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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Memnon - Memoiren

Welf VI. (gest. 1191) wieder aufgebaut. 1286 wurde es Freie Reichsstadt. Zu ibrem Gebiet gehörten 17 Ortschaften. Im Dreißigjährigen Kriege wurde M. abwechselnd von den Schweden und den kaiserl. Truppen besetzt, im Spanischen Erbfolgekriege besetzte es 1702 der Kurfürst Max Emanuel von Bayern; 10. Mai 1800 schlug Moreau hier den österr. General Kray. 1802 fiel M. an Bayern. - Vgl. Rohling, Die Reichsstadt M. in der Zeit der evang. Volksbewegung (Münch. 1864); Dobel, Beiträge zur Verfassungsgeschichte der Reichsstadt M. (Augsb. 1876): ders., M. im Reformationszeitalter (5 Teile, ebd. 1877); Bauer, Beiträge zur Geschichte der Reichsstadt M. u. s. w. (ebd. 1892).

Memnon, bei Homer der schöne Sohn der Eos, wird später Äthiopierfürst und Sohn des Tithonos genannt, der seinem Oheim Priamos zu Hilfe eilt und, nachdem er den Antilochos erlegt hat, von Achilleus getötet wird. Aus der Asche seines Scheiterhaufens läßt Zeus eine Schar Vögel sich erheben, die Memnones oder Memnonides, die alljährlich über dem Totenhügel sich bekämpfen. Große Bauwerke in Asien und Ägypten, Memnonia genannt, wurden dem M. zugeschrieben. In Beziehung zur Memnonsage wurden auch zwei monolithische Kolosse des ägypt. Königs Amenophis III. gebracht, die vor einem Tempel dieses Königs bei Theben errichtet waren (die sog. Memnonssäulen). Bei einem Erdbeben 27 v. Chr. wurde der Oberteil des nördl. Kolosses herabgeworfen. Seit dieser Zeit wurden häufig bei Sonnenaufgang zitternde Töne aus der Statue vernommen, welche von dem Platzen kleiner Seitenstückchen herrührten, nach andern von dem Durchzug der Luft durch das zerklüftete Gestein, der besonders beim Wechsel der Temperatur zur Zeit des Sonnenaufgangs stattfand. Von den Griechen wurden diese Töne mit der Stimme des jungen, früh entrafften M., der seine Mutter Eos allmorgendlich begrüßte, verglichen. Von Septimius Severus rührt wahrscheinlich die Restauration des Kolosses her, welche aber die hellen Töne so dämpfte, daß sie seitdem, den Inschriften nach zu urteilen, nicht mehr gehört wurden. Jetzt ragen sie noch immer aus der weiten Saat- oder Wasserfläche hoch empor, obgleich ihre Postamente bereits .2 m hoch von dem jährlich steigenden Thalboden bedeckt werden. Die Höhe der nördl. Statue, vom Kopf bis zum Fuß gerechnet, beträgt ohne den hohen Kopfschmuck, den sie vielleicht einst trug, 14 m; dazu kommt die als besonderer Block davon getrennte Basis von 4 m. Die Araber nennen jetzt die beiden Bilder die Sanamât, d. h. die Idole, und einzeln Schama und Tama. - Vgl. Lepsius, Briefe aus Ägypten (Berl. 1852): Letronne, La statue de M. (Par. 1833).

Mémoire (frz., spr. -mŏahr), etwas zur Erinnerung Bestimmtes: Denkschrift, besonders über eine staats- oder völkerrechtliche Frage.

Memoiren (frz., spr.-mŏahren) oder Denkwürdigkeiten sind, gleichwie die Chroniken, Darstellungen der vom Verfasser selbst erlebten Zeit. Während jedoch die Chroniken die Ereignisse einfach berichten, geben die M. sie nur insoweit, als ihre Verfasser, sei es auch nur sehr mittelbar, daran beteiligt waren. Daher tragen derartige Werke, von jeher eine ergiebige Fundgrube für den Geschichtsforscher, ihrer Anlage nach ein mehr subjektives Gepräge und sind nur mit Vorsicht und unter Anwendung strenger histor. Kritik zu verwerten.

