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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Schleswig-Holstein

deutung. Die Provinz hat (1893) 124531 ha Forsten, darunter 77318 ha Privat-, 34769 Staats- und 9481 ha Gemeindeforsten; der Wald besteht zu 32,8 Proz. aus Nadelholz.

Industrie und Gewerbe. Fabriken bestehen nur an einzelnen Plätzen. 1882 waren 26,33 Proz. der Bevölkerung in Industrie und Gewerbe und 9,37 Proz. in Handel und Verkehr beschäftigt. Abgesehen von der Kunst- und Handelsgärtnerei, die im Kreis Pinneberg von größerer Bedeutung ist, und von der Fischerei, die (1882) 2011 Personen beschäftigte, ist die gewerbliche Produktion hervorragend durch Torfgräberei im Kreis Rendsburg, durch Traßgräberei und Cementfabrikation in den Kreisen Steinburg, Norderdithmarschen und Pinneberg, durch Ziegelei, durch Glas-, Zinnwarenfabrikation und Zinngießerei in Ottensen, durch Eisengießerei in Rendsburg, durch Blechwarenindustrie im Kreis Pinneberg, durch Maschinenfabrikation in Flensburg, Altona und Stormarn, durch Wagenbau in Kiel und Altona, durch bedeutenden Schiffbau im Kreis Pinneberg, in Kiel, Flensburg, Apenrade und Plön, durch Sprengstoff- und Zündwarenfabrikation bei Flensburg und in Lauenburg, durch Wollweberei in Kiel, durch Leinweberei in den Kreisen Tondern, Hadersleben u. a., durch Gummi- und Haarflechterei und Seilerei in Altona, durch Gerberei in den Kreisen Steinburg und Pinneberg, durch Holzindustrie und Korbflechterei, Korkschneiderei, Pinsel- und Kammfabrikation in den Kreisen Altona und Pinneberg längs der Elbe, durch Holzvergoldung und -Veredelung in Kiel und Altona, Holzschnitzerei in Flensburg, durch Müllerei, Fischsalzerei, Butter- und Milchkonservenfabrikation, durch Brauerei und Brennerei in Kiel, Stormarn und Altona sowie durch Schuhmacherei in Preetz, Pinneberg und Umgegend.

Handel und Verkehrswesen. Der Handel ist außerordentlich entwickelt; er wird besonders begünstigt durch die Wasserstraßen, die zahlreichen Häfen und die Reederei, die (Anfang 1894) über 169 Seedampfer mit 80195 und 468 Segelschiffe mit 24250, sowie über 911 Schiffe mit 39656 Registertons für den Fluß- und Küstenverkehr verfügte. Haupthäfen sind Altona, Flensburg und Kiel, welche lebhaften überseeischen Verkehr unterhalten; Kiel ist zugleich starker Kriegshafen; außerdem giebt es noch zahlreiche größere und kleinere Häfen an der Nord- und Ostseeküste. Haupthandelsartikel sind die Erzeugnisse der Landwirtschaft, Viehzucht und Fischerei, ferner ausländisches Bauholz, Kohlen, Salz und Kolonialwaren. Handelskammern bestehen zu Altona, Flensburg und Kiel.

Die Provinz hat (1891) 3554,3 km Chausseen, darunter 2503,9 km Provinz- und Bezirks- und 994,5 km Gemeindestraßen, sowie (1893) ein Eisenbahnnetz von 1288,13 km (d. i. 68 km auf 1000 qkm Grundfläche und 104 km auf 100000 E.), darunter 333,65 km staatliche und 159,43 km private Nebenbahnen.

Die königlich preuß. Eisenbahndirektion befindet sich in Altona, Oberpostdirektion in Kiel; der südöstl. Teil einschließlich des Kreises Herzogtum Lauenburg gehört zur Oberpostdirektion Hamburg.

Unterrichtswesen. An Bildungsanstalten bestehen die Universität Kiel (s. d.), die Marineakademie und Marineschule ebenda, 1 Predigerseminar in Hadersleben, ferner 12 Gymnasien, 3 Realgymnasien, 1 Oberrealschule, 1 Progymnasium, 10 Realprogymnasien (zum Teil mit andern Lehranstalten verbunden), 3 Realschulen, 33 öffentliche Mittel- und höhere Mädchenschulen, 6 Schullehrerseminare (davon 1 im Kreis Herzogtum Lauenburg), 1 Lehrerinnenseminar, 2 königl. Präparandenanstalten, 1839 öffentliche Volksschulen mit 201861 Schulkindern, ferner 1 Landwirtschaftsschule, 3 Ackerbauschulen, 1 Baugewerksschule, 1 Handelsschule, 3 Navigationsschulen und 4 Navigationsvorschulen, je 1 Fachschule für Holzschnitzerei und Kunsttischlerei sowie für Dampfschiffmaschinisten, 1 Kadettenhaus, 1 Taubstummen-, 1 Blinden- und 2 Privatidiotenanstalten. Außerdem besteht zu Kiel (s. d.) das Thaulow-Museum.

Verfassung und Verwaltung. Die Provinz bildet den Reg.-Bez. Schleswig. Sitz des Oberpräsidenten ist Schleswig. Laut Gesetz vom 27. Mai 1888 sind 1. April 1889 in Kraft getreten die Kreisordnung vom 26. Mai 1888 und die Provinzialordnung vom 29. Juni 1875. Der Kreis Herzogtum Lauenburg bildet einen eigenen Landeskommunalverband mit dem Verwaltungssitz in Ratzeburg. Die Auseinandersetzung und Gemeinheitsteilungssachen werden von der Generalkommission in Hannover bