940
Mitidja – Mitra (Binde)
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Mithridates'
namentlich der Krim, die sich der eindringenden Nomadenvölker kaum erwehren konnten, begrüßten ihn jubelnd als Befreier. Hierauf wendete er
sich gegen Süden und Westen und eroberte 103 einen Teil Paphlagoniens und Kappadociens, dessen minderjährigen König, seiner Schwester Sohn, er
100 ermorden ließ. So schuf er in kurzer Zeit ein wohlorganisiertes gewaltiges Reich. Da aber die Römer damals bereits die Weltherrschaft
beanspruchten, war eine Auseinandersetzung mit ihnen unausbleiblich. 93 und 92 fügte sich M. äußerlich ihren Befehlen, als aber 88 der mit der
Ordnung der kleinasiat. Verhältnisse betraute röm. Kommissar Manius Aquilius den Kampf erzwang, kam es zum sog.
ersten Mithradatischen Kriege. Die Römer, die nicht genügende Streitkräfte zur Verfügung hatten, unterlagen
zunächst. M. eroberte schnell ganz Kleinasien; wenige Städte nur blieben den Römern treu. Um die Abgefallenen vollends loszureißen, befahl M. die
Hinschlachtung aller in den Städten anwesenden Italiker, und 80000, nach anderer Angabe sogar 150000 Menschen jeden Alters und Geschlechts fielen
dieser kleinasiat. Vesper zum Opfer. M. griff nun weiter auf die Inseln hinüber (nur Rhodus hielt dort zu Rom) und zum griech. Festlande, wo
Spartaner, Böotier, Athener u.a. zu ihm übergingen; erst Sulla, der 87 in Griechenland erschien, brachte den Krieg zum Stehen. Er stürmte 80
Athen, schlug M.’ Feldherrn 86 bei Chäronea, 85 bei Orchomenos und setzte nach Asien über. Mit Hilfe der dort gegen M. selbst fechtenden Truppen
unter Flaccus, später unter Fimbria, den die damals in Rom herrschende demokratische Partei eigentlich Sulla zum Trotz nach Asien gesendet hatte,
die aber zu ihm übergingen, erzwang Sulla endlich 84 den Frieden von Dardanos. M. mußte alle Eroberungen aufgeben, 3000 Talente zahlen und 80
Kriegsschiffe ausliefern. Durch das eigenmächtige Vorgehen des von Sulla zurückgelassenen Legaten Licinius Murena kam es 83 zum
zweiten Mithradatischen Krieg, doch wurde 81 der Frieden auf den alten Bedingungen wiederhergestellt.
Im dritten Mithradatischen Kriege griff M. in Verbindung mit seinem Schwiegersohn Tigranes von Armenien, mit
Sertorius und den Mittelmeerpiraten selbst an und brach 74 in Bithynien ein. Gegen ihn wandten sich aber die Konsuln Marcus Aurelius Cotta und
Lucius Licinius Lucullus. Cotta erlitt zwar bei Kalchedon eine Niederlage, aber Lucullus wetzte die Scharte bald wieder aus, entsetzte 73 das von
M. Belagerte Kyzikos und trieb den König nach Pontus zurück, 72 sogar zur Flucht zu Tigranes. Nach der Eroberung des Pontus folgte Lucullus,
schlug 69 Tigranes bei Tigranocerta, wurde aber durch seine Truppen, die den Gehorsam weigerten, an der Ausnutzung seines Sieges gehindert. Erst
sein zweiter Nachfolger im Befehl, Pompejus (s. d.), erntete die Früchte. Er besiegte 66 M. entscheidend am Lykos und jagte
ihn in sein Bosporanisches Reich. Dort war unter einem von M.' Söhnen, Machares, der Aufruhr ausgebrochen, M. warf ihn aber rasch nieder; als
dann 64 sein Lieblingssohn Pharnaces sich gegen ihn erhob und ihn in der Königsburg von Pantikapaion belagerte, suchte er 63 vergeblich sich mit
Gift zu töten; einer seiner Getreuen stieß ihn endlich auf seine Bitte nieder. M. gehört zu den gewaltigsten Männern, die der Orient seit der
Blütezeit des Hellenismus gesehen hat, aber er ist ↔ kein Hellene trotz seiner hellenischen Bildung, trotz seiner ausgebreiteten
Sprachenkenntnis (er verstand angeblich alle 22 Sprachen der von ihm beherrschten Völker), trotz der Beförderung von griech. Wesen und griech.
