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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Österreichisch-Ungarische Eisenbahnen

der Vorrat an Silber betrug 31. Dez. 1895: 126,6, an Gold 244 Mill. Fl., an Wechseln und Golddevisen 226,3 Mill. Fl., d. i. 36,5 Proz. des etwa 619,8 Mill. Fl. betragenden Banknotenumlaufs. Im Laufe von 1895 wurden 1320390 Stück Wechsel und Effekten im Betrage von 1250,4 Mill. Fl. diskontiert. Das reine Jahreserträgnis war 1895: 7,081 Mill. Fl.; daraus ergab sich für die Aktionäre eine Dividende von 7,367 Proz., eine Dotation des Pensionsfonds und ein Anteil der beiden Staatsverwaltungen in der Höhe von 442233 Fl.; an Notensteuer waren 196429 Fl. zu zahlen. Der Reservefonds betrug Ende 1895: 32,5 Mill. Fl. Die Hypothekarkreditabteilung weist 1895: 375 bewilligte Darlehen im Betrage von 10 Mill. Fl. auf. Der Gesamtstand der Hypothekardarlehen war Ende 1895: 3993 mit 134,2 Mill. Fl. Gouverneur der Bank ist jetzt Julius Kautz (s. d.). Die Aktien werden nicht in Berlin, wohl aber in Frankfurt notiert; Kurs Ultimo 1895: 844 Fl. österr. Währung per Stück. - Vgl. Beer, Die Finanzen Österreichs im 19. Jahrh. (Prag 1877); Neuwirth, Bank und Valuta in Österreich (2 Bde., Lpz. 1873-74); von Lucam, Die Österr. Nationalbank (Wien 1876); Leonhardt, Die Verwaltung der Ö. B. 1878-85 (ebd. 1886); Mecenseffý, Die Verwaltung der Ö. B. 1886-95 (ebd. 1896).

Österreichisch-Ungarische Eisenbahnen. Das gesamte Eisenbahnnetz in Österreich-Ungarn (einschließlich Bosnien u. s. w.) umfaßte am 1. Sept. 1896: 31923 km Betriebsstrecken (annähernd gleich den Baulängen), d. i. 4,7 km auf 100 qkm Fläche und 7,3 km auf 10000 E. Außerdem lagen in Österreich 99 km fremde Staatsbahnen. Auf Österreich entfielen 16747 km Bahnen, darunter 8015 km Staatsbahnen und 1143 km Privatbahnen in Staatsverwaltung. Die Zahnradbahnen waren 23 km, die elektrischen Bahnen 39 km und die Drahtseilbahnen 0,9 km lang. Die ungarischen Bahnen hatten eine Ausdehnung von 14447 km, darunter 7553 Staatsbahnen und 4110 km Privatbahnen in Staatsverwaltung. Die Eisenbahnen in Bosnien und der Herzegowina umfaßten 729 km, einschließlich der 4,9 km langen elektrischen Trambahn in Serajewo. Bei den folgenden Angaben sind die Bahnen in Bosnien u. s. w. nicht mit enthalten, auch war es nicht immer möglich, die Angaben für beide Reichshälften zusammen oder für denselben Zeitabschnitt anzuführen. Die Verteilung der Eisenbahnen 1. Jan. 1892 auf die beiden Reichshälften ergiebt sich aus Übersicht A (S. 709).

Die erste Lokomotivbahn in Österreich war die 17. Nov. 1837 eröffnete Strecke von Floridsdorf nach Wagram (Kaiser-Ferdinauds-Nordbahn, 13,1 km), nachdem bereits im Sept. 1828 die später als Lokomotivbahn umgebaute Pferdebahn von Budweis nach Kerschbaum (64,5 km) eröffnet war. In Ungarn wurde die erste Lokomotivbahn von Budapest nach Waitzen (34 km) 15. Juli 1846 eröffnet; Pferdebahnen waren schon seit 1840 vorhanden. Die weitere Entwicklung der Eisenbahnen von Österreich-Ungarn ist aus Übersicht B ersichtlich, doch konnten für die J. 1890-96 teilweise nur die Betriebslängen eingestellt werden, die aber nicht wesentlich von den Eigentumslängen abweichen. Die Ausstattung der einzelnen Staatsgebiete und Länder Österreich-Ungarns mit Eisenbahnen und das Verhältnis der letztern zum Flächeninhalt und zur Bevölkerungszahl Ende 1891 und 1894 geht aus der Übersicht C (S. 710) hervor, in welche zugleich die Schleppbahnen (s. d.) aufgenommen sind, wobei zu bemerken, daß nur für die österr. Länder für Ende 1894 Angaben eingestellt werden konnten. Hiernach entfielen 1. Jan. 1892 auf die im Reichsrat vertretenen Länder 15621,49 km Eisenbahnen oder 5,2 km auf 100 qkm Flächen und 6,3 km auf 10000 E., und auf die Länder der ungar. Krone 11959,40 km oder 3,7 km auf 100 qkm und 6,9 km auf 10000 E.