Das klassische Altertum hat nur zwei Schriftsteller dieser Gattung aufzuweisen: Xenophon und Cäsar. Für das Mittelalter kann man Marco Polo und Eberhard Windecke (Zeit des Kaisers Sigismund) nennen. In der Neuzeit sind die Engländer und Franzosen, neuerdings auch die Deutschen, reich an histor. Denkwürdigkeiten.

In England gewinnen sie besonders seit der Regierung der Königin Elisabeth an Bedeutung, noch mehr aber während der innern Kämpfe des 17. Jahrh. Für die Zeit Karls I. sind James Melville und der Schotte David Crawford of Drumbey besonders hervorzuheben. (Die bedeutendsten dieser Erscheinungen sind zusammengestellt in Guizots "Collection des memoires relatifs à la révolution d'Angleterre", 33 Bde., Par. 1823 fg.) Von da an reicht eine ununterbrochene Reihe von M. bis zur Gegenwart, darunter die Aufzeichnungen der größten Staatsmänner, wie Walpoles, Bolingbrokes.

Eine noch bedeutendere Rolle spielen die M. in Frankreich, wo besonders für diejenige Gattung, deren Hauptinhalt die Aufdeckung der Hofintriguen bildet, unübertreffliche Meisterwerke entstanden sind. Die ersten Erzeugnisse dieser Gattung finden sich im 13. Jahrh., als man auch die Chroniken in der Vulgärsprache abzufassen anfing. Geoffroy de Villehardouin steht mit seinem naiven Geschichtswerke über das lat. Kaisertum auf der Grenze der beiden Gattungen, während Joinvilles "Histoire de St. Louis" (um 1310) lange Zeit mit Recht als das Muster der historischen M. betrachtet worden ist. Froissart hat seinem Geschichtswerk mehr den Charakter der Chronik (1322-1400) gegeben, obwohl seine lebensfrische Darstellung nicht selten memoirenartig auseinanderfällt. Ihm schließt sich Philippe de Comines an, dessen Erinnerungen aus der Zeit Ludwigs XI. und Karls VIII. zu den Meisterwerken der praktischen Politik zählen. Von großer Bedeutung sind die M. aus dem 16. Jahrh., weil man aus ihnen die religiösen und polit. Kämpfe der Zeit viel lebendiger kennen lernt als aus den Schilderungen der offiziellen Geschichte. Vor allem zeichnen sich hier aus Michel de Castelnau, Agrippa d'Aubigné, Blaise de Montluc, Gaspard de Saulx-Tavannes (1530-73), Margarete von Valois, Heinrichs IV. erste Gemahlin, und das später fallende, lateinisch geschriebene Geschichtswerk von de Thou (Thuanus), welches den Zeitraum 1544-1607 behandelt. Brantômes Denkwürdigkeiten sind mit großer Frivolität abgefaßt, während die "Économies royales" von Sully, eins der wichtigsten Quellenwerke für die Geschichte Heinrichs IV., den reinen Charakter ihres Verfassers widerspiegeln. Seit der Regierung Ludwigs XIII. und Ludwigs XIV., unter denen namentlich der Herzog von Rohan, Bassompierre, Aubery, Richelieu, Larochefoucauld, Kardinal Retz, Saint-Simon, Noailles schrieben, arten die französischen M. mehr und mehr zur Chronique scandaleuse des Hoflebens aus. Während der Revolution wuchs die Memoirenlitteratur ungeheuer; indes können viele von diesen unter berühmten Namen umlaufenden Werken auf Echtheit keinen Anspruch machen. In ausgedehntem Maße wurden diese Fälschungen besonders von Soulavie betrieben, dessen Sammlungen jetzt durch die "Collection des mémoires reflatifs à la révolution française" (26 Bde., Par. 1820-26) und einige ähnliche verdrängt worden sind. Hauptschriftsteller für diese Zeit sind: Lafayette, Necker, Frau von Staël, Frau