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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Rußland (Klima. Pflanzen- und Tierwelt)

gebiet von 1876599,1 qkm in Europa und 1181538,2 qkm in Asien, die Kura mit dem Aras, der Terek, die Wolga mit ihren Nebenflüssen Oka und Kama, der Ural oder Jaik und die Emba; in den Aralsee, mit einem Flußgebiet von 1867579,3 qkm, der Syr-darja und der Amu-darja, dessen unterer Lauf russisch ist; in den Balchaschsee der Ili, in den Baikalsee die Selenga. Zum Gebiet des Polarmeers, mit einem Flußgebiet von 1254166,1 qkm in Europa und 10785640,1 qkm in Asien, gehören im Europäischen R. die Onega, Dwina, der Mesen und die Petschora, in Asien der Riesenstrom Ob mit dem Irtysch, der Jenissei mit der dreifachen Angara, die Chatanga und Anabara, der Olenek, die Lena (mit dem Witim, Wiljuj, Olekma, Aldan u. s. w.), die Jana, Indigirka und Kolyma. Zum Gebiet des Großen Oceans, mit einem Flußgebiet von 2533790 qkm, gehört der Anadyr und der Amur. In den Steppenländern giebt es auch wahre Oasenflüsse, umwuchert von Strauchwuchs, Salz- und Sodakräutern. Dieselben strömen im Frühling bei der Schneeschmelze wasserreich, versiegen dagegen in der Sommerglut fast völlig. Solche sind unter vielen andern der Tschu in Turkestan, der Große und Kleine Usen in der Kaspischen Steppe, die sich in Salzseen verlieren und sich selbst schon weit vor der Mündung mit dichten Salzschichten überziehen. Solche Salzseen, unter denen der Elton und der Baskuntschaksee im Gouvernement Astrachan die berühmtesten sind, hat R. in jenen Steppengebieten unzählige, und es verdankt ihnen einen großen Teil seines Salzgewinns. An Seen ist R. überhaupt sehr reich. In seinem europ. Teil nehmen sie in den 50 russ. Gouvernements, das Asowsche Meer und den Siwasch mit inbegriffen, einen Raum von 104800,9 qkm ein. Darunter sind der Ladoga und der Onega die zwei größten des Erdteils, außerdem der Peipus-, Ilmen- und Weiße See (Bjeloosero) besonders bemerkenswert. Das Gouvernement Olonez allein zählt an 1500 Seen, die 20936,6 qkm einnehmen. Die meisten Seen (zusammen 47829,3 qkm) hat aber Finland, wo in manchen Gegenden die Landfläche von der Wasserfläche überwogen wird. Auch in Asien hat R. die beiden größten Seen des Erdteils und der Erde überhaupt, den Kaspi- und den Aralsee, außerdem die großen Becken des Baikal, Balchasch und den Issyk-kul. Die Kanäle konzentrieren sich im nordwestlichen Europäischen R. und bilden zwei Hauptsysteme, ein östliches und ein westliches. Ersteres verbindet die Ostsee mit dem Kaspischen und dem Weißen Meer. Besonders wichtig ist die Verbindung der Ostsee mit dem Kaspischen Meer, die durch drei Kanalsysteme, das Marien-, das Tichwinsche und das Wyschnewolozsche Kanalsystem (s. diese Artikel), alle drei von der Wolga ausgehend, hergestellt wird. Das Weiße Meer (durch die Dwina) wird mit der Ostsee und dem Kaspischen Meer durch den Herzog-Alexander-von-Württemberg-Kanal (s. Herzog-Alexander-von-Württemberg-Kanalsystem) vereinigt. Das westl. Hauptsystem verbindet die Ostsee mit dem Schwarzen Meer durch den Beresinakanal (zwischen Dnjepr und Düna), den Oginskischen Kanal (zwischen Dnjepr und Niemen) und den Dnjepr-Bug-Kanal (zwischen Dnjepr und Weichsel). Außerdem werden noch Weichsel und Niemen durch den Augustowokanal (s. d.) verbunden. In Finland vereinigt der Saimakanal den Saimasee mit dem Finnischen Meerbusen und in Sibirien das Ob-Jenissei-Kanalsystem (s. d.) den Ob mit dem Jenißei. Mineralquellen finden sich im Kaukasus (im Kreis Pjatigorsk), in Lipezk, Slawjansk, Sergijewsk (Gouvernement Samara), Staraja Russa, in den westl. Gouvernements, an vielen Orten Sibiriens u. a.

