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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Portugal (Geschichte)

namigen Nachfolgern in den Ruin Spaniens verwickelt und mußte zum guten Teil die Kosten von Spaniens Niederlagen tragen. Die Holländer eroberten die Molukken und einen Teil von Brasilien, auch setzten sie sich auf Guinea fest und entrissen den Portugiesen allmählich alle Besitzungen in Ostindien, mit Ausnahme der Städte Goa und Diu. Im Innern saugte die Habsucht der Spanier das Land vollends aus. So kam es am Ende zu einer Revolution, welche 1. Dez. 1640 einen Abkömmling des alten Königsstammes, den Herzog Johann von Bragança, als Johann IV. auf den portug. Thron brachte. Johanns Sohn und Nachfolger Alfons VI. (s. d.), 1656-67, ward von seinem Bruder Pedro II., 1667-1706 (Regent bis 1683), der Regierung entsetzt. Im Kriege gegen Spanien behauptete P., von England und Frankreich unterstützt, seine Unabhängigkeit, die im Frieden von Lissabon (13. Febr. 1668) anerkannt ward. Auch mit Holland wurde 1661 und 1669 unter engl. Vermittelung ein Friede geschlossen. Brasilien war den Holländern schon 1654 nach mehrjährigen blutigen Kämpfen entrissen worden; ebenso Angola und sämtliche Inseln des Atlantischen Oceans (1643-54). Die alte Größe war indessen nicht mehr herzustellen. Das Volk war tief herabgekommen, sein Thätigkeitstrieb gelähmt. Durch den Methuen-Vertrag (s. d.) mit England (1703) geriet P. ganz unter engl. Einfluß. Auch die polit. Verfassung des Landes verfiel; die Cortes wurden seit 1697 nicht mehr berufen. Auf Pedro II., welcher im Spanischen Erbfolgekrieg Ludwig XIV. und dessen Enkel Philipp bekämpfte, folgte 1706 dessen Sohn Johann V. (gest. 1750), der durch seine mönchischen Liebhabereien, namentlich den Bau des Klosters zu Mafra und die (1716) teuer erkaufte Erlaubnis, einen Patriarchen von Lissabon zu haben, die Hilfsquellen des Landes erschöpfte.

Unter seinem Sohne und Nachfolger Joseph I. (gest. 1777) wurden die Staatsgeschäfte von Pombal (s. d.) geleitet. Er suchte mit eiserner Strenge Reformen einzuführen und das Land im Sinne der aufgeklärten Despotie des 18. Jahrh. umzugestalten, bekämpfte den Adel und die Geistlichkeit, namentlich den Jesuitenorden, und benutzte 1758 das Attentat gegen den König (s. Aveiro, Dom José), den Orden aufzuheben. Auch bewies Pombal seine Energie bei dem schrecklichen Erdbeben von 1755, das Lissabon fast dem Ruin preisgab, aufs allerrühmlichste. In einem Kriege, der dadurch entstand, daß P. sich weigerte, dem bourbonischen Familienpakt gegen England beizutreten, erwehrte sich das Land 1762 unter dem Marschall Grafen Wilhelm von Schaumburg-Lippe der franz.-span. Invasion bis zum Frieden von Fontainebleau. Als Josephs älteste Tochter Maria I., die sich 1760 mit ihres Vaters Bruder, Dom Pedro III., vermählt hatte, 1777 auf dem Throne folgte, fiel Pombal und sein System; die Gewalt kam wieder an Adel und Klerus zurück. Als Maria 1789 in völlige Gemütskrankheit verfiel, wurde der Kronprinz Johann Regent. In die großen Kriege gegen Frankreich durch die alte Verbindung mit England verflochten, erlag P. der Macht Napoleons I. Dieser verlangte, daß P. dem Bunde mit England entsage, den engl. Schiffen seine Häfen verschließe und seine Flotte an Frankreich überlasse. Da Johann diesem Verlangen nicht entsprach, so schloß Napoleon mit Spanien, wo Godoy (s. d.) damals allmächtiger Minister