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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ottobeuren - Ottokar
figur vor der Universität in Berlin, 1833 enthüllt)
und mit der Marmorstatue Dan. Chodowickies lin
der Vorhalle des Berliner Museums). Seit 1878
Präsident des Deutschen Künstlervereins in Rom,
vertrat er zugleich im Auftrage seiner Negierung
die Interessen der deutschen Künstler mit besonderer
Rücksicht auf die Stipendiaten. 1886 erhielt O. bei
der Konkurrenz um das in Berlin zu errichtende
Monument Luthers den Preis und begab sich nuu,
nach Vollendung seiner polychrom behandelten
Marmorstatue: Mädchen im Dienst der Vesta (1886;
Nationalgalerie in Berlin), behufs Ausführung die-
ses Denkmals in die Heimat zurück. Gleichzeitig er-
nannte ihn die Münchener Akademie zum Ehren-
mitglied. O. starb 7. April 1893 in Berlin.
Ottobeuren, Marktflecken im Bezirksamt Mem-
mingen des bayr. Neg.-Bez. Schwaben, rechts an der
Westlichen Günz, Sitz eines Amtsgerichts (Landge-
richt Memmingen),batte 1890:1799,1895:1994meist
kath. E., Posterpedition, Telegraph und Kreiserzie-
bungsanstalt für arme Knaben. Die 764 gestiftete,
1802 anBayern gekommene Venediktinerabtei (Uten-
bura, Uttinburon, Ottenbura) hat eine Wallfahrts-
kirche mit einer der schönsten Orgeln in Deutschland.
Ottokar I., Prcmysl, .herzog, später König von
Böhmen (1197-1230), jüngerer SohndesKönigs
Wladislaw 11., wurde 1192 von Kaiser.Heinrich VI.
mit Böhmen belehnt, während sein Bruder Wla-
dislaw Mähren erhielt. Er stürzte seinen Vetter
Wenzel, der sich der Regierung bemächtigt hatte.
Da er sich aber dem kaiserfeindlichen Bunde anschloß,
der sich unter den Fürsten Norddeutschlands und des
Nieoerrheins bildete, wurde er 1193 von Hein-
rich VI. abgesetzt und sein Vetter .Heinrich, Bischof
von Prag, mit Böhmen belehnt. Als dieser 15. Juni
1197 starb, wählten die Böhmen O.s Bruder, Wla-
dislaw. Ermutigt durch den Tod des Kaisers griff
O. Ende 1197 Böhmen an und brachte mit seinem
Bruder einen Vergleich zu stände, wonach er selbst
Böhmen, dieser Mähren als böhm. Lehn besitzen
sollte. Den nun in Deutschland ausbrechenden
Thronkamps benutzte O., um seine Stellung zu heben.
Am 8. Sept. 1198 erhielt er von Philipp denKönigs-
titel und das Recht, die Bischöfe des Landes zu be-
lehnen. Nachdem er anfangs Philipp unterstützt
hatte, trat cr 1202 infolge'der Bemühungen des
Papstes Innocenz III. zu Otto IV. über, wurde
aber 1201 von Philipp wieder unterworfen. Nach
dessen Ermordung erkannte auch O. Otto IV. an,
gehörte aber zu den deutschen Fürsten, die nach Ottos
Vannung durch den Papst den Staufer Friedrich II.
von Sicilien zum Könige wählten (1211). Dieser
beMü^e bei seinem Erscheinen in Deutschland
26. Sept. 1212 die Erhebung Böhmens zum König-
reich. Nachdem O. dann noch (1216) die Wahl seines
Sohnes Wenzel I. zu seinem Nachfolger und dessen
Belehnung durch Friedrich II. durchgesetzt hatte, starb
cr 13. Dez. 1230. - Vgl. Palacky, Geschichte von
Böhmen, Bd. 1 (Prag 1844); Huber, Geschichte
Österreichs, Bd. 1 (Gotha 1885).
