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Rheinbahn - Rheinbund
Knabenkonvikt, höhere Mädchenschule, Privatsana-
torium, Kloster mit Krankenpflegerinnen; eine An-
stalt für Herstellung von Reliefkarten; Gerbereien,
Steingutfabriken, Dampfsäge- und Lohmühlen und
in der Umgegend Eisenerzlager. 3 Km südöstlich auf
einem Basaltberge (Tomberg) die Ruinen der 1740
zerstörten Tom bürg (ursprünglich Tonaburg),
950-1156 Sitz der Pfalzgrafen bei Rhein.
Nheinbahn, s. Hessische Ludwigs-Asenbahn und
Nassauische Eisenbahn.
Rheinbayern, soviel wie Rheinpfalz (s. d.).
Rheinberg, Stadt im Kreis Mors des preuß.
Reg.-Vez. Düsseldorf, 1'/2 Km vom Rhein, mit dem
es durch einen schiffbaren Kanal verbunden ift, Sitz
eines Amtsgerichts (Landgericht Cleve), hat (1890)
2475 E., darunter 235 Evangelische und 29 Israe-
liten, Post, Telegraph, kath. und evang. Kirche,
schönes Rathaus (1449); Ackerbau, Seidenweberei
und Liqueurfabrikation. - N. war eine sehr starke
Festung, welche 1703 von den Preußen genommen
und geschleift wurde.
Rheinberger, Ios., Musiker, geb. 17. März
1839 in Vaduz im Fürstentum Liechtenstein, war
Schüler des Münchener Konservatoriums, an dem
er seit 1855 Klavier, dann auch Kontrapunkt und
später Komposition lehrte. Er wurde 1877 dort
Hofkapellmeister und als solcher Dirigent der königl.
Vokalkapelle. R. ist ein gesuchter, der klassischen
Schule anhängender Kompositionslehrcr. Seine
zahlreichen Kompositionen umfassen Stücke für Kla-
vier, Orgel, Streichinstrumente, Lieder, Chöre,
Chorballaden und andere Sätze mit Begleitung,
das sinfonische Tongemälde "Wallenstcin", die flo-
rentin. Sinfonie, ein Requiem, eine doppelchörige
dem Papst Leo XIII. gewidmete Messe, Opern
("Türmers Töchterlein", "Die sieben Raben"), die
Chorwerke "Das Thal des Espingo" und "Witte-
kind", die Legende "Christophorus", die Rhcinsage
"Montfort", das Weihnachtsoratorium "Der Stern
von Bethlehem" u. a.
Rheinberger Kanal, die unterste, 3,3 Km
lange Strecke eines alten, 9 kni oberhalb Wesel ein-
mündenden Rheinarms, mit geringem Verkehr von
und nach dem linksrhein. Städtchen Rheinberg.
Rheinbund von 1658, s. Rheinische Allianz.
Rheinbund von 1806, ein Bund deutscher
Fürsten unter dem Protektorat Napoleons I. Nach
dem Frieden zu Prehburg (s. d.) 26. Dez. 1805 kam
es Napoleon darauf an, die mit ihm verbündeten
süddeutschen Höfe für immer durch starke Fesseln an
Frankreich zu ketten, in ihnen ein dauerndes Gegen-
gewicht gegen Preußen und Österreich herzustellen.
