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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Rostoptschin
Blücher (von Echadow, 1819) die bedeutendsten.
An letzterm liegt das Palais, das 1270 gestiftete
frühere Cistercienserinnen-, jetzt evang. Jungfrauen-
tloster zum heiligen Kreuz und die 1867 - 69 in
norddeutschem Backstein - Renaissancestil erbauten
Universitätsgebäude. Hervorzuheben sind noch das
Postgebüude'(1879-81), Ständehaus (1889-93),
'das Denkmal des Afrikareisenden Dr. Paul Pogge
an der Wallpromenade, 19. Sept. 1885 enthüllt,
und die Universitätsinstitute. Ferner hat die Stadt
ein Gymnasium, Realgymnasium, eine böbere
Bürger-, Navigationsschule, Taubstummenschule,
Irrenheil- und Pflegeanstalt, ein Krankenhaus und
mehrere Stiftungen.
Die Universität wurde 1419 von den .ver-
zögen Iobann 1U. und Albrecht V. in Gemeinschaft
mit der Stadt gestiftet, mit Ausnahme der tbcol.
Fakultät, die 1431 hinzukam, und ist nach Heidel-
berg und Leipzig die älteste der deutschen Hoch-
schulen. 1437 siedelte sie wegen des über R. vom
Baseler Konzil verhängten Kirchenbanns nach
Greifswald über; 1443 kehrte sie von dort zurück.
Von 1487 bis 1488 war sie wegen der Domfebde
in Lübeck. Ihre Blütezeit fällt in dao Ende dev 16.
und Anfang des 17.Jahrh. Mißhelligkeitcn zwischen
Herzog Friedrich und der Stadt R. bewirkten 1760
die Verlegung des herzogl. Anteils nach Vützow,
während der städtische in R. verblieb. Beide wur-
den 1788 wieder vereinigt, doch gab die Stadt ibr
Kompatronat erst 1827 auf. Kanzler der Universität
ist als Rechtsnachfolger der Schweriner Bischöfe der
Großherzog von Mecklenburg-Schwerin. Die Zahl
der Docenten betrug (1894 - 95) 41, der Studie-
renden 420. Die Universitätsbibliothek enthält
300000 Bände.
DieI nd u st ri e istziemlich beträchtlich; es bestehen
Eisengießereien, Maschinenfabriken, die Schiffs-
werft und Maschinenfabrik Neptun (Aktiengesell-
schaft), Gerbereien, Färbereien, Fabriken für Echo-
kolade, Zucker, Watte, Chemikalien, Dachpappe und
Wagenfett, Brauereieu, Brennereien, Molkereien,
Tischlereien und Eteinschleifereien. Der Hafen, den
dün. Inseln gegenüber, gewährt den Schiffen fast
stets eisfreie Einfahrt; jährlich laufen etwa 1700
Schisse ein und aus. Dampferverbindung bestcbt
mit Nyköping auf Falster, Lübeck und Stralsund.
Die Haupteinfuhrartikel sind Kohlen, Bauholz,
Petroleum, Eisen, Kolonialwaren und Heringe, die
Ausfuhr, früher besonders Getreide, hat sehr an
Bedeutung verloren. Die Handelsflotte der Stadt
zählt (1894) 153 Schisse mit 68475 Registertons.
Der Handel wird gefördert durch die Korporation
der Kaufmannschaft und den Allgemeinen mccklenb.
Handelsverein. Die Rostocker Bank, 1850 gegrün-
det, hat ein Aktienkapital von 5 Mill. M., in 10 000
Aktien auf Namen 5 500 M. geteilt. Diese standen
Ende 1893: 68,75, Ende 1894: 99,75 Proz. Die
Dividende betrug 1893/94 6 Proz. Beginn des Ge-
schäftsjahres 1. März.
Geschichte. Ein wendisches N. am Ostufcr der
Warnow wurde 1161 von den Dänen zerstört. Um
1170 wurde es von dem christl. Obotritenfürsten
Pribislaw wiederhergestellt und gleichzeitig auf den
Hügeln am linken Warnowufer ein deutscher Ort,
die jetzige Altstadt, gegründet, dem Heinrich Vurwy 1.
1218 Stadtgercchtigkeit verlieh. Seit der Landes-
teilung von 1237 war die rasch angewachsene Stadt
Hauptstadt und Residenz der "Herren von R.",
deren letzter 13M die dän. Oberhoheit anerkennen
mußte. R. kam 1323 an Mecklenburg, gehörte 1352
-1471 den schwerin. Herzögen, in den folgenden
Lande^teilungen (1555, 1621) den beiden regieren-
den Linien zu Schwerin und Güstrow gemeinsam,
nach Erlöschen des letztern (1695) erstern allein.
