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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Pyrmont (Stadt) - Pyrometer
Pyrmont, Hauptstadt des Fürstentums P. uud
Sommerresidenz des Fürsten von Waldeck, an der
Emmer, in einem von Waldungen umgebenen Thal-
kessel, am Fuße des Bombergs und an der Linie
Hannover-Altenbeken der Preuß. Staatsbahnen,
Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Hannover)
und Kreisamtes, hat (1890) 1500 E., darunter
90 Katholiken und 66 Israeliten, Postamt erster
Klasse, Telegraph, Pferdebahn zwischen Bahnhof und
Stadt, zwei evang., je eine kath. und engl. Kirche,
Synagoge, fürstl. Schloß, Kursaal, Theater, Päda-
gogium, höhere Bürger- und Mädchenschule, Spar-
und Leihkasse, Kreditbank, Gasbeleuchtung, Wasser-
leitung und Kanalisation. P. ist berühmt durch seine
Quellen, die zum Trinken (Stahlbrunnen, Helenen-
quelle, Salzbrunnen) und Baden (Stahl-, Salz-,
Sol- und Eisenmoorbäder) benutzt werden. Die
Zahl der Kurgäste betrug (1894) 13 499. - Vgl.
Grüner, Bad P. (Arolsen 1873); Seebohm, P. und
seine Kurmittel (Berl. 1875); ders., Der Kurort P.
(2. Aufl., Pyrm. 1878); Braun, Führer durch P. und
Umgegend (ebd. 1878); Lynker, Altes und Neues
über den Kurort P. (ebd. 1880); Marcus, Der Kur-
ort P. (Berl. 1883); Schücking, Bad P. Ein Führer
für Kurgäste und Fremde (4. Aufl., Pyrm. 1892).
Pyro... (vom grch. zi^r, Feuer), ein mit der
Silbe Brenz... gleichbedeutendes Wort, mit wel-
chem man in der Chemie organische Substauzen be-
zeichnet, die durch trockne Destillation aus andern
Verbindungen entstehen.
Pyroarfensäure, s. Arsensäure.
Pyrobolik (grch.), Feuerwerkerei.
Pyrodm, s. Hydracetin.
Pyroelektricität, auch Krystallelektrici-
tät, die im Zustande der Erwärmung oder Abküh-
lung auftretende Elektrisierung mancher Krystalle.
Einige Krystalle <z. B. Turmalin, Boracit) sind
polarelektrisch, d.h. sie zeigen bei der Erwär-
mung zwei entgegengesetzte elektrische Pole, andere
(z. B. Topas, Prehnit) dagegen zwei gleichartig
elektrische Pole. Beim Abkühlen kehrt sich die Po-
larität der P. um; bei konstanter Temperatur jedoch
verschwindet die P. Mit der besonders von Rieh,
Rose und Hankel studierten P. darf man die Thermo-
elektricität (s. d.) nicht verwechseln, welch letztere es
hauptsächlich mit den durch Temperaturunterschiede
erregten elektrischen Strömen zu thun hat, während
die P. nur die ruhende polare Elektricität ge-
wisser Krystalle zum Gegenstand hat. In neuerer
Zeit hat Kundt in der Bestäubung der erwärmten
Krystalle mit Schwefel-Mennigepulver ein einfaches
Mittel gefunden, alle positiv und negativ elektri-
schen Stellen auf einmal sichtbar zu machen, da an
erstern sich das gelbe Schwefelpulver, an letztern
das rote Mennigepulver anlegt. Die Tafel: Elek-
tricität, Fig. 8 zeigt ein so bestäubtes pyroelektri-
sches Quarzplättchen. - Vgl. Voigt, Allgemeine
Theorie der pie'zo- und pyroelektrischen Erscheinun-
gen an Krystallen (Gott. 1891).
Pyrogallol, s. Pyrogallussäure.
Pyrogallölphthaletn, s. Phthaleme.
