Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Prag'
an Stelle der frühern, angeblich von der Fürstin Libussa begründeten, 1303 abgebrannten Burg, von Karl IV. begonnen, im
südöstl. Teil 1484–1502 von Wladlslaw II., in den übrigen Teilen meist im 16. und 17. Jahrh, von Ferdinand I., Rudolf II. und
Matthias erneuert und unter Maria Theresia 1757–75 vollendet. Seit dem J. 1848 bis zu seinem Tode wohnte Kaiser Ferdinand I.
nach seiner Verzichtleistung auf den österr. Thron mit seiner Gemahlin in der Burg. Dieselbe enthält 468 Zimmer, 108 Kabinette,
32 Vorzimmer, 103 Küchenräume, zusammen 711 Räume mit 4 Sälen, wovon der Spanische Saal (1152 qm) der größte, der
Wladislawische (68 m lang, 19 m breit, 13 m hoch, 1484–1502 erbaut, früher Turnier-, dann Huldigungssaal) der älteste ist. Aus
dem Fenster der alten Landstube ließ 23. Mai 1618 Graf Thurn die kaiserl. Statthalter Slawata (s. d.) und
Martinitz (s. d.) hinabwerfen. Nebenan ist das Theresianische Damenstift mit der got. Allerheiligenkirche und
die neue got. Dompropstei; im Schloßbezirk sind noch das alte Oberstburggrafenamt, das fürstl. Lobkowitzsche Palais und im
Schloßgarten das Belvedere, eine großartige Villa, 1536 von Kaiser Ferdinand I. für seine Gemahlin erbaut (s. Tafel:
Deutsche Kunst III, Fig. 4). Auf dem Hradschinerplatz steht das erzbischöfl. Palais, das
ehemals Toscanische Palais, jetzt dem Kaiser Franz Joseph gehörig, dann der altflorentin. Bau des Rosenbergschen (jetzt fürstl.
Schwarzenbergschen) Majoratshauses; am Loretoplatz das großartige Czerninsche Palais (jetzt Franz-Josephs-Kaserne).
Die 7 Kirchenbauten der Kleinseite gehören, mit Ausnahme des got. Teils der
Malteserkirche, dem 17. und 18. Jahrh. an, die St. Nicolauskirche (1673–1752) ist durch Größe, Reichtum und edeln Stil, die
Thomaskirche durch Altargemälde bemerkenswert. Auf dem höchsten Punkte der Kleinseite und der Stadt überhaupt, dem sog.
Laurenzberge (332 m ü. d. M., 139 m über der Moldau), die St. Laurenzkirche mit einer Kapelle des heiligen Grabes und den
Kreuzwegstationen von Führich. Unter den Adelspalästen (meist auch aus dem 17. und 18. Jahrh.) zeichnen sich aus: das gräfl.
Waldsteinsche Palais, am gleichnamigen Platz, 1621–30 von Wallenstein erbaut, mit reicher Loggia und großem Garten, das
gräfl. Thunsche und gräfl. Morzinsche Palais, das fürstl. Lobkowitzsche Palais mit Bibliothek (50000 Bände und viele seltene
Handschriften), das gräfl. Schönbornsche Palais, das gräfl. Nostitzsche Palais mit Gemäldegalerie, sowie das fürstl.
Fürstenbergsche Palais. Unter den öffentlichen Gebäuden (meist auch ehemalige Adelspaläste oder Klöster) sind zu nennen das
Landhaus und das Statthaltereigebäude, das Gebäude des Oberlandesgerichts und das Generalkommando auf dem Ring, die
Gendarmeriekaserne und das schöne (Staats-) Realgymnasium, dann der großartige Neubau der gräfl. Strakaschen
Ritterakademie und die Albrechtskaserne (1892).
In der Altstadt, welche ebenso wie die Kleinseite durch enge Gassen und hohe Gebäude
ihren alten Ursprung bekundet, der Kreuzherrenplatz mit dem schönen Kuppelbau der Kreuzherrenkirche im ital. Renaissancestil,
dem fürstl. Colloredoschen Palais und der zum Clementinum gehörenden marmorreichen Salvatorkirche; ferner auf dem neuen
Rudolfsquai das im Renaissancestil von Zitek und Schulz erbaute Künstlerhaus Rudolfinum (für Konzerte, ↔
Ausstellungen u. s. w.), sowie die gegenüberliegende staatliche Kunstgewerbeschule und die städtische Volksschule bei St.
