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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Nordpol - Nordpolarländer
auf 9250 m, für kleinere Schiffe besonderer Be-
schaffenheit widerruflich auf 12000 m pro Stunde
festgesetzt, so daß der Kanal in etwa 9 - 13 Stun-
den durchfahren werden kann. Die große militär.
Bedeutung des N. hat zu der Notwendigkeit ge-
Wrt, auch die Vrunsbütteler Mündung durch Be-
festigungen in ähnlicher Weise zu schützen, wie dies
für die Holtenauer durch die Vefestigungswerke der
Kieler Föhrde schon geschehen ist. Vom Kieler Hafen
bis zu der Brunsbüttel zunächst gelegenen Fähre
gehört der N. zu dem Bezirk der Marinestation der
Ostsee, von da ab bis zur Elbe demjenigen der
Marinestation der Nordsee (s. Marinestationskom-
mandos). Auch Handels- und volkswirtschaftlich ist
der N. von hohem Werte. Die Abkürzung der Fahrt
von der Ost- zur Nordsee und umgekehrt ist sehr be-
trächtlich. Die Reise nach Hamburg wird um 425,
die nach London um 239 Seemeilen abgekürzt. Die
Frachten nach den deutschen Ostseehäfen ermäßigen
sich, und die kürzere Fahrzeit und Sicherheit der
Schiffe wiegen reichlich die Gebühr für die Benutzung
des Kanals auf. - Vgl. Sympher, Der N. (Berl.
1886); Beseke, Der N. (Kiel 1893); Sartort, Der
N. und die deutschen Seehäfen (Berl. 1894); Loewe,
Geschichte des N. (ebd. 1895). Eine Karte des N.
(Maßstab 1 :50000) erschien 1895 in Berlin.
Nordpol, s. Pole (geographisch).
Nordpolarländer) alle vom nördl. Polarkreis
umschlossenen oder in seiner nächsten Nachbarschaft
liegenden Landmassen, Teile der drei den Nordpol
umgebenden Kontinente oder selbständige Inseln.
Von Europa gehören dazu Lappland, das im Nord-
kap bis 71° 10' hinaufreicht, die Halbinsel Kola, die
Halbinsel Kanin und der nordöstlichste Teil des
europ. Rußland mit der Petschoramündung; von
Asien die Tundren oder Moossteppen Nordsibiriens,
das sich mit der dstl. Taimyrhalbinsel bis 77" 34'
vorschiebt; von Amerika ein Küstenstrich vom For-
Channel bis zur Beringstraße, mit Mackenzie und
Großem Fischfluß, und in der Halbinsel Boothia bis
72" hinaufreichend. Als N. im engern Sinne oder als
Arktis faßt man alle innerhalb oder in der Nähe
des Polarkreises liegenden Inselgruppen und Inseln
zusammen, deren Merkmale, der zerklüftete, von Fjor-
den tief zerrissene Umriß, die trennenden schmalen
Meeresstraßen mit parallelen Ufern, das Fehlen
von Schwemmtiefland und das Vorherrschen des
Mittelgebirgscharakters sind. Näheres s. Eismeer.
Man schätzt die Fläche des arktischen Nordamerikas
aus 1,3, Grönland auf 2,i" Mill., die unbewohnten
Inseln auf 250000 ykm, wozu dann noch Nord-
sibirien und Island gerechnet werden müssen. (Hierzu
eine Karte der §lordpolarl ander.) Etwa
7 Mill. ^liui sind noch gänzlich unerforscht.
Die Eingeborenen sind auf amerik. Seite und in
Grönland die Eskimo (s. d.), bis über den 80. Pa-
rallel hinaus. Spitzbergen, Jan Mayen, Franz-
Joseph-Land, Nowaja Eemlja, die Neusibirischen
Inseln und Wrangell-Land sind unbewohnt. In
Europa leben innerhalb des Nordpolarkreises die
Lappen und östlicher die Samojeden, in Asien die
Samojeden, Jakuten, Iukagiren und Tschuktschen.
