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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Persien (Geschichte)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Persien (Geschichte)'

der Peloponnesische Krieg den Hauptgegner Athen. Artaxerxes II. (s. d.) Mnemon (404–358), Darius' Sohn, ein verweichlichter Orientale, hatte am Beginn seiner Regierung mit seinem energischern Bruder, dem jüngern Cyrus, zu kämpfen; als aber dieser bei Kunaxa (401) gefallen war, blieb ihm das Reich, das ihm trotz langandauernder Kämpfe mit den Lacedämoniern (399–386), trotz einer gefährlichen Erhebung der kleinasiat. Küstensatrapen (368–358) von seinen tüchtigen Feldherren und Ratgebern erhalten wurde. Wieder durch eine Palastrevolution kam nach ihm sein unechter Sohn Artaxerxes III. (s. d.) Ochus (358–338) zur Herrschaft. Er unterwarf 345 endlich Ägypten und stellte noch einmal die pers. Königsgewalt in altem Geiste her, fiel aber schließlich durch Meuchelmord. Dasselbe Schicksal hatte nach kurzer Regierung (337–336) sein Sohn Arses (Xerxes III.), dann folgte Darius III. (s. d.) Codomannus (336–330), unter dem P. dem Ansturm der Macedonier erlag. (S. Alexander der Große.)

Als nach Alexanders Tode 323 das Macedonische Reich zerfiel, herrschten über P. die Seleuciden (s. d.), die das Land aber schon gegen 240 den Parthern (s. Arsaciden) überlassen mußten. Während der parthischen Herrschast (bis 226 n. Chr.) hatte P. häufig eigene Herrscher unter parthischer Oberhoheit. Mit dem Zerfall des Parthischen Reichs erhob sich P. von neuem (226 n. Chr.) durch Ardeschir, Sassans Sohn (226–242). Er gründete die Herrschaft der Sassaniden (s. d.), das zweite große Perserreich, das dem ersten an Macht gleichkam, ihm aber an moralischer Kraft und an Dauer überlegen war. Die Sassaniden herrschten 426 Jahre. Schon Ardeschir nahm den Kampf mit Rom auf, der unter seinen Nachfolgern Schapur I. (Sapor, 242–273), Hormizd (273), Bahrâm I. (274–277), Bahrâm II. (277–294) meist mit Glück gegen die Kaiser Gordian III., Valerian, Probus fortgesetzt wurde. Erst unter Diocletian gelang es nach Galerius' Siege über den Perserkönig Narses (um 293–303), einen vorteilhaften und andauernden Frieden zu schließen, in dem P. sogar einen Teil des Landes östlich vom Tigris abtrat. Aber als Schapur II. (310–379), der nach der kurzen Regierung Hormizd's II. (303–310) als Säugling auf den Thron gekommen war, die Volljährigkeit erlangt hatte, entriß er in einem hartnäckigen Kriege (337–363) den Römern das Land wieder. Auch sonst hob und festigte er das Reich von neuem und machte in der Tatarei und Indien Eroberungen. Ohne Entscheidung wechselten nach seinem Tode Krieg und Frieden. Unter Ardeschir II. (379–384), Schapur III. (385–388) und Bahrâm IV. (388–399) blühte das Reich. Araber, Hunnen und Türken traten nacheinander für und gegen P. auf den Kampfplatz. Jesdegerd I. (399–420), ein Freund der Christen, schloß 408 Frieden und Freundschaft mit Rom. Nach ihm kam Bahrâm V. (420–439) mit Hilfe der Araber auf den Thron. Er kämpfte gegen Theodosius II. und die aus Baktrien vordringenden Epthaliten oder «weißen Hunnen». Ihm folgte 439–457 Jesdegerd II., dann Hormizd III., der aber bald durch seinen Bruder Perôz mit Hilfe der Hunnen verdrängt wurde. Perôz fiel 484 im Kampfe gegen seine alten Bundesgenossen. Sein Bruder und Nachfolger Balâsch (484–488) zeigte sich den schwierigen Verhältnissen nicht gewachsen. Äußere und innere Feinde hausten im Reiche; erst sein Neffe Kavâdh I., Perôz' Sohn (488–531), schaffte wieder Ordnung, vertrieb ↔ den von Adel und Klerus erhobenen Prätendenten Dschamâsp und nahm den Kampf gegen Ostrom (Justin I. und Justinian I.) wieder mit Glück auf.