war, den Vertrag von Fontainebleau 27. Okt. 1807, wonach das Haus Bragança entthront und P. zwischen Frankreich und Spanien geteilt werden sollte; 27. Nov. schiffte sich der Hof nach Brasilien ein, 30. Nov. erfolgte der Einmarsch Junots in Lissabon. Von Teilung war nun keine Rede mehr; Napoleon behielt das Land in seinem Besitz. Der Aufstand Spaniens gegen die franz. Gewaltherrschaft rief auch in P. einen Befreiungskrieg hervor. England schickte hierzu Truppen, Geld und Waffen. Wellingtons Siege und die 30. Aug. 1808 abgeschlossene Kapitulation von Cintra hatten die Räumung des Landes zur Folge. Rühmlich beteiligten sich die Portugiesen weiter an dem Freiheitskampfe und drangen zuletzt bis nach Südfrankreich vor (s. Französisch-Spanisch-Portugiesischer Krieg von 1807 bis 1814). Die königl. Familie blieb unterdessen in Brasilien, wo der Regent nach dem Tode der Königin Maria I. (20. März 1816) als Johann VI. den Thron bestieg und fortfuhr, das Mutterland von Rio de Janeiro aus zu regieren, während die unmittelbare Gewalt Lord Beresford (s. d.) führte. Dies alles sowie der neu angefachte öffentliche Geist in der Nation rief eine Gärung hervor, die sich seit 1817 in Brasilien wie in P. kundgab. Als dann in Spanien die Revolution begann, brach 24. Aug. 1820 auch zu Oporto der Aufstand aus. Eine oberste Junta unter Graf Ant. Silveira übernahm die Regierung und verlangte in einem Aufruf an die Nation die Berufung der Cortes und die Aufstellung eines Staatsgrundgesetzes. Schon 15. Sept. schloß sich Lissabon der Revolution an. Eine provisorische Regierung unter Bischof Freyre übernahm die Gewalt im Lande, und eine Deputation wurde nach Rio de Janeiro entsendet, um den König zu bitten, daß er nach Lissabon zurückkehren möchte. Die von der Junta einberufenen Cortes arbeiteten indessen an der neuen Konstitution, deren demokratischer Inhalt der spanischen von 1812 nicht unähnlich war. Jetzt entschloß sich der König zur Rückkehr nach P., während der Kronprinz Pedro als Regent in Brasilien zurückblieb. Als der König 3. Juli 1821 an der portug. Küste ankam, verweigerte man ihm die Landung, bis er die Grundzüge der neuen Verfassung beschworen hatte, die dann 23. Sept. 1822 vollends zu stande kam. Aber nun erst begannen die Schwierigkeiten. Brasilien, dessen Wünsche von den Cortes nicht gehört wurden, riß sich (Herbst 1822) von P. los und rief den Kronprinzen als Pedro I. zum Kaiser aus. In P. selbst regten sich die Anhänger des alten Zustandes und fanden ihre Stütze in der Königin Carlotta, Tochter Karls IV. von Spanien, und ihrem jüngern Sohne, Dom Miguel (s. d.), der sich 27. Mai 1823 an die Spitze der Unzufriedenen stellte und die Nation aufforderte, sich für das absolutistische Königtum zu erklären. Das Heer fiel ihm zu, und binnen wenigen Tagen hatte die Konterrevolution überall gesiegt. Der König erklärte nun die Verfassung für aufgehoben. Die Klöster erhielten ihre Güter zurück, die Censur ward wiederhergestellt, die Anhänger des konstitutionellen Systems verfolgt. Doch ging Johann VI. der Königin und dem Prinzen Miguel zu langsam zu Werke, und dieser versuchte daher April 1824 seinen Vater zur Thronentsagung zu zwingen. Johann entfloh jedoch 9. Mai an Bord eines brit. Linienschiffs, und durch das Einschreiten der fremden Diplomatie kam er wieder in den Besitz der Regierungsgewalt. Dom Miguel mußte ins Ausland gehen. Mit Brasilien kam 15. Nov. 1825 ein