Von 1702 bis 1719 und 1748 bis 1755 war R.
Residenz der regierenden Herzöge. Die Stadt war
Mitglied der Hansa bis 1630 und stand unter den
Ostseestädten an Macht nur hinter Lübeck zurück.
Seit dem Ende des 15. Jahrh, war sie mit den
Landesherren in ständigein Streit, der erst 1788
dnrch einen Erbvcrgleich mit dem Herzog Friedrich
^vranz beigelegt wurde. Auch danach besaß die
Stadt noch eine Menge polit. Vorrechte. Sie hatte
bis 1879 eigene Nieder- und Obergerichtsbarkeit,
eine ziemlich ausgedehnte Gesetzgebuugs- und un-
abhängige Polizeigewalt, freie innere Verwaltung
mit der Befugnis, Auslagen für städtische Bedürf-
nisse zu veranstalten, Münzrecht und eigene Handels-
flagge (blau-weiß-rot), auch das Stapelrecht für
Ausfuhr zur See. In der ständischen Verfassung
Mecklenburgs bildet R. einen eigenen Stand; einer
der dn-i Bürgermeister ist Mitglied des Direkto-
riums auf den Landtagen sowie des Engern (per-
manenten) Ausschusses der Stände. Der Grund-
besitz der Stadt hildct mit einigen benachbarten Rit-
tergütern den Rostocker Distritt (270 cikm). Dazu
gehört auch der Fleckeu Warnemünde (s. d.). -
Vgl. Reinbold, Chronik der Stadt R. (Rost. 1836)-
Krabbe, Die Universität N. im 15. und 16. Jahrh.
<2 Bde., ebd. 1851); Herrlich, Geschichte der Stadt
R. bic- 1300 (ebd. 1873); Hölschcr, Urkundliche Ge-
schichte der Friedrichs-Universität zu Bützow (in den
"Mecklenb. Jahrbüchern", Bd. 50,1885); Echirr-
macher, Johann Albrecht I., Herzog von Mecklen-
burg (2 Tle., Wismar 1885); Koppmann, Geschichte
der Stadt R. (Tl. 1, Rost. 1887); Die Matrikel der
Universität R. (Bd. 1 u. 2, hg. von Hofmeister, ebd.
1889-93); H. von Stein, Friedrich Franz II. und
die Universität R. (ebd. 1891).
Rostöptschin, im Russischen auch Rastop-
tschin, FedorWassiljewitsch, Graf, Generalgouver-
neur von Moskau im Kriegsjahre 1812, geb.
23. März 1765 im Gouvernement Orel, wurde
unter Kaiser Paul kurz nacheinander 1796 zum Ge-
neral, Oberhofmarschall, Generalpostdirektor und
Minister des Äußern und 1799 in den Grafen-
stand erhoben, siel aber im Jan. 1801 in Ungnade.
Unter Alexander I. trat R. 1810 wieder in Dienst
und erhielt im Mai 1812 den Posten eines General-
gouvcrneurs von Moskau. Ob er die Verbren-
nung der Stadt zur Vertreibung der Franzosen
planmäßig angeordnet, ist lange Zeit eine Streit-
frage gewesen; er selbst leugnete dies bestimmt in
seiner Schrift "Vßrite 8ur I'incenäis äs No8cou"
(Par. 1823), während die Gegenschrift von Sur-
rugues "I^6tti-63 8ur i'incenäiL ä6 N08cou" (ebd.
1823) R.s Beteiligung nachzuweisen suchte. Indes
bleibt gewiß, daß er die Fortschaffung der Feuer-
spritzen, die Entfernung der militärisch organisier-
ten Feuerwebr und das Dffnen der Gefängnisfe be-
fohlen, auch Anstalten zur Vernichtung der in Mos-
kau befindlichen Magazine getroffen hatte, daß er
ferner sein Landhaus bei Moskau im Walde von
Sokolniki anstecken ließ, und daß er, da sein Bei-
spiel schnell Nachahmung fand, immerhin als der-
jenige zu bezeichnen ist, der die Veranlassung zu
jener so verhängnisvollen Feuersbrunst gegeben
hat. Auch hat er später selbst zugestanden, daß ei