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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Paris (Weltliche Bauten)

wieder unterdrückte Klöster erbaut. Von den im 15. Jahrh. erbauten Kirchen sind zu erwähnen St. Gervais, St. Laurent, St. Nicolas des Champs, St. Séverin, 3 Rue St. Séverin, und die St. Germain-l'Auxerrois auf dem Platze gleichen Namens, ehemalige Hofkirche, unter den Merowingern erbaut, von Childebert verschönert, durch die Normannen im 9. Jahrh. verwüstet und nur langsam wieder aufgebaut. Die Glocken dieser Kirche gaben das Signal zur Ermordung der Hugenotten in der Bartholomäusnacht. Im Übergangsstil erbaut sind: St. Etienne du Mont, Place du Panthéon, Pfarrkirche der Montagne Ste. Geneviève, 1517 erbaut (erst 1610 vollendet), mit schlankem Turm, berühmtem Renaissancelettner und Gruftkapelle der heil. Genoveva; die aus dem 16. Jahrh. stammende prächtige St. Eustache, Rue du Jour, 1532-1641 erbaut, mit dem Grabmal Colberts. Aus der Zeit der Renaissance: 1613 wurde die erste, im 17. Jahrh. mit einer Kuppel versehene St. Joseph des Carmes, Rue de Vaugirard, begonnen; 1627 begann man St. Paul-St. Louis, hinter der sich heute das Lycée Charlemagne befindet; 1629 legte Ludwig XIII. den Grundstein zur Notre-Dame des Victoires, Place des Petits-Pères; 1630 wurde die heute zum prot. Gottesdienst bestimmte Kirche de l'Oratoire errichtet. Der Val de Grâce, 1645-66 erbaut, wird von einem Dom überragt, dessen Inneres mit Fresken von P. Mignard verziert ist. Unter Ludwig XIV. entstand St. Sulpice, 1646-49, mit säulengeschmückter Façade und Türmen; 1653 wurde der Grundstein zur Kirche St. Roch gelegt nach Plänen von Jacques Lemercier; 1659 wurde St. Nicolas du Chardonnet umgebaut; 1664 St. Louis en l'Isle; 1670 Assomption und Ste. Marguerite begonnen; 1670 wurde der Grundstein zum Hôtel des Invalides gelegt. Der Bau wurde von Bruant begonnen und später von Hardouin-Mansart fortgesetzt. In der Krypta des Doms (s. Tafel: Pariser Bauten, Fig. 2) befinden sich die Gräber von Napoleon I., von Turenne, von Vauban u. a. 1682-1770 wurde St. Thomas d'Aquin auf dem Platze gleichen Namens errichtet. 1757 wurde der Bau des Panthéon (s. d. und Tafel: Französische Kunst II, Fig. 1) beschlossen, bestimmt, die ehemalige Kirche der Abtei Ste. Geneviève zu ersetzen. 1781 errichtete man das Kapuzinerkloster Chaussée d'Antin, im griech. Geschmack, dessen ehemalige Kapelle die heutige St. Louis d'Antin bildet. Alle unter Napoleon I. geschaffenen Prachtbauten sind Nachahmungen aus Rom und Athen. 1806 beschloß Napoleon I. eine Ruhmeshalle zu gründen und beauftragte den Architekten Vignon, die 1764 begonnene und im Bau langsam fortschreitende Madeleinekirche hierzu zu verwenden. Unter der Restauration wurde die Madeleine wieder zur Kirche bestimmt, doch gleicht das Äußere mehr einem griech. Tempel. (S. Taf. II, Fig. 7 u. 6.) Die Restauration vollendete zumeist nur die vom Kaiserreich begonnenen Bauten. 1816 legte Ludwig XVIII. den Grundstein zur Chapelle Expiatoire^[ergänzt, Faksimile beschnitten], 1824 begann man die Notre-Dame de Lorette, welche an die ehemaligen Basiliken erinnert, und St. Vincent de Paul, Place Lafayette. Ludwig Philipp erbaute die Ste. Clotilde, eine Nachahmung des got. Stils im 13. und 14. Jahrh. Im zweiten Kaiserreich^[ergänzt, Faksimile beschnitten] entstanden: St. Eugène, Rue St. Cécile; die^[ergänzt, Faksimile beschnitten] schöne und elegante St. Jean-Baptiste, Rue de Belleville, im got. Stile des 13. Jahrh.; St. Bernard, Rue Affre, im got. Stil des 14. Jahrh.; St. Augustin, 1860 von Baltard in byzant. Geschmack begonnen; St. Francois Xavier, Boulevard des Invalides, 1861-75, eine Nachahmung der Renaissance; St. Ambroise, 1863-69, im röm. Stil; die 1861 begonnene Renaissancekirche Trinité am Ausgang der Chaussée d'Antin. Unter der Republik wurde die von Vaudremer erbaute Notre-Dame d'Auteuil 1880 eröffnet, 1876 die Notre-Dame des Champs auf dem Boulevard Montparnasse beendet. Die 1876 nach Plänen von Abadie hoch oben auf dem Montmartre begonnene Eglise du Sacré-Coeur (Kosten 25 Mill. Frs.), ein roman.-byzant. Kuppelbau, ist 1896 noch nicht vollendet. Im J. 1896 wurde die prot. Kirche von Secours dem Kultus übergeben.

P. besitzt 21 Kirchhöfe, welche zusammen 316 ha bedecken; 9 Friedhöfe sind nur für permanente Grabstätten bestimmt. Der bedeutendste ist der Père-Lachaise (s. Lachaise) mit Gräbern und Denkmälern von Périer, Talma, Chopin, Bellini, Champollion, Macdonald, Monod, Blanqui, Masséna, Beaumarchais, Béranger, Mortier, Molière, Gay-Lussac, Laplace, Morny, Delacroix, Bizet, Musset, Arago, Thiers und vielen andern berühmten Toten. Wichtig sind auch die Friedhöfe Montmartre und Montparnasse. Anläßlich des Platzmangels werden die Gebeine zumeist nach fünf Jahren wieder ausgegraben und in den Katakomben aufgespeichert, doch hat man außerhalb der Stadtenceinte vier ungeheure Friedhöfe, zwei (St. Ouen und Pantin) für den nördlichen und zwei (Ivry und Bagneux) für den südlichen Teil, angelegt, um diesem Mißstande abzuhelfen. Seit 1889 ist ein Leichenverbrennungsofen auf dem Père-Lachaise im Betrieb.

Weltliche Bauten. Das im 3. Jahrh. durch Constantius Chlorus erbaute Palais des Thermes ist das älteste der Pariser Gebäude; Ruinen sind noch heute in den Gärten des Hôtel de Cluny sichtbar. Im Südosten der Stadt wurden 1870 die Überreste einer Arena (Arènes de la rue Monge) ausgegraben, welche eine Fläche von etwa 20000 qm bedecken. Im 14. Jahrh. und in der ersten Hälfte des 15. Jahrh. (1300-1450) wurden vor allem Festungswerke und befestigte Schlösser angelegt, z. B. die Bastille, das Louvre, Palais de la Cité (jetzt de Justice), das alte Hôtel de Ville oder Maison aux Piliers, bestimmt, das ehemalige Parloir aux Bourgeois zu ersetzen, das große und kleine Châtelet (s. d.). Von Privatbauten des 15. Jahrh. sind außer dem gotischen Hôtel de Sens (Rue du Figuier St. Paul) nur noch Bruchstücke vorhanden, z. B. das Türmchen an der Ecke der Rue Vieille du Temple und der Rue des Francs-Bourgeois, sowie die Tour de Jean sans Peur, Rue Etienne Marcel. Ferner sind zu erwähnen das Hôtel de Cluny und die Türmchen des vormaligen Hôtel Clisson, in welchem sich zum Teil die Archives nationales befinden. In die Zeit der Renaissance fallen der Ausbau des Louvre (s. d. und Taf. II, Fig. 11 u. 12) und 1564 die Erbauung der Tuilerien (s. d.). Von Privatgebäuden des 16. Jahrh. ist das durch Pierre Lescot, Bullant und Jean Goujon erbaute, mitten im Marais belegene Hotel, jetzt Musée Carnavalet und die 1572 erbaute, im Cours-la-Reine belegene Maison de François-Premier zu erwähnen. Eins der interessantesten, unter Heinrich IV. entstandenen Bauwerke bilden die auf dem Terrain des ehemaligen Palais des Tournelles 1605 aufgeführten Gebäude, welche die Place des Vosges, früher Place Royale,