Einen würdigen Fortsetzer seines Regiments fand er in seinem jüngsten Sohn Khosrev (s. d.) Anôscharwân (531–579), einem der bedeutendsten unter den Sassaniden. Auch er kämpfte außer mit Indern, Türken, Arabern besonders mit Ostrom. Der Krieg dauerte fort unter Hormizd IV. (579–590) und dessen Sohn Khosrev II. (s. d.) Parvêz (591–628), der das neupers. Reich auf den Gipfel seiner Macht erhob, aber am Ende seiner Regierung durch den byzant. Kaiser Heraklius das eben Eroberte rasch wieder verlor. Eine Thronrevolution stürzte ihn; sein eigener Sohn Kavâdh II. Schêroe ließ ihn hinrichten, wurde sodann aber selbst nach acht Monaten ermordet, nachdem er noch mit Heraklius einen Waffenstillstand abgeschlossen hatte. Unter beständigen innern Unruhen ging nun das Land seinem Untergange entgegen. Die Großen des Reichs erhoben nach Kavâdhs Tode dessen siebenjährigen Sohn Ardeschir III., den einer seiner Feldherren, Schahrbarâz, beseitigte (630), um selbst nach wenigen Monaten zu fallen. Weiterhin findet man unter andern zwei Frauen, Borân und Azarmiducht, an der Regierung, endlich bestieg 632 der 16jährige Jesdegerd III. (s. d.), ein Enkel Khosrevs, den Thron. Er wußte sich allgemeine Anerkennung zu verschaffen und kämpfte mannhaft gegen die unter den Chalifen Omar vordringenden Araber; aber nach Verlust der Schlachten von Kâdisije (Kadesia 636) und Nehâvend (um 642) mußte er das Land räumen und wurde um 651 ermordet. Mit ihm erlischt die Sassaniden-Dynastie. – Vgl. Nöldeke, Aufsätze zur pers. Geschichte (Lpz. 1887).

Mittlere Geschichte. Mit der Eroberung P.s durch die Chalifen verschwindet P. als solches aus der Geschichte, obgleich die hohe Blüte der pers. Litteratur beweist, daß das Nationalgefühl das Persische Reich überdauerte. Die Herrschaft der Araber (s. Chalif) dauerte bis 1258, wurde aber sehr bald rein nominell, da teils die Statthalter sich unabhängig machten, teils pers. und türk. Fürsten Provinzen an sich rissen und als selbständige Staaten beherrschten.

Unter den in P. herrschenden Dynastien sind zu bemerken im nördlichen und nordöstlichen P.:

  • 1) Das Haus der Tahiriden in Chorassan, 820–873.
  • 2) Die Dynastie der Saffariden, die jene stürzte und über Chorassan und Farsistan bis 901 herrschte.
  • 3) Die Samaniden, die sich 874 unter Ahmad, einem Enkel Samans, in der von Chorassan abhängigen Provinz Mawarânnahr erhoben. Ahmads Sohn, Ismail, stürzte die Saffariden und gelangte zu Macht und Ansehen. Sein Geschlecht erhielt sich bis 998.
  • 4) Die Ghasnewiden, die von Sebuk-Tegin, einem türk. Sklaven und Statthalter der Samaniden zu Ghasni, abstammen. Sein Sohn Mahmud (s. Mahmud von Ghasni) eroberte 999 auch Chorassan und trieb die Samaniden nach Buchara, wo sie bald durch die Turkomanen gestürzt wurden. In den folgenden Jahren machte Mahmud große Eroberungen in Indien, wo er sogar den Ganges überschritt und den reichen Tempel von Somnath, ein nationales Heiligtum der Inder an der Küste von Gudschrat, plünderte und zerstörte. In seinen letzten Lebensjahren (1028–30) wendete er seine Waffen gegen die Bujiden im Westen und nahm ihnen einen Teil des pers. Irak sowie Hamadan und Ispahan weg. Aber sein

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 1037.