In Österreich wurde der Eisenbahnbau anfänglich der Privatunternehmung überlassen, daneben trat indes schon bald auch der Staat als Bauunternehmer auf. In dem Patent vom 19. Dez. 1841 wurde verfügt, die großen von Wien aus zur Reichsgrenze führenden Bahnen Wien-Brünn-Prag-Sächs. Grenze, Wien-Graz-Triest und Wien-Linz-Bayr. Grenze auf Staatskosten zu bauen oder zu erwerben. Ende 1854 besaßen die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder 1355,46 km, darunter 924 km oder 68 Proz. Staatsbahnen. Die erste Alpenbahn, die Semmeringbahn, wurde als Staatsbahn hergestellt und 17. Juli 1854 eröffnet. Finanzielle Schwierigkeiten nötigten die Regierung jedoch bald zur Aufgabe des Staatsbahnsystems. Ende 1854 wurde der Verkauf der nördl. Staatsbahn (Bodenbach-Prag-Brünn und Olmütz) und der südöstl. Staatsbahn (ungar. Linien) vereinbart. Die Käufer, meist franz. Kapitalisten, gründeten die Österreichische Staatseisenbahngesellschaft. 1856 wurden die Lombard.-Venet. Staatsbahnen verkauft; 1858 ging der Rest an die Südbahngesellschaft, die Kaiser-Ferdinands-Nordbahn und die Karl-Ludwigs-Bahn über. Von den bis Ende 1859 aufgewendeten 336,26 Mill. Fl. erhielt der Staat nur 168,56 Mill. als Kaufpreis zurück. 1860 besaß der Staat nur noch 13,8 km Eisenbahnen, zwei Anschlußlinien zwischen Kufstein und der bayr. Grenze und zwischen Bodenbach und der sächs. Grenze. Zur Förderung des Baues von Eisenbahnen gewährte der Staat bedeutende Unterstützungen, die schließlich, besonders auch infolge der Eisenbahnkrisis 1873, eine unerschwingliche Höhe erreichten. Die jährlichen Garantiezahlungen hatten rund 5 Proz. oder den zwanzigsten Teil der gesamten Staatsausgaben erreicht; 1859-76 waren vom Staate (einschließlich der Zinsen) über 122,67 Mill. Fl. Garantievorschüsse an Privatgesellschaften gezahlt worden. Infolgedessen kehrte der Staat zum Staatsbahnsystem zurück. 1874 wurde der Bau kleinerer Linien in vier verschiedenen und entfernten Punkten des Reichs (Galizien, Böhmen, Dalmatien und Istrien) für Staatsrechnung begonnen. Durch das Gesetz vom 14. Dez. 1877 wurde die Verstaatlichung der Privatbahnen eingeleitet; die Regierung wurde zunächst ermächtigt, den Betrieb garantierter Eisenbahnen zu übernehmen, für die sie Vorschüsse geleistet hatte. Zugleich wurden die allgemeinen Grundsätze für den eigentümlichen Erwerb von Privatbahnen festgestellt. Von dem Gesetz, dem sog. Sequestrationsgesetz, machte die Negierung jedoch erst 1879 gegenüber der Kronprinz-Rudolf-Bahn Gebrauch, deren Betrieb sie 1. Jan. 1880 zunächst für Rechnung der Gesellschaft, später für eigene übernahm. Gleichzeitig wurde der Bau der Arlbergbahn (s. Arlberg) zwecks Verbindung mit dem schweiz. Eisenbahnnetz für Staatsrechnung beschlossen. Es erfolgte die Verstaatlichung der Albrechtsbahn in Galizien, der Elisabethbahn und der Bau der Galiz. Transversalbahn auf Staatskosten. 1885 waren bereits über 5000 km in den Händen des Staates, die nebst den weiter erworbenen