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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Regen (meteorologisch)

Die von den meteorolog. Instituten veranlaßten Aufzeichnungen über den R. bezwecken Feststellung der Menge, Dauer und Häufigkeit der Regenfälle. Zur Bestimmung der Regenmenge bedient man sich besonderer zweckmäßig konstruierter Regenmesser (s. d.) oder Hyetometer, wenn auch zur Messung starker R. jedes beliebige Gefäß verwendet werden kann. Gewöhnlich pflegt man die im Laufe eines Zeitraums gefallene Regenmenge durch die Höhe anzugeben, welche dieselbe bei Ausbreitung auf einer horizontalen ebenen Fläche gehabt haben würde. Man nennt diese Zahl kurz Regenhöhe (s. d.). Aus den täglichen Regenhöhen bildet man Dekaden-, Monats- und Jahressummen. Aus den für gleiche Abschnitte der Jahresperiode in verschiedenen Jahren gefundenen Werten leitet man vieljährige Mittel ab, die alsdann um so mehr die normalen Regenhöhen darstellen werden, je mehr Jahre zu ihrer Ableitung verwendet werden konnten. Die Abweichungen der Einzelwerte von den Normalwerten geben ein Maß für die bedeutende Unregelmäßigkeit im Auftreten der Regenerscheinungen. Man pflegt die mittlere Abweichung als die Veränderlichkeit des R. zu bezeichnen, die dann oft in Prozenten des betroffenen Normalwertes ausgedrückt wird. Zur Bestimmung der Dauer eines Regenfalles, d. h. des Zeitraums, währenddessen ununterbrochen, wenn auch mit verschiedener Stärke, R. fällt, sind passend konstruierte Registrierinstrumente nötig. Solche sind jedoch nur kurze Zeit und in geringer Zahl in praktischem Gebrauch, so daß über die Regendauer recht wenig bekannt ist. Die Häufigkeit der R. wird am einfachsten durch die Zahl der Tage mit R. in einem Zeitraum, meist Monat und Jahr, ausgedrückt. Schwierigkeit macht die Definition eines Regentags. Eigentlich sollte jeder Tag, an dem deutlich und sicher R. gefallen ist, als solcher gezählt werden. Da aber hierbei die Aufmerksamkeit der Beobachter von großem Einfluß ist, pflegt man als Regentag einen solchen zu bezeichnen, an dem der Regenmesser mindestens 0,1 mm oder 0,2 mm (Preußen) oder noch mehr Regenhöhe ergiebt. Die Angabe der Zahl der Regentage in den Monaten ist wegen der verschiedenen Länge dieser Zeiträume bedenklich. 14 Regentage im Januar haben ganz andere Bedeutung als 14 im Februar. Man pflegt deshalb die Zahl der Regentage durch die Zahl der Monatstage zu dividieren und nennt die Quotienten Regenwahrscheinlichkeit. Die in irgend einem Zeitraum fallende Regenmenge bezeichnet man als die Ergiebigkeit des R. (Regenergiebigkeit). Für die Ergiebigkeit in der Zeiteinheit (meistens 1 Tag) wird vielfach der Ausdruck Regendichte angewendet. Die Erörterung der Gesetze des Regenfalles, seiner Abhängigkeit von der geogr. Lage und von der Zeit (s. Regenverteilung), gehört zu den schwierigsten und wichtigsten Problemen der Meteorologie. Von Tagesmengen des R. sind Fälle konstatiert, die auf der ganzen Fläche des Königreichs Sachsen pro Quadratmeter 70 l Wasser lieferten und wo an einzelnen Stellen 200 l und mehr im Lauf von 24 Stunden gefallen sind. Fälle von 60 mm Regenhöhe kommen in Mitteleuropa nicht selten vor. Besonders bemerkenswert waren die Regenfälle in der Schweiz vom 17. Sept. bis 6. Okt. 1868. Der Bernhardin hatte als größte Tagesmenge 254 mm; in 16 Tagen fielen zusammen 1620 mm, an 7 Tagen je mehr als 100 mm, an 2 Tagen je mehr als 200 mm. So groß diese Zahlen sind, so erscheinen sie geringfügig gegenüber den Mengen in Tscharapundschi. Die größte Tagesmenge war hier 1036 mm. In 9 Tagen fielen zusammen 3260 mm, in einem andern Fall sogar in 5 Tagen nahezu 3 m. Von besonderer Wichtigkeit namentlich für das Bauwesen ist die Ergiebigkeit des R. in sehr kleinen Zeiträumen, einer Stunde oder Bruchteilen derselben. Wie bedeutend dieselben sein können, ersieht man aus einer Mitteilung des Schiffslieutenants Sobierzky zu Pola, wonach ein Regenfall auf St. Kitts während zwei Stunden 280 Menschenleben vernichtete und etwa 800 mm, d. h. 800 l pro Quadratmeter, Wasser niedergesandt hat.