Pyrogallussäure oder Brenzgallussäure,
auch Pyrogallol, OßH^OII^, genannt, eine be-
reits im letzten Viertel des 18. Jahrh, von Scheele
beim Erhitzen der Gallussäure (s. d.) bemerkte, aber
für identisch mit letzterer gehaltene Säure. Sie
bildet sich, wenn man Gallussäure bis zu 210-
220° 0. erhitzt. Diese zerfällt dabei in Kohlensäure
und P., welche letztere sublimiert. Die sublimiertc
P. bildet blendend weiße lange Krystallblättchen
oder Nadeln, löst sich leicht in Wasser, Alkohol und
Äther und schmeckt bitter. Sie findet vielfach Ver-
wendung in der Photographie, zum Schwarzfärben
der Haare und wird arzneilich gegen Hautkrankheiten
benutzt. Mit Phthalsüureanhydrio giebt P. einen
Farbstoff, das Gallem (s. d.). Die P. löst sich in
Alkali; die alkalische Lösung absorbiert Sauerstoff
aus der Luft und färbt sich schwarz. Man benutzt
diese Eigenschaft in der Gasanalyse.
Pyrogen, aus unverwertbaren Rohölen der
Teerfabriken dargestelltes Mineralöl, das aus Car-
bolsäure, Paraffin und andern Stoffen besteht.
Pyrogeue Gesteine, s. Eruptivgesteine.
Pyrogenie (grch.), Fiebererzeugung.
Pyrogräphie (grch.), soviel wie Holzbrand-
malerei (s. Holzbrandtechnik).
Pyrokatechin, s. Vrenzkatechin.
Pyrolätrie (grch.), Feueranbetung.
?^rolitks kuinanitairs (frz., spr. piroliht
ümanitähr), s. Explosivstoffe 1, a.
Pyrolufit, Mineral, f. Braunstein.
Pyromanie (grch.), s. Brandstiftungstrieb.
Pyromantie (grch.), Weissagung aus dem
Feuer.
Pyrometer (grch.) oder Hitzemesser, zuweilen
auch Pyroskop genannt, ein Instrument, mit dem
höhere Hitzegrade, die über den Siedepunkt des Queck-
silbers weit hinausliegen, gemessen werden können.
Unter den verschiedenen Vorrichtungen, die man
hierzu ersonnen, hat das auf der Stärke der Zu-
sammenziehung eines Thoncylinders sich gründende
P. von Wedgwood l1782) ein kaum verdientes An-
sehen genossen. Andere P. beruhen auf der Aus-
dehnung eines einzelnen Metallstabes (Muschen-
broek 1750) oder der ungleichen Ausdehnung ver-
schiedener Metallstübe, wie Achsles P. Aus den
verschiedenen Schmelztemperaturen der Metalle be-
ruht das P. von Prinsep. Auf der Erhitzung der
Luft gründen sich die eine genauere Messung gestat-
tenden Luftpyrometer (z.B. von Pouillet).'Man
kann die hohen Hitzegrade auch mittels des thermo-
elektrischen Stroms, z. B. eines Platin-Eisenele-
ments, messen, wenn die eine Verbindungsstelle der
beiden genannten Metalle in die Wärmequelle ge-
taucht wird, während die beiden andern Enden auf
konstanter Temperatur erhalten und mit den End-
drähten eines elektromagnetischen Multiplikators
(Galvanometers) verknüpft werden, um durch diesen
den infolge der Temperaturunterschiede entstehenden
Strom zu messen. Da jedoch die Stärke des Stroms
den Temperaturunterschieden der Enden beider Me-
talle nicht genau proportional wächst, so mutz man
auf empirischem Wege, durch Vergleichung mit einem
Luftpyrometer, die den einzelnen Stromstärken zu-
gehörigen Temperaturen ermitteln. Zu den thermo-
elektrischen P. gehören die von Pouillet, Becquerel
u. a. Das von Siemens konstruierte P. beruht
darauf, daß der elektrische Widerstand eines Platin-
drahtes nach einem bestimmten Gesetze mit seiner
Erhitzung zunimmt.
Man kann hohe Hitzegrade auch dadurch be-
stimmen, daß man einen bei der betreffenden Tem-
peratur nicht schmelzenden Körper (z. B. Platin-
kugel) diese Temperatur annehmen läßt und ihn
dann in ein Wasscrkalorimeter bringt; aus der Zu-
nahme der Wassertemperatur läßt sich dann die ge-
suchte Temperatur berechnen. Ist diese 1, die speci-
fische Wärme des benutzten Körpers 8, ? sein Ge-