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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Prachatitz; Prachern; Prachower Felsen; Prachteider; Prachtelfe; Prachtfinken; Praecéssor

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Praecessor – Prachtfinken

gebender massiger Ring wirkt. Befindet sich nun eine Anziehung ausübende Masse S außerhalb der Ebene dieses Ringes, so ist ihre Wirkung auf diesen derart, daß sie seine Ebene E E so zu drehen sucht, daß dieselbe in die Richtung M S fällt. In unserm Falle haben wir uns die Sonne an Stelle von S zu denken, so daß die von ihr auf den Äquatorring ausgeübte Wirkung der Erdachse eine solche Neigung zu geben bestrebt ist, daß Äquator und Ekliptik zusammenfallen. Der Umstand, daß die Erde um ihre Achse rotiert, wirkt diesem Bestreben entgegen und veranlaßt nach den Gesetzen der Mechanik die Erdachse, unter Beibehaltung ihrer Neigung, die Richtung zu ändern, so daß nach Fig. 2 der Pol P der Erdachse um den Pol E der Ekliptik einen Kreis beschreibt und dergestalt der Äquinoktialpunkt V auf der Ekliptik langsam nach Westen wandert. Die Größe der Wirkung der Sonne auf den Äquatorring hängt ab von ihrer jeweiligen Entfernung und ihrer Abweichung vom Äquator und ist daher nicht ganz gleichförmig. In noch erhöhterm Maße als die Sonne wirkt aber der Mond auf ihn ein, dessen Masse gegenüber der Sonne zwar viel unbedeutender ist, der sich dafür aber in um so größerer Nähe befindet. Der Einfluß des Mondes ist noch ungleichförmiger als der der Sonne, da seine Entfernung und Lage zum Äquator noch weit veränderlicher ist. Insbesondere bewirkt die Bewegung der Mondknoten, die eine Periode von 18,7 Jahren hat, Unregelmäßigkeiten von gleicher Periode, die sich namentlich in kleinen Schwankungen der Erdachse um ihre mittlere Lage äußern. Auch die Planeten beeinflussen die P., indem durch sie auch die Ekliptik ihre Lage im Weltraum langsam ändert.

^[Abb. Fig. 1.]

^[Abb. Fig. 2]

Die Gesamterscheinung besteht darin: der Pol des Äquators beschreibt um den Pol der Ekliptik in etwa 26000 Jahren, dem Platonischen Jahre (s. Jahr), einen Kreis von etwa 23°,5 Halbmesser; außer dieser regelmäßig weiter schreitenden Bewegung führt er aber auch noch eine zweite aus, die, wenn die erstere nicht vorhanden wäre, ihn innerhalb 18,7 Jahren eine Ellipse beschreiben lassen würde, deren Achsen 18″,4 und 13″,7 sind. Das Zusammenwirken beider Ursachen bewirkt ein Fortschreiten des Pols in der durch Fig. 2 schematisch angedeuteten Wellenlinie. Die thatsächlich auftretenden Bewegungen sind ziemlich verwickelter Natur und setzen zu ihrem Verständnis umfangreichere Kenntnisse in der Mathematik voraus. Unter dem Namen P. faßt man nun denjenigen Teil der Bewegung des Äquatorpols zusammen, der als ein mit der Zeit stetig fortschreitender angesehen werden kann, während man die dann noch übrigbleibenden periodischen Änderungen, die hauptsächlich von der Bewegung der Mondknoten veranlaßt sind, unter dem Namen Nutation vereinigt. Den von der gemeinsamen Wirkung von Sonne (Sol) und Mond (Luna) herrührenden Teil nennt man die Lunisolarpräcession; bei der Nutation unterscheidet man eine Lunar- und eine Solarnutation. Die Nutation wurde zuerst von Bradley entdeckt. Der oben angegebene Wert von 50″,2 ist die sog. mittlere P., die, da die Ekliptik selbst ihre Lage im Weltraum langsam verändert, in einem Jahrhundert um 0″,0244 wächst. Die P. hat zur Folge, daß der Nordpol der Himmelskugel, der Weltpol, langsam unter den Sternen fortrückt. Der Name des Polarsterns (s. d.) kann daher einem bestimmten Sterne nicht dauernd angehören. Die Veränderung der Lage des Weltpols bewirkt auch, daß gewisse Sternbilder zeitweilig für den Horizont einer bestimmten Breite verschwinden. So war das bekannte Südliche Kreuz (s. d.) in frühern Zeiten selbst im nördl. Europa sichtbar, während es sich setzt nur in niedrigen nördl. Breiten über den Horizont erhebt. Das Zurückweichen der Äquinoktialpunkte bewirkt auch, daß die Zeit, welche die Sonne von einem Durchgang durch den Frühlingspunkt bis zum nächstfolgenden gebraucht, um 20 Minuten 23 Sekunden kürzer ist als die Dauer eines wahren Umlaufs. Man nennt diese Zeit das tropische Jahr.

Praecéssor (lat.), Vorgänger.

Prachatitz. 1) Bezirkshauptmannschaft in Böhmen, hat 1094,91 qkm und (1890) 73289 (35267 männl., 38022 weibl.) E. in 101 Gemeinden mit 246 Ortschaften und umfaßt die Gerichtsbezirke Netolitz, P., Wallern und Winterberg. – 2) P., czech. Prachatice, Stadt und Sitz der Bezirkshauptmannschaft P. sowie eines Bezirksgerichts (322,35 qkm, 22230 E.) im Böhmerwald, an einem Zufluß der Blanitz, am Fuße des Libinberges (1089 m) und an der Linie Wodňan-P. (31 km) der Österr. Staatsbahnen, hat (1890) 4141 meist deutsche E., in Garnison das 6. böhm. Feldjägerbataillon, Reste der alten Befestigungen, enge Gassen, Häuser mit Zinnen, Fresken und Sgrafittomalereien, alte got. Kirche (14. Jahrh.), Rathaus mit Malereien, deutsches Staats-Realgymnasium, Kaltwasserheilanstalt St. Margarethen; Strumpf- und Posamentierwarenfabrikation, Stärke- und Zündholzfabrik, Fabrikation elektrotechnischer Artikel, Brauerei und Branntweinbrennerei (Prachatitzer Perlbranntwein). P. wird als Sommerfrische viel besucht.

Prachern, in der Gaunersprache soviel wie betteln; Pracherfleppe, Bettelbrief.

Prachower Felsen, s. Jičin.

Prachteider, Prachteiderente, s. Eiderente.

Prachtelfe, Vogel, s. Kolibri.

Prachtfinken (Spermestinae), eine Gruppe meist kleiner Vögel, die sich von den Edelfinken nur durch das meist prachtvolle Gefieder der Männchen unterscheiden und im tropischen Asien und Afrika sowie in Australien zu Hause sind. Man kennt etwa 200 Arten, die in zwei Gattungen verteilt sind: Amadinen (Spermestes, mit dickem Schnabel) und Astrilde (Habropyga, mit dünnem Schnabel). Sie leben in großen Schwärmen und verursachen als echte Körnerfresser in Getreide- und Reisfeldern großen Schaden. Als empfehlenswerteste Stuben- ^{folgende Seite]