Bayern, Württemberg, Baden, Nassau, Darmstadt,
durch den Reichsdeputationshauptschluß (s. d.) an
Ländergebiet um das Doppelte vergrößert, sahen
sich in ihrem neuen Besitz nur durch engen Anschluß
an Frankreich gesichert. Willenlos hatten sie icdem
Verlangen Napoleons nachzukommen, zumal da die
franz. Truppen noch immer in Süddeutschland ver-
sammelt waren, um Preußen und Osterreich in
Schach zu halten. Ohne auf irgend welche Verhand-
lungen einzugehen, ließ Napoleon im Juli 1806 den
Gesandten der Südstaaten in Paris die Akte zur
Gründung eines R. vorlegen. Unweigerlich muhte
die Annahme erfolaen. Sechzehn deutsche Für-
sten (die Könige von Bayern und Württemberg, der
Kurerzkanzler von Dalberg, der Kurfürst von Baden,
der herzog von Berg, der Landgraf von Hessen-
Darmstadt, die Fürsten von Nassau-Usingen, Nassau-
Weilburg, Hohenzollern-Hcchingen, Hohenzollern-
Sigmaringen, Salm-Salm und Salm-Kyrburg, der
.herzog von Arenberg, die Fürsten von Isenlmrg-
Birftein und von Liechtenstein und der Graf von und
zu der Leyen) traten als Vasallen zu Frankreich und
sagten sich förmlich vom Reiche los. Außer dem
.herzog von Berg waren sie alle Glieder des alten
Reichs gewesen und den Satzungen desselben eidlich
verpflichtet. Für ihre Lossagung vom Reiche schütz-
ten sie die Mängel der deutschen Reichsverfassung
vor und luden auch die übrigen Reichsstände ein^
der neuen Allianz der "verbündeten rhein. Staaten"
beizutreten. Die Rheinbundsakte (Akte der "<^on-
leäeration äu Nliin"), vom 12. Juli aus Paris da-
tiert, war angeblich am 17. gemeinsam von den Ge-
sandten unterzeichnet worden. Am 1. Aug. wurde
sie dem Reichstage mitgeteilt. An demselben Tage
gab der franz. Gesandte in Negensburg die Erklä-
rung ab, daß sein Kaiser ein Deutsches Reich nicht
mehr anerkennen werde, worauf Kaiser Franz II.
6. Aug. seine Würde als Oberhaupt des Reichs nie-
derlegte und den Titel Kaiser von Osterreich annahm.
Um die neuen Bundesgenossen noch enger mit sich
zu verknüpfen und sich zu verpflichten, gab ihnen
Napoleon die benachbarten kleinen Territorien preis;
der Kurfürst von Baden, der Herzog von Veig, der
Landgraf von Hesfen-Darmstadt erhielten den groh-
herzogl. Titel mit königl. Rechten und Vorzügen, der
Kurerzkanzler empfing den Titel als Fürst-Primas,
Nassau-Usingen die herzogliche, der Graf von der
Leyen, Dalbergs Neffe, die fürstl. Würde. Und weiter
traten die Wittelsbacher und die Zähringer, später
auch die Württemberger durch Heiraten in nächste ver-
wandtschaftliche Beziehung zu der Familie Vona-
parte: das Herzogtum Clcve-Verg wurde sogar
dem Schwager Napoleons, Joachim Murat, unier-
stellt (seit 15. März 1806), und des Kaisers Oheim,
Kardinal Fesch, wurde durch Dalberg zum Koad-
jutor und Nachfolger als deutscher Erzkanzler er-
nannt (Mai 1806). Napoleon selbst machte sich
zum Protektor des Bundes und gewann dadurch
eine bedeutende Macht über die deutschen Fürsten.
Zur Beratschlagung über die gemeinschaftlichen
Angelegenheiten der Verbündeten follte zu Frank-
furt a. M. eine Bundesversammlung in zwei Kolle-
gien zusammentreten; sie ist aber niemals zusammen-
berusen worden. Für Napoleon bildete die Haupt-
sache die Bestimmung, daß die Kriege der einzelnen
Staaten, d.h. vornehmlich die Kriege Frankreichs als
ihnen allen gemeinsam gelten, und daß die Rhein-
bundsfürsten insgesamt 63 000 Mann aufstellen soll-
ten. So konnte auch gegen England, in Spanien und
in Italien die militär. Kraft dieser Staaten ausge-
nutzt werden. Zusammen mit den Kontingenten des
linken Rheinufers, das durch die Friedensschlüsse von
Basel, Campo-Formio und Luneville an Frankreich
gekommen war, verfügte Vonaparte nunmehr jeder-
zeit über 150000 Mann deutscher Truppen. Die
kleinen weltlichen Herren des deutschen Südens und
Westens, die sich dem R. nicht angeschlossen hatten,
wurden zu Gunsten ihrer vom Reiche abgefallenen
Standesgenossen mediatisiert, und so sielen jetzt die
Besitzungen der Reichsgrafen, der Reichsritter, der
kleinen weltlichen Neichsfürsten sowie die Besitzungen
der Johanniter und des Deutschen Ordens den Va-
sallen des franz. Kaisers anheim. Die Fürsten von
Oranien-Fulda, Hohcnlohe, Schwarzenberg, Löwen-
stein, Leiningen, Thurn und Taxis, Salm-Reiffer-
scheidt, Wied-Neuwied und Wicd-Nunkel, Ottingen,.