Franz; auf dem Marienplatz die Hauptfront des 2 Kirchen, 2 Kapellen, eine ganze Häuserinsel mit 3 Thoren und 4 Türmen
umfassenden Clementinums, von den Jesuiten 1518–1715 erbaut, das jetzt das erzbischöfl. Seminar, die Universitätsbibliothek,
die naturhistor. Sammlungen und die Hörsäle der theol. und philos. Fakultäten der beiden Universitäten sowie die Sternwarte
beherbergt; das im edeln Renaissancestil gehaltene gräfl. Clam-Gallassche Palais, 1701–12 von Fischer von Erlach erbaut; auf
dem Altstädter Ring das Rathaus mit massivem Turm (1474), einer Erkerkapelle (1381) und der berühmten Kunstuhr sowie
mehrern Sälen, insbesondere dem neuen Sitzungssaal mit dem Kolossalgemälde von Brožik, Huß vor dem Konzil zu Konstanz
darstellend; auf demselben Platz das fürstl. Kinskysche Palais und die 1360 von deutschen Kaufleuten begründete, 1460 von
König Georg von Podiebrad ausgeführte Teynkirche, in der der Astronom Tycho de Brahe (gest. 1601) begraben liegt, mit
schönen Holzaltären und anderm Schnitzwerk, sowie mit den Marmorstatuen der Slawenapostel Cyrillus und Methodius, und in der
Nähe des Platzes der Kuppelbau der Niklaskirche (für den russ. Gottesdienst) und die prot. Salvatorkirche im got. Übergangsstil.
Ferner der spätgot. Prachtbau des sog. Pulverturms (1475–84) mit der Königshofer Kaserne (ehemals königl. Residenz), das
Landesgerichtsgebäude, das deutsche Landestheater, der alte Bau des Carolinums mit got. Erkerkapelle, Hörsälen für Juristen
und dem Universitätsarchiv, die neue städtische Sparkasse (1894), die Centralmarkthalle (1894 im Bau), das Schulgebäude bei
St. Egydi, die got. St. Egydikirche, die böhm. Sparkasse und am Ende des Quais die Altstädter Mühlen mit dem alten Wasserturm
und einem neuen Wasserwerk. – In der kleinen, engen Josefstadt (ehemals Judenstadt,
jetzt mehr als zur Hälfte christlich) ist unter den zahlreichen Synagogen nur die sog. Alt-Neuschule, die älteste Synagoge P.s
(12. Jahrh.), und der neue Tempel sowie der alte, seit 1780 nicht mehr benutzte Judenfriedhof bemerkenswert.
Die Neustadt, der größte Stadtteil, ist reich an monumentalen Bauten, darunter das
prächtige böhm. Nationaltheater, nach dem Brande von 1881 nach Ziteks Plänen im Renaissancestil von Schulz 1883 vollendet,
auf dem Jungmannsplatz die got. Kirche Maria-Schnee (1347), die höchste Kirche P.s; auf dem Graben, der lebhaftesten Straße,
die Landesbank (1894 im Bau), daneben das deutsche Kasino; ferner das schöne Gebäude der böhm. Hypothekenbank und die
neue Fruchtbörse, das ausgedehnte Postdirektionsgebäude und die Heinrichskirche mit dem freistehenden got. Glockenturm; die
spätgotische evang. Clemenskirche sowie die got. St. Peterskirche; im Stadtpark das Verwaltungsgebäude der Staatsbahnen, in
der Pflastergasse das der Nordbahn und in der Bredauer Gasse das der Buschtiehrader Bahn. An das Südwestende des
Grabens grenzt der 50–60 m breite, 682 m lange, elektrisch beleuchtete große Wenzelsplatz, an dessen oberm Ende der
Kuppelbau des neuen böhm. Nationalmuseums nach Plänen von Schulz, mit Bibliothek, Handschriften, histor. und naturhistor.
Sammlungen, sich erhebt; in der Nähe das neue deutsche Landestheater. Im obern (südl.) ansteigenden Teil der Neustadt
befinden sich beinahe sämtliche Heilanstalten samt den Kliniken,
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 351.