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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Puschkur - Puseyismus
30 kleinere Gedichte. Am 18. Febr. 1831 heiratete
er in Moskau. Den Sommer brachte er in Zarskoje-
Selo mit Shukowskij zu und dichtete für die ge-
meinschaftlich herausgegebene Festschrift "Auf die
Einnahme Warschaus" die Gedichte "An die Ver-
leumder Rußlands" und "Der Gedenktag von Vo-
rodino" (gedruckt Petersb. 1831; deutsch: "Aufstand
und Warschaus Fall", ebd. 1831). Bald nachher
wurde er wieder am Auswärtigen Amt angestellt
und stand von da ab in des Kaisers Gunst. 1832
-33 machte er Studien in den Staatsarchiven, die
ihn zu den Novellen "Die Hauptmannstochter"
und "Dubrowskij", sowie zu der "Geschichte des
Pugatschewschen Ausstandes" (Petersb. 1834;
deutsch Stuttg.1840) veranlaßten. Im Herbst 1836
besuchte er Orenburg und Kasan, den Schauplatz
des Aufstandes, schrieb dann in Boldino "Das
Märchen vom Fischer und dem Fischchen" und das
Gedicht "Der eherne Reiter" und legte im solgenden
Winter dem Kaiser in Petersburg die "Geschichte
des Pugatschewschen Aufstandes" vor. Er erhielt
den Rang eines Kammerjunkers und 20000 Rubel
zum Druck des Werkes. 1834 erschien die Novelle
"Piquedame". 1836 gründete er ein kritisches Jour-
nal "Der Zeitgenosse". Am 29. Jan. (10. Febr.)
1837 starb er an den Folgen eines Pistolenduells
mit dem Gesandtschaftsattache' Dantös-Heckeren. Er
wurde begraben im Swjatogorschcn Kloster in der
Nähe seines Gutes Michajtowskoje. 1880 wurde
ihm ein Denkmal in Moskau, 1884 eins in Peters-
burg, 1888 in Odessa gesetzt. Die erste Gesamtaus-
gabe in 11 Bänden erschien Petersburg 1838-41.
Die beste Ausgabe ist die von P. W. Annenkow
(7 Bde., Petersb. 1855 - 57). Die verbotenen Ge-
dichte erschienen in Berlin 1861; 2. Aufl. 1870. Von
neuesten Ausgaben ist zu erwähnen die von P. O.
Morosow besorgte (7 Bde., Petersb. 1887). Von
Übersetzungen seien genannt: "Gedichte von A. P."
(übersetzt von E. von O., Verl. 1840), "A. P.s Dich-
tungen" (übersetzt von R. Lippert, 2 Bde., Lpz. 1840),
"A. P.s Novellen" (bearbeitet von Tröbst und Sa-
binin (3 Tle., Jena 1840 - 48), "Rußlands No-
vellendichter" (übertragen von W. Wolfsohn, 3 Tle.,
Lpz., 1848-51), "A. P.s Poet. Werke" (über-
setzt von F. Vodenstedt, 3 Bde., Verl. 1854), "Dich-
tungen von P. und Lermontow" (in deutscher Über-
setzung von Andreas Ascharin, Dorpat 1877; 2. Aufl.,
Reval 1885, vorzügliche Übersetzung). In Reclams
"Nniversalbibliothek" erschienen: "Der Gefangene
im Kaukasus" (Seubert), "Onegin" (Seubert), "Die
Hauptmannstochter" (Lange), "Ausgewählte No-
vellen" (Lange), "Boris Godunow" (Fiedler).
F. Fiedler übersetzte ferner die Dramen: "Der
steinerne Gast", "Mozart und Salieri", "Der
eizige Ritter", "Der Russolka" (Lpz. 1891). - Vgl.
). Annenkow, Materialien zur Biographie A. S.
P.s (in der "Ausgabe von P.s Werken", Bd. 1);
ders., A. S. P. in der Zeit Alexanders 1.1799-1826
(Petersb. 1874); eine kürzere Biographie schrieb
Stojunin (ebd. 1881). In deutscher Sprache: A. von
Reinholdt, Geschichte der russ. Litteratur (Lpz. 1886).
Puschkur, Ort in Ostindien, s. Puschkar.
Puschlav, Landschaft und Dorf in Graubünden,
s. Poschiavo.
Puschmann, Theod., Mediziner, geb. 4. Mai
1844 zu Löwenberg in Schlesien, studierte in Berlin,
Marburg, München und Wien Medizin, bereiste
England, Frankreich und Italien und machte Stu-
dien über Geschichte der Medizin und mediz. Geo-
V
graphie, ließ sich dann in Kairo, später in München
als praktischer Arzt nieder und habilitierte sich 1878
an der Universität zu Leipzig als Privatdocent für
Geschichte der Medizin. 1879 wurde er in Wien
außerord. Professor dieses Faches, 1888 ord. Pro-
fessor. Er schrieb: "Alexander von Tralles, Original-
text und Übersetzung" (2 Bde., Wien 1878-79),
"Nachträge zu Alexander Trallianus" (Berl. 1886),
"Die Medizin in Wien während der letzten hundert
Jahre" (Wien 1884), "Geschichte des mediz. Unter-
richts von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart"
(Lpz. 1889).
Puschtu, die Sprache der Afghanen, s. Pachtu.
Pufey (spr. pjuhse), Edward Bouverie, engl.
Theolog, geb. 1800 zu Pusey bei Oxford, trat 1810
in die ()Iii-i8t (Hurcii Zcliool zu Oxford, wurde 1824
Fellow vom dortigen Oriel O0II6Z6, hielt sich 1826
-27, besonders mit dem Studium des deutschen
Rationalismus beschäftigt, in Jena, Göttingen und
Bonn auf und wurde 1828 Kanonikus des 0bri3t
(^Iiurcii O0II686 und Professor der hebr. Sprache an
der Universität Oxford, in welcher Stellung er bis
zu seinem 16. Sept. 1882 in Ascot-Priory bei Ox-
ford erfolgten Tode verblieb. 1833 schloß er sich der
von Oxford ausgehenden, auch nach ihm benannten
katholisierenden Richtung der enql. Hochkirche an,
deren Führung seit Newmans übertritt zur kath.
Kirche in seinen Händen lag. (S. Puseyismus.) Für
die berühmten "^racts lor tli61im68" schrieb er die
über das Fasten, die Taufe und die Gefahr des
Lächerlichen in der Religion; infolge feiner Be-
kämpfung des 1841 erlassenen Verbotes dieser Iractg
wurde P. 1843 auf zwei Jahre seines Predigtamtes
entsetzt. Von seinen zahlreichen Schriften seien er-
wähnt: "^.n liiätorical in^uir^ into tlis prodadik
c3.u868 ol t1i6 ra.tioiia1i8tio c^aracter Iktei^ pl6-
dominant in tiw tliLoloF^ ok (^erinan^" (2 Bde.,
Lond. 1830), "I^rocliial 86lN0ii8" (4 Bde., Oxf.
1848-82),"(^0ä'8 proliidition oltks in^rriaASnitk
3. ä6c6k86ä v?il6'8 8i8t6r" (ebd. 1849), "I'ke äoctlins
ol tk6 real pr686ne6 a8 contNineä in t^6 latkers
ok tk6 Okurow) (ebd. 1855), "^1i6 real pi'686nc6 ok
tk6 Loäy Knä Viooä ol Okri8t tiis äoctrink ol tns
UnAÜ8ii Okuroli" (ebd. 1857), "1k6 t^0iincii8 ol t^6
Olinrew) (ebd. 1878); auch gab P. seit 1839 eine
engl. Übersetzung der Kirchenväter, "^ I^idrai^ ok
tN6 53.t1i6r8 0k t1i6 Hol)" Oatliolic (^kurcii", heraus.
Puseyismus, auch Traktarianismus, Ri-
tualismus oder Anglokatholicismus, eine
dem röm. Katholicismus zugewandte Bewegung
in der engl. Staatskirche. Sie hat ihren Namen
von Professor Pusey (s. d.) in Oxford. Pusey und
Genossen entwickelten ihren Standpunkt in einer
Reihe von Schriften, genannt "^ract8 lor tk6
'Iim68" (daher die Bezeichnung Traktarianismus),
indem sie die Autorität der Tradition neben der
Bibel, die magische Kraft der Sakramente, die Heils-
notwendigkeit der bischöflichen, auf apostolischer
Nachfolge beruhenden Gewalt betonten, die im
freien Schriftgebrauch liegende Gefahr, die Kirchen-
hoheit des Staates, die Lehre von der Gerechtigkeit
aus dem Glauben bekämpften und für die Einfüh-
rung der Messe, Ohrenbeichte, der Fasttage und an-
derer kath. Riten (daher der Name Ritualismus) ein-
traten. Als sie sogar bis zur Anpreisung der Lehre
vom Fegefeuer und von den guten Werken fort-
schritten, erhob sich ein heftiger litterar. Kampf, dem
endlich der Bischof von Oxford durch das Verbot der
Fortsetzung der "irkctZ" ein Ziel setzte.