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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ostalpen
kette im O. und S. Die höchsten Spitzen des erstern
sind Nheinwaldhorn 3398 m und Guf erHorn 3392 m,
der letztern Tambohorn 3276 m und Pizzo dei Piani
3158 in; im übrigen schwankt die Gipfelhöhe von
2400 bis 3000 m. Die Vergletscherung ist gering.
2) Rhätische Alpen, vom Splügen im W.
bis zur Iudikarienlinie und dem Brenner im O.,
und vom Veltlin und dem Idrosee im S. bis
zur Landquart, dem Schlappiner Joch, Arlberg
und Innthal im N. Geologisch bestehen sie aus
fünf großen Centralmassen, denen sich einige klei-
nere anschließen und die im allgemeinen eine An-
ordnung in drei Züge erkennen lassen. Der nördl.
Zug, von der Silvrettamasse gebildet, sowie der
mittlere, die Massen der Bernina und des Ötz-
thales umfassend, verlaufen gegen NO., der südliche
hingegen, welchem die Adamello- und die Ortler-
massen angehören, ist gegen NNO. gerichtet. In
der Otzthaler Masse stoßen alle drei Züge aufein-
ander. Inmitten der genannten Massen befindet
sich ein weites Senkungsfeld, das sich aus dem
Prättigau über den Albulapah bis tief in das Herz
der Gneisalpen hinein erstreckt. Durch die Thäler
der Mera und des Inn im N., der Adda, Etsch und
des Iaufenpasses im S. zerfallen die Nhätischen
Alpen auch orographisch in drei Züge von Ge-
birgsgruppen, die sämtlich eine ausgezeichnet stock-
förmige Gliederung zeigen. Der nördl. Zug zerfällt
durch das Albulathal und den Albulapaß (s. Al-
bula) in die Oberhalbsteiner Alpen im SW.
und die Silvretta-Alpen im NO. Die erstern
sind durch das Auftreten von Schiefern, Kalken und
Dolomiten charakterisiert, die das krystallinische
Grundgebirge überlagern; sie kulminieren im Pizzo
Stella (3406 m) und besitzen sonst meist Höhen
von 2700 bis über 3300 m. Die Silvretta-Alpen
dagegen bilden eine zusammenhängende krystalli-
nische Centralmasse, die wiederum in vier Unter-
gruppen zerfällt: die Scalettagruppe, von der
Albula bis zur Val Torta, ist kreuz und quer von
tiefen Thalzügen durchschnitten, wodurch sie in lauter
isolierte Gebirgsstöcke und Gebirgsketten zerteilt
wird; deshalb ist die Gruppe auch sehr durchgängig-,
sechs Pässe von unter 2600 m führen hier über die
Wasserscheide zwischen Inn und Rhein; ihr höchster
Punkt ist der Piz Kesch (s. d., 3422 m); die Ver-
gletscherung ist nicht beträchtlich. DieFermunt-
aruppe, zwischen Val Torta, Schlappiner Joch,
Zeinisjoch und Fimberpaß, erscheint von fern selt-
sam gestreift und gebändert, was durch den raschen
Wechsel von lichtem Gneis und dunklem Korn-
blendeschiefer bedingt ist. Die orographische An-
ordnung der Gruppe ist stockförmig, weswegen
sie ziemlich unwegsam und stark vergletschert ist;
auf einer Strecke von über 40 km Länge führt
hier kein unveraletscherter Übergang über den
österr.-schweiz. Scheiderücken. Die höchsten Gipfel
sind: PizLinard (3416 m), Fluchthorn (3408 m),
Piz Buin (3312 m), Verstanklahorn (3302 m).