Ottokar II., Premysl, König von Böhmen
(1253-78), der Sohn Wenzels I. und der staufischen
Prinzessin Kunigunde, stellte sich schon in srüher
Jugend, als ein Teil des ghibellinisch gesinnten
böhm. Adels sich gegen seinen Vater empörte, an
die Spitze der Mißvergnügten, söhnte sich aber, als
das Glück sich gegen ihn wendete, mit der welfischen
Partei und seinem Vater wieder aus. Als damals
gcradc durch den Tod Friedrichs des Streitbaren,
des letzten Vabenbergers, das Herzogtum Österreich
erledigt wurde, besetzte er dasselbe, vermählte sich,
23 I. alt, mit der bejahrten Margarete, der Schwester
des verstorbenen Herzogs von Österreich, und suchte
auch Steiermark an sich zu bringen, mußte sich abcr
den Besitz beider Länder erst durch harte Kämpfe
gegen Ungarn und Bayern sichern. 1254-55 un-
ternahm er in Verbindung mit den Deutschen Rit-
tern und dem Markgrafen Otto von Brandenburg
einen Kreuzzug gegen die heidn. Preußen, der ebenso
wie sein Zug nach Litauen (1267) nur geringe Erfolge
aufwies. Die Gründung von Königsberg erinnert
an den erstern. Da seine Gemahlin kinderlos blieb,
ließ er sich mit päpstl. Dispens von ihr scheiden und
vermählte sich 1261 mit der russ. Prinzessin Kuni-
gunde, einer Enkelin Velas IV. von Ungarn. Einen
neuen Zuwachs an Land erhielt er 1269 nach dem
Tode des Herzogs Ulrich von Kärnten, der ihn zu
seinem Erben und Nachfolger erklärt hatte. Im
Innern hielt er den Adel fest im Zaume, während er
denKlerus, vor allem aberdasBürgertum begünstigte
und in Böhmen die Ausbreitung des deutschen Ele-
ments förderte. Dem neu gewählten deutschenKönig,
Rudolf von Habsburg, verweigerte O. die geforderte
Huldigung, worauf dieser Österreich, Steiermark,
Kärnten und Kram als eröffnete Reichslehn in An-
spruch nahm, auf dem Reichstage zu Augsburg O. in
die Reichsacht erklärte und mit einem starken Reichs-
heer heranzog. Er machte so siegreiche Fortschritte, daß
O. entmutigt um Frieden bat. Er mußte Österreich,
Steiermark, Kärnten, Kram und Eger an Rudolf
abtreten und Böhmen und Mähren 1276 aufs neue
in Lehn nehmen. Unmut über des deutschen Königs
harte Forderung drängte ihn zu einem neuen Kriege
gegen Rudolf, in dem er in der Schlacht bei Dürn-
krut an der March (1278) durch Verräterei seiner
Barone Schlacht und Leben verlor. Ihm folgte in
Böhmen und Mähren sein Sohn Wenzel II. O.s
Schicksal gab Grillparzer den Stoff zu dem Trauer-
spiel: neue
Ausg., Stuttg. 1889). - Vgl. Lorenz, Deutsche Ge-
schichte im 13. und 14. Jahrh. (2 Bde., Wien 1863
-67); ders., Geschichte König O.s II. (ebd. 1866);
A. Huber, Geschichte Österreichs, Bd. 1 (Gotha 1885).
Ottokar von Steiermark, einer der ältesten
Geschichtschreiber in deutscher Sprache, lebte in der
zweiten Halste des 13. und zu Anfang des 14. Jahrh.
Sein Vaterland war Steiermark, er selbst ein Dienst-
mann eines Herrn von Liechtenstein (die frühere An-
nahme, daß er dem Adelsgeschlecht von Horneck an-
gehört habe, ist allgemein aufgegeben). Er schrieb
eine (Verlorne) Kaiserchronik und eine aus mehr als
100000 Versen bestehende Neimchronik, die Pez in
den <(8cript0i-68 i'6iuin 9,u8ti'ikcki'uiu", Bd. 3 (Lpz.
1745), hat abdrucken lassen und die von Seemüller
in den "Nonum6nt3. (^6iiuania6 1n3torica. 8crip-
tores, hui vei'naculk linFNk usi sunw, Bd. 5, Abteil.
1 u. 2 (Hannov. 1890 u. 1893), in sehr verbesserter
Form herausgegeben ist. Sie umfaßt die Zeit von
Kaiser Friedrichs II. Tode bis zu Kaiser Heinrich VIl.
(1250-1309). Allerdings vermißt man in ihr die
poet. Darstellungsweise der frühern Dichter; da-
gegen ist sie reicher als irgend ein anderes Werk jener
Zeit an ausführlicher Erzählung merkwürdiger Er-
eignisse, an Schilderung bedeutender Männer und
an Beschreibung von Festlichkeiten, Turnieren und
Schlachten, wofür O. sehr reichhaltige lat. Quellen
benutzt, auch von Augenzeugen manche Mitteilungen
erhalten hat. O. zeigt sich als ein in kirchlichen und