Die Regenfälle haben eine tägliche und eine jährliche Periode sowohl in Bezug auf die Menge als die Häufigkeit. Über den Verlauf der täglichen Periode wissen wir nicht viel Bestimmtes. Sicher scheint zu sein, daß im Lauf eines Tages die Menge und Häufigkeit des R. zwei, vielleicht sogar drei Maxima und dementsprechend auch 3 Minima haben. Fast überall wird das Hauptmaximum der Menge auf die späten Nachmittagsstunden fallen, während die geringste Menge auf die ersten Morgenstunden kommt. Man kann mit Sicherheit annehmen, daß das Auftreten der Regenfälle hauptsächlich von deren Natur bedingt ist. Gewitterregen werden vorwiegend nachmittags eintreten, während bei andern Vorgängen eher eine Verstärkung des R. zur Nachtzeit denkbar ist. Über die Gesetze der jährlichen Periode s. Regenverteilung.

Vielfach ist die Frage nach dem Einfluß des Mondes und der Sonnenflecken aufgetreten. Der Mond kann nur durch seine Anziehung wirken und diese ändert sich mit seiner Entfernung von der Erde. Dann tritt eine Änderung in den Attraktionsverhältnissen durch den Wechsel in der Stellung der Sonne zu dem Monde ein, durch den ja die Unterschiede in der Fluthöhe des Meers bedingt werden. Diese Unterschiede lassen sich derart kurz ausdrücken, daß zur Zeit des Vollmondes und Neumondes die von Sonne und Mond bewirkte Anziehung Maximalwerte, in der Zwischenzeit aber Minimalwerte hat. Das müßte also periodische Erscheinungen bewirken, von denen man (nach Falb) erwarten könnte, daß sie aus Perioden von etwa 11,5 Stunden, etwa 15 Tagen, etwa 27 resp. 29 Tagen, aber auch 9 Jahren, 18 Jahren u. s. w. Dauer kombiniert sind. Das wird eine ganz komplizierte Kurve darstellen und die Gesetze des Mondeinflusses könnten eigentlich streng nur durch Analyse stündlicher, über lange Jahre sich erstreckender Beobachtungen hergeleitet werden. Man hat sich begnügt, den Einfluß der Hauptfaktoren zu untersuchen. Danach müssen gewisse kleine Einflüsse als festgestellt betrachtet werden, aber sie sind so klein, daß man ihnen weitgehende Einwirkung auf das Wetter und namentlich die Regenfälle nicht zuschreiben kann. Es soll so zur Zeit der größern Entfernung des Mondes der R. seltener sein als bei seiner größten Nähe. Was den Einfluß der Mondphasen auf die Regenmenge betrifft, so ergaben Beobachtungen in Paris und Karlsruhe, daß zwischen erstem Viertel und Vollmond die tägliche Regenmenge am größten, kurz vor Neumond am kleinsten ist. Was aber für Unterschiede in Betracht kommen, lehrt eine eingehende Bearbeitung der Regenbeobachtungen, angestellt an 22 Stationen des Königreichs Sachsen 27 Jahre lang. Danach fällt pro Tag durchschnittlich im Bereich des ganzen Landes 1,93 mm R. Diese Menge ist zur Neumondszeit am kleinsten,