen treffliche Nahrung bieten, die vorzüglichen Honig liefern; neuerdings auch Roggen und Mastkälber. Außerdem bilden Heidel-, Preißel-, Erd- und Wacholderbeeren Ausfuhrartikel. Eine Merkwürdigkeit sind die zahlreichen Hünengräber.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Heidebewohner waren früher sehr ärmlich, sie haben sich in neuerer Zeit gehoben, hauptsächlich infolge der bessern Verkehrsmittel. Auf den verhältnismäßig großen Bauerngütern (300 ha und mehr) wurde sonst nur 1/10 bis ⅛ des Areals bewirtschaftet, das übrige diente als Schafweide und zur Gewinnung von Winterfutter. Durch Einführung des Lupinenbaues, Anlage von Rieselwiesen, Düngung mit Kalisalzen und Thomasphosphatmehl, Anwendung der Gründüngung sind große Heideflächen urbar gemacht worden. Der Ortstein, die für die Pflanzenwurzeln undurchdringliche Eisensandschicht, wurde durchbrochen, und Roggen und Erbsen wachsen hier jetzt bei guter Pflege ausgezeichnet; wo gemergelt wurde, gedeiht auch der Klee. Dadurch ermöglichte sich eine bessere Viehhaltung und selbst die Heidschnucken wurden vielerorts durch Kreuzung veredelt. Da der großen Entfernungen und mangelhaften Verbindungen halber die Verwertung der frischen Milch und der Molkereiprodukte gering ist, so werden diese häufig zur Kälbermast verwendet. Mit der Aufforstung mit Kiefern ist man neuerdings, vom Dampfpflug und dem Dampfgrubber unterstützt, rüstig vorwärts gegangen. - Vgl. Freudenthal, Heidefahrten (2 Bde., Brem. 1890-92).

Lüneburger Schweiz, s. Bergen 3.

Lüneburger Silberschatz, das aus 30 Stücken bestehende, 1874 für das Kunstgewerbemuseum in Berlin angekaufte Ratssilberzeug der Stadt Lüneburg. Es ist meist Tafelgerät, von Lüneburger Familien und städtischen Würdenträgern gestiftet; dazu gehören 18 Becher und Pokale, 11 Becken und Schalen, zwei Gußkannen in Gestalt von stehenden Löwen, 1 Schüssel, 2 Streulöffel, 1 Madonnenstatue uud 1 Reliquienkästchen. Die Stücke entstammen dem 15. und 16. Jahrh. und sind teils im spätgot., teils im Renaissancestil gehalten. Galvanoplastische Nachbildungen des L. S. befinden sich im Rathaus zu Lüneburg. - Vgl. Lessing, Das Ratssilberzeug der Stadt Lüneburg (Berl. 1874).

Lunel (spr. lünell), Stadt im franz. Depart. Hérault, Arrondissement Montpellier, 24 km nordöstlich von Montpellier, an den Linien Arles-L., Tarascon-Cette und L.-Le Vigan der Mittelmeerbahn, am Kanal von L., welcher den Ort mit der Rhône, dem Mittelmeer und dem Südkanal verbindet, hat (1891) 6034, als Gemeinde 6793 E., in Garnison die 16. Abteilung Train, mehrere Spiritus-, Absinth-, Wermut-, auch Tuchfabriken und trieb lebhaften Handel mit dem vor den Verheerungen durch die Phylloxera berühmten Muskatwein der Umgebung. Dieser, der Muscat de L., ist nächst dem Rivesaltes und Frontignan der berühmteste Liqueurwein. Er wird aus der weißen Muskatellertraube gewonnen und gilt als einer der edelsten aller Süßweine. Indes wird er in großer Menge verfälscht. Bei dem 3 km westlich gelegenen Flecken Lunel-Viel (1026 E.) befinden sich merkwürdige Grotten mit fossilen Knochen.

Lünen, Stadt im Landkreis Dortmund des preuß. Reg.-Bez. Arnsberg, an dem Einfluß der Seseke in die Lippe und an der Dortmund-Gronau-Enscheder Eisenbahn, hat (1895) 5682 (1890: 4489) E., darunter 2429 Evangelische und 68 Israeliten, Postamt zweiter Klasse; 2 Eisenhüttenwerke (Luisenhütte und Lünerhütte), Fabrik für landwirtschaftliche Maschinen und 2 Dampfsägewerke.

Lüner See, See bei Bludenz (s. d.).

Lünette (frz. lunette), eine Grundrißform offener oder halbgeschlossener Schanzen (s. Feldschanzen). Die L. hat zwei unter stumpfem ausspringendem Winkel zusammenstoßende, ins Vorgelände wirkende, längere Linien (Facen) und zwei daran angehängte, das Seitengelände bestreichende kürzere Linien (Flanken). Die Kehle der L. kann offen sein oder einen Abschluß in Form einer Palissadierung, einer schwächern Brustwehr oder einer verteidigungsfähigen Mauer (in der Permanenten Befestigung) besitzen (s. beistehende Figur).

^[Abb.]

In der Baukunst bezeichnet L. ein halbkreisförmiges Bogenschild, durch welches ein Tonnengewölbe seitlich abgeschlossen wird, oder das in diesem Schild befindliche Fenster. L. finden sich an gewölbten Decken in der Deckenkehlung (Voute) oder an Hängekuppeln. Auch die Stichkappen und Zwickel oder Pendentifs (s. Kuppel) nennt man mitunter L. Da die L. eine beliebte Fläche für Malerei bilden, so spricht man statt von Gewölbemalerei auch von Lünettenmalerei.

Über L. an der Drehbank s. d. (Bd. 5, S. 494 a).

Lunéville (spr. lünewil). 1) Arrondissement des franz. Depart. Meurthe-et-Moselle, hat 1468,06 qkm, (1891) 96 524 E., 163 Gemeinden und zerfallt in 9 Kantone. - 2) Hauptstadt des Arrondissements L., an den Linien Paris-Avricourt, L.-St. Dié und L.-Gerbéviller der Ostbahn, am Zusammenfluß der Meurthe und Vezouze, in einer weiten, fruchtbaren Ebene, 33 km südöstlich von Nancy gelegen, Sitz eines Gerichtshofs erster Instanz und der 2. Kavalleriedivision, hat (1891) 16 530, als Gemeinde 21 542 E., in Garnison Teile des 2. Jägerbataillons zu Fuß, des 11. und 12. Kürassier- und des 8. und 9. Dragonerregiments, eine schöne Kirche St. Jacques (1730-45), ein großes Schloß (teils Kaserne) mit Gärten, von Leopold I. 1703 begonnen, von Stanislaus Leszczynski erweitert, große Reitschule, ein Collège, Gefängnis, drei Krankenhäuser; Handschuh- und Fayencefabriken, Woll- und Baumwollspinnerei, Manufakturen in Leinwand, Tüllstickerei, Rot- und Weißgerberei, Handel mit Korn, Mehl, Hanf, Lein, Branntwein und Holz. L. ist das Entrepot der Weine und der Leinwand des Departements. - L. war 1702-37 Residenz der