Die Samnaungruppe, östlich vom Fimber-
paß, bildet eine einzige fortlaufende, 8-förmig ge-
schwungene Bergkette, die nach O. zu an Höhe ab-
nimmt und im Muttler (3299 m) kulminiert. Noch
niedriger ist die Fervallgruppe zwischen Zeinis-
joch und Arlberg; ihr höchster Punkt ist der Kuchen-
spitz (3170 m); die Vergletscherung ist ebenso ge-
ring wie in der Samnaungruppe. Der mittlere Zug
der Rhätischen Alpen enthält dieVernina - Alpen,
die Spölalpen und die Otzthaler Alpen,
die voneinander durch den Berninapaß und das
Reschenscheideck getrennt werden. Die Vernina-
Alpen bestehen aus mehrern granitischen Kern-
massen und zerfallen in drei selbständige Gebirgs-
stöcke, den Disgraziastock westlich vom Paüo del
Muretto (s. Muretto), den Berninastock östlich
von diesem und den Scalino stock südlich vom
Passo Consinale. Der Berninastock ist vor allen an-
dern Teilen der O. durch große absolute Erhebung
ausgezeichnet, seine Gipfelhöhen betragen zumeist
3400 - 4000 m, sechs Spitzen übersteigen die.höhe
von 3900 m, und diese sechs Spitzen sind zugleich
die sechs höchsten Gipfel der O.: Piz Bernina
(4052m), Piz Zupö (3999 m), Monte-Rosso di Scer-
scen (3967 m), Piz Roseg (3943 m), Piz Argient
(3942 m), Pizzo di Palü (3912 m). Der Verninastock
ist sehr stark vergletschert und wird von keinem be-
tretenen Iochsteig überschritten. Der Disgraziastock
besitzt zwei Gipfel von über 3400 m Höhe: Monte
della Disgrazia (3677 m) und Cima di Castello
(3402 m); die andern übersteigen meist die Höhe von
3000 m; auch er ist stark vergletschert, dagegen gilt
dies nicht mehr bezüglich des bedeutend niedrigern
Scalinostocks,der nur zwei Gipfel von über 3000 m
Höhe besitzt: Pizzo Scalino (3300 m) und Pizzo Can-
ciano (3107 m). Die Spölalpen sind durch eine
weitgehende Zerstückung in einzelne Bergstöcke aus-
gezeichnet. Ihr westl. Teil, die Livignoalpen,
die bis zur Fuorcla Lavirum und dem Passo Fos-
cagno reichen, ist allenthalben durch- und über-
gängig, besonders in der Richtung nach O. und NO.
Die drei höchsten Punkte sind Cima di Piazzi (3439 m),
Cima Viola (3384 m) und Corno di Campo (3302 m);
der bekannte Aussichtspunkt Piz Languard (s. d.,
3266 m) bei Pontresina folgt erst an fünfter Stelle.
Der östl. Teil, die MünsterthalerAlpen, wird
von einer ausgedehnten, muldenförmig zwischen dic
umliegenden krystallinischen Massive eingelagerten
Kalkscholle gebildet, die über den Albulapaß hin-
weg mit dem Kalkgebirge im S. des Prättigaus in
Verbindung steht. Die beiden höchsten Gipfel
sind: Waldaschlikopf (3250 m) und Piz Seesvenna
(3221 m). Die Gletscherentwicklung ist in den
ganzen Spölalpen höchst unbedeutend. Die Ötz-
thaler Alpen zerfallen durch den Einschnitt des
Ötzthales, des Timbler Jochs und der Hintern Pas-
seier in die Venter Gruppe im W. und die
Stubaier Gruppe im O. Beide sind stockförmia
gegliedert und bilden eine Centralmasse, die zwei
Fächersysteme in den Ricktungen von W. nach O.
und von SW. nach NO. erkennen läßt. Die
Gipfel der Venter Gruppe gehören zwar nicht zu
den höchsten in den O., doch übersteigen 15 Spitzen
die Höhe von 3500 m; hiervon sechs über 3600 m:
Wildspitz (s. d., 3783 m), Weihkugel (3746 m),
Hinterer Vrochkogel (3635 m), Hintere Schwärze
(3633 m), Vorderer Brochkogel (3615 m), Similaun
(3607 m). An Massenerhebung jedoch nimmt die
Venter Gruppe den ersten Rang in den O. ein,
was durch die geringe Schartung und den massigen
Aufbau der Kämme im Verein mit der hohen Lage der
Thalsohlen bewirkt wird. Aus diesem Grunde ist auch
das Gletscherphänomen hier sehr vollkommen ent-
wickelt. In der Stubaier Gruppe übersteigt nur ein
Gipfel die Höhe von 3500 m und weitere sechs die von
3400 m; die drei höchsten sind: Iuckerhütl (3517 m),
Schrankogel (3498 m) und Ruderhofspitz (3481 m).
Die Vergletscherung ist auch hier beträchtlich. Der
südl. Zng der Rhätischen Alpen besteht geologisch aus