Klima. Bei einer Breitendifferenz von 42° sind die Temperaturverhältnisse natürlich sehr verschieden. Doch wechselt das Klima im Europäischen R., ungeachtet auch hier der Breitenunterschied des Kontinents zwischen 43° 21' und 69° 56' nördl. Br. (Nordgrenze des russ. Lapplands) nicht weniger als 24° 35' beträgt, nicht in dem Maße, als nach den klimatischen Unterschieden Westeuropas zu erwarten wäre, und die Übergänge sind überall allmählich und unmerklich. Die Gleichförmigkeit der Bodenverhältnisse, das Fehlen von Gebirgen und tief einschneidenden Oceanen wirkt hier bedeutend auf die Gleichmäßigkeit des Klimas ein. Durch die ausgedehnten und ununterbrochenen Landmassen bedingt, ist das russ. Klima ein entschieden kontinentales. In Sibirien giebt es zwar alpine Regionen, aber alle höhern Gebirgsmassen außer dem Ural liegen im Süden, und ungerechnet die langgestreckten Meeresküsten im Norden macht sich doch auch hier kein Seeklima geltend, weil auch hier, wie im Europäischen R., die Beweglichkeit des wellenschlagenden Meers den größten Teil des Jahres fehlt, indem die langdauernde Eiskruste nur einige Monate auftaut, der Osten Sibiriens aber durch Gebirgsketten von dem Einflusse des Meers abgeschlossen ist. Überdies bleiben auch die weiten Tundren und Steppensümpfe manche Jahre hindurch 6 m tief und darüber fest gefroren. Im allgemeinen senken sich daher die Isothermenkurven von Westen nach Osten in steter Zunahme dem Süden zu, und die unter gleicher Breite mit Polen liegenden Länder des östl. Teils vom Europäischen R., wie die Gouvernements Saratow, Pensa, Simbirsk, Ufa und Orenburg, haben kaum noch das Klima der Ostseeprovinzen, die Länder Sibiriens kaum noch das von Finland und Lappland. Ein besonderes klimatisches Revier bildet das Generalgouvernement Kaukasien, wo die Temperaturverhältnisse wesentlich von den Niveauverschiedenheiten bedingt sind und bei dem vorherrschenden Hochlandscharakter der beschränktere Raum der tiefern Thäler und Küstenebenen wirklich warmes, zum Teil heißes Klima hat. Im allgemeinen ist in R. allerorts im Sommer eine Temperatur von + 30° C. und im Winter von - 30° C. möglich, eine Ausnahme bieten lediglich der Kaukasus und die Ufer des Pontus. Es handelt sich aber um die Zeitdauer der Wärme oder der Kälte. Die erstere ist im Norden selbstverständlich kürzer, die letztere anhaltender, während im Süden das umgekehrte Verhältnis stattfindet. Es herrschen wechselnd Nord- und Nordostwinde sowie Süd- und Südostwinde vor. Niederschläge giebt es im Durchschnitt 400-800 mm; im Norden des Kaspischen Meers und Aralsees ein Minimum von 100 mm, am westl. Ufer des Schwarzen Meers ein Maximum von 1500 bis 2000 mm. Nach Süden und Osten zu vermindern sich die Niederschläge. Die Zahl der Schneetage in Petrosawodsk beläuft sich auf 114, in Jalta auf 7,3. (S. auch den folgenden Abschnitt.)

Pflanzen- und Tierwelt. Den klimatischen Verhältnissen entsprechend läßt sich das Europäische R. in einige charakteristische Pflanzen- und Tierregionen einteilen. (Vgl. die Karten: Pflanzengeographie I und Tiergeographie.)