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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Rhätikon - Rhein (Strom)

wenig mehr als den Sprengel des Bistums Chur, der zu Alamannien gehörte. - Vgl. Planta, Das alte R. (Berl. 1872).

Rhätĭkon, das Anfangsglied der nördl. Kalkalpen im Osten des Rheins, s. Ostalpen (Bd. 12, S. 697 a).

Rhätische Alpen, s. Ostalpen (Bd. 12, S. 694 a).

Rhätoromanisch, auch einfach Rhätisch, oder Romanisch oder Ladinisch, selten Churwelsch, dasjenige Idiom der Romanischen Sprachen (s. d.), welches in geringer Ausdehnung gegenwärtig noch in Teilen Graubündens, in Tirol und in Friaul gesprochen wird. Man unterscheidet zwischen bündnerisch oder westrhätisch, tirolisch oder mittelrhätisch, friaulisch oder ostrhätisch. In Graubünden selbst heißt die Sprache Rumontsch (lat. romanice) oder Ladin und zwar wird das erstere in den Thälern des obern Rheins im Gebiete des Grauen und Gotteshausbundes gesprochen und spaltet sich in die Unterdialekte: R. ob dem Wald, R. unter dem Wald und Bergünisch. Das Ladin gehört dem obern Innthal oder dem Engadin an und zerfällt in das Oberengadinische und Unterengadinische, wozu noch die Mundart des Münsterthals kommt. Der Dialekt des Oberhalbstein steht zwischen Rumontsch und Ladinisch. In Graubünden zählt man noch 40000 Romanen, in Tirol (Grödener, Enneberger, Badioten u. s. w.) gegen 11000, in Friaul 464000 rhätisch Sprechende. Eine eigentliche Litteratur besitzt das R. nicht, wenn auch in den verschiedenen Dialekten einige hundert Bücher gedruckt sind. Das erste gedruckte Buch (in Ladin) war eine Übersetzung des Katechismus durch Bifrun von 1552. Neuerdings wurde manches aus Handschriften in Privatbesitz herausgegeben. Aus dem 16. Jahrh. sind einige histor. Lieder sowie dramat. Kompositionen erhalten. Das meiste ist religiösen und didaktischen Inhalts. Grammatiken lieferten Conradi (Zür. 1820), Carisch (Chur 1852), Pallioppi (Orthographie und Orthoepie, ebd. 1857) u. a.; Wörterbücher Conradi (2 Tle., Zür. 1823-28), Carisch (Chur 1852; neue Ausg., ebd. 1887), Carigiet (Bonn 1882) und Pallioppi (1894). Die wissenschaftliche Forschung über das R. wurde von G. I.^[Graziadio Isaia] Ascoli begründet im "Archivio glottologico italiano" (I, 1873, und VII, 1883) und durch Gärtners gründliche "Rhätoroman. Grammatik" (Heilbr. 1883). Beiträge zur Kunde des tirol. Romanisch lieferten Schneller, Die roman. Volksmundarten in Tirol (Gera 1870); Alton, Die ladinischen Idiome (Innsbr. 1879); Gartner, Die Gredner Mundart (Linz 1879); ders., Die judicarische Mundart (Wien 1882). Die rhätoroman. Litteratur beschrieb F. Rausch, Geschichte der Litteratur des rhätoroman. Volks (Frankf. a. M. 1870). Eine Bibliographie derselben, soweit sie in seinem Besitz sich befand, stellte E. Böhmer (in den "Roman. Studien", Bd. 6, Bonn 1885) auf.

Rhauder-Fehnkanal, Ost- und West-, s. Tabelle und Karte zum Artikel Fehn- und Moorkolonien (Bd. 6, S. 629 fg.).