Klima, Tier- und Pflanzenwelt. Sehr nie-
drige mittlere Jahrestemperaturen, fast drei Viertel-
jahr dauernde Frostzeit und kurze Sommer, deren
Wärme in den höchsten Breiten nicht mehr genügt,
Schnee in ebener Lage zu schmelzen, sind die charak-
teristischen Merkmale der Polarländer. Unter dem
70. Parallel wä'bren der längste Tag und die längste
Nacht 2 Monate, uuter dem 80. Parallel, den Spitz-
bergen, Grönland und Grinnell-Land erreichen, über
3 Monate, und am Pol selbst geht die Sonne 186 Tage
nicht unter und 179 Tage nicht auf. In diesen langen
Winternächten sinkt die Temperatur bis unter
- 32" 0.; das Quecksilber erstarrt, fast aller Wasser-
dampf der Luft wird als Schnee niedergeschlagen
und die Luft dadurch ungemein trocken, die schrägen
Sonnenstrahlen der Sommertage sind nicht im stände,
den ewig gefrorenen Boden der Flachlande viel tiefer
als 1 m aufzutauen oder die Firn- und Gletscher-
decken Grönlands und Spitzbergens zu schmelzen.
Bei Iakutsk fand man beim Bohren eines Brun-
nens den Boden bis in 116,5 m Tiefe gefroren. An:
meisten begünstigt sind die vom Golfstrom bespül-
ten Küsten, die Nordwestküste von Skandinavien,
wo am Nordkap die mittlere Jahreswärme 0" be-
trägt, und die Westküsten von Spitzbergen und
Nowaja Semlja, wo fast immer ein offenes Meer
existiert, während die Ostküsten meist von Eis um-
lagert sind. Im Smithsund zwischen Ellesmere-Land
und Prudhoe-Land sinkt die mittlere Jahrestempera-
tur auf -11,9°, auf Voothia (unter 70°) auf -9,5",
auf der Melville-Insel auf -9,9°. Die Inseln im
N. von Amerika sind im Winter stets durch feste
Eisdecken miteinander verbunden, und die schmalen
Meeresarme bleiben auch im Sommer oft von Treib-
eis verstopft. Im Frühsommer kommt ein Treibeis-
strom die Baffinbai und Davisstraße herab und
ein anderer von O. und N. gegen die Ostküsten von
Spitzbergen und Grönland, wogegen nördlich an
den Neusibirischeu Inseln auch im Winter ein offe-
nes Meer, die Polynja der Russen, vorhanden ist,
und Kane und Hayes nördlich von Grönland, Parry
nördlich von Spitzbergen wenigstens im Sommer
eissreies Meer sahen. Der kälteste Teil scheint da-
her keineswegs die Umgebung des Pols selbst zu
sein. (S. Temperaturverteilung.) Die Niederschlags-
menge ist gering und beträgt wenig mehr als 100 mm
im Jahre, die an ungefähr 70 Tagen fallen; die
Schneelage ist aber außerordentlich dicht. Stürme
sind, ausgenommen im europ. Eismeere, selten.
Die Vegetation zeichnet sich durch Baumlosig-
keit infolge der nicht mehr 3 Monate erreichenden
Sommerzeit aus. Die Baumgrenze liegt im Samo-
jedenland westlich vom Ural unter 67" nördl. Br., in
Sibirien an der Mündung des Ob, am Ienissei unter
69,5° und Lena unter 71,5°, an der asiat. Küste des
Veringmeers unter 64°, an der amerik. Seite unter
60°, am Mackenzie unter 68" und sinkt dann an der
Hudsonbai unter 60° herab, in Labrador auf 52".
Die Flora besteht aus trocknen und sumpfigen Moos-
wiesen (?0i^tricuum, 8pli^nuin, (^rex und I^rio-
pborum), aus Flechtenbeständen, ausdauernden
Kräutern (8axilrÄFH, Dralls Iiannnculn8) und im-
mergrünen, zu den Heiden gehörigen Halbstränchern
nebst Zwergbüschen von Weiden und Birken (Lewlu.
iiluia, ^.). Die Hochgebirge der arktischen Inseln sind
vergletschert und lassen der Vegetation nur an den
Steilküsten Raum (Fjordregion). Die Vegetation
beginnt im Laufe des Juni und schließt mit dem
August. Das Reifen der Früchte wird mit zuneh-
mender Polhöhe unregelmäßiger und setzt bei einem
Teil der Arten ganz aus. (S. Tundra.)
Hinsichtlich der Tierwelt bilden die N. der drei
in Betracht kommenden Weltteile nebst Grönland
und den Inseln des Nördlichen Eismeers zusam-
men eine eigene geogr. Region (s. Tiergeographie),
die als die arktische bezeichnet wird. Viele For