Kunst, sondern ein echter Orientale, eine Sultansnatur mit allen ihren großen und niedrigen Eigenschaften. Die Geschichte der Mithradatischen
Kriege beschrieb unter andrem Appian. – Vgl. Th. Reinach, Mithridate Eupator (Par. 1890, deutsch Lpz. 1895).
Mitigantĭa (lat., zu ergänzen
remedia), mildernde, beruhigende Mittel, Linderungsmittel; auch Milderungsgründe;
Mitigation, Milderung; mitigativ, mildernd.
Mitilini, Stadt auf Lesbos, s. Mytilene.
Mitisguß (vom lat. mitis, weich), der durch Zusammenschmelzen von Schmiedeeisen oder
Stahl mit Ferro-Aluminium in Tiegeln erhaltene Guß. Schon ein Gehalt von 0,05 bis
0,1 Proz. Aluminium macht die Schmelze dünnflüssiger und blasenfrei und erniedrigt die Schmelztemperatur um
160–180°. Das Mitiseisen besitzt die Eigenschaften eines guten Schmiedeeisens. Der M. wurde von dem Schweden Nordenfeld erfunden.
Mitla, eigentlich Mictlan, «die Totenstadt», nannten die Mexikaner die heilige Stadt
der Zapoteken, die diese selbst Yoo-paa oder Lioo-baa, «Ort des
Ausruhens», nannten, den Sitz ihres Oberpriesters. Der Ort liegt im Distrikt Tlacolula im Staate Oaxaca, am Ende eines bergumschlossenen
Hochthals. Noch heute sind daselbst die Ruinen zweier Tempelpyramiden und von vier großen Palastanlagen zu sehen. Die Außenseiten der
Palastwände und die Mauern der Nebenhöfe und der sie umgebenden korridorartigen Gemächer sind mit eigentümlichen geometr. Mustern in erhabener
Steinmosaik verziert. (s. Tafel: Amerikanische Altertümer II, Fig. 2 u. 3). Die
Ruinen sind zum erstenmal genauer vom Kapitän Dupaix beschrieben worden. Später hat der deutsche Architekt E. Mühlenpfordt genaue Aufnahmen und
Zeichnungen der Paläste angefertigt und in einem Atlas zusammengestellt, von dem sich ein handschriftliches Exemplar im
Instituto publico zu Oaxaca befindet. – Vgl. Peñafiel,
Monumenta del arte mexicano (Berl. 1890).
Mitlauter, soviel wie Konsonant (s. Laut).
Mitnehmer, ein Teil der Drehbank (s. d., Bd. 5, S. 493b). – Bei Räderlafetten sind M. eiserne
Stangen, die die Achsschenkel mit einem weiter rückwärts liegenden Punkte der Lafettenwände verbinden und so verhindern, daß beim Rückstoß des
Geschützes die Räder durch ihr Beharrungsvermögen die Achse verbiegen.
Mitonnieren (frz.), langsam in einer Flüssigkeit verkochen.
Mitose (grch.), s. Zelle.
Mitra (grch., d. i. Binde), auch Mitre, heißt bei Homer der metallene, innen
gefütterte Gurt, der unter dem Panzer um den Leib getragen und halb vom Panzer verdeckt ward. Der Name findet sich auch sonst für Binden und
Gürtel um Leib oder Kopf gebraucht. M. ist auch die Bezeichnung für die von asiat. Völkern getragene Kopfbedeckung (s. Tafel:
Babylonisch-Assyrische Altertümer, Fig. 7–10). Ähnlich war die Kopftracht röm. Frauen.
In der christl. Kirche wurde die M. zur Bischofs-
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 941.