Rhazes, eigentlich Mohammed Abû Bekr ibn Zakarijja al-Râzi (im Mittelalter auch Abubater, Albubeter, Bubikir), einer der berühmtesten arab. Ärzte, geb. um die Mitte des 9. Jahrh. in Raj in der pers. Provinz Chorassan. Er wirkte als Arzt an den Hospitälern zu Raj und Bagdad, später auch als Lehrer und Leibarzt des Chalifen Moktadir-Billâh und starb, des Augenlichts beraubt, um 923 oder 932. Sein Hauptwerk, welches in 30 Büchern die ganze Medizin und Chirurgie umfaßt, heißt "El-Hâwî fi’l Tibb", d. i. "Das Umfassende in der Medizin" (lat. Übersetzung, Brescia 1486; Vened. 1500 u. ö.). Berühmt war auch sein dem Fürsten Al-Manßur gewidmetes Werk (lat. Übersetzung: "Ad Almansorem libri X", Mail. 1481; Vened. 1510 u. ö.). Seine Abhandlung über die Pocken und Masern (arabisch-lateinisch hg. von Channing, Lond. 1766) zählt zu den wichtigsten Denkmälern der arab. Medizin und ist von W. A. Greenhill (ebd. 1848) ins Englische übersetzt worden. Auch an der Alchimie hat sich R. beteiligt.

Rhäzüns, Kreis im Bezirk Im Boden des schweiz. Kantons Graubünden. Das Dorf R. hat 488 kath. E.

Rhé, franz. Insel, s. Ré.

Rhea, Vogel, s. Nandu.

Rhea, einer der Saturnmonde.

Rhea (Rheia), eine hauptsächlich auf dem Idagebirge in der Troas und auf Kreta als Mutter des Zeus verehrte Naturgottheit, als deren erste Priester die Kureten und idäischen Daktylen galten. Ihrem Wesen nach entspricht sie der kleinasiat. Göttermutter Kybele und ist daher frühzeitig in den meisten Gegenden Griechenlands dieser gleichgestellt worden. In der Hesiodischen Theogonie erscheint sie als Tochter des Uranos und der Gaia, Schwester von Okeanos, Themis, Mnemosyne, Phoibe, Tethys u. s. w., sowie ihres Gemahls Kronos, also dem Göttergeschlecht der Titanen angehörig. Die spätere sog. Orphische Mystik hat sie zur Tochter des Protogonos (des Erstgeborenen) gemacht.

Rheahanf, soviel wie Chinagras (s. d.).

Rhea Silvia, Mutter des Romulus und Remus, s. Rea Silvia.

Rheda in Westfalen, Stadt im Kreis Wiedenbrück des preuß. Reg.-Bez. Minden, links an der obern Ems, an der Linie Hannover-Dortmund und der Nebenlinie Münster-Lippstadt der Preuß. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Bielefeld), hat (1890) 2993 E., darunter 1240 Katholiken und 80 Israeliten, Post zweiter Klasse, Telegraph, evang. und kath. Kirche, Stamm- und Residenzschloß des Fürsten von Bentheim-Tecklenburg-Rheda; Gerberei, Fabrikation von Wurst, Cigarren und Kleineisenwaren, bedeutende Brennerei und Viehzucht (Schweine).

Rhede (Reede), s. Hafen.

Rhede-Bellingwolder Kanal, s. Karte und Tabelle zum Artikel Fehn- und Moorkolonien (Bd. 6, S. 629 fg.).

Rheder, Rhederei, s. Reeder, Reederei.

Rhegĭum, s. Reggio di Calabria.

Rhehe, Pferdekrankheit, s. Rehe.

Rheia, Gottheit, s. Rhea.

Rheĭdae, amerik. Straußarten, s. Nandu.

Rheiderland, Marschland links von der untern Ems und am Südostufer des Dollart, das jetzige Amt Weener im Kreis Leer des preuß. Reg.-Bez. Aurich. Hauptort des R. ist der Flecken Weener.

Rheidt, Stadt, s. Rheydt.

Rheims, franz. Stadt, s. Reims.

Rhein (lat. Rhenus, ladinisch Rin, frz. Rhin, holländ. Rhyn oder Rijn), der größte Fluß Deutschlands, einer der größten Europas. Sein Stromgebiet, nur von Wolga, Donau, Dnjepr, Don, Dwina, Petschora und Ural übertroffen, beträgt 224400 qkm, davon 132590 auf deutschem Gebiet, seine Länge von Reichenau bis zur Nordsee (davon auf deutschem Gebiet 694), in der Luft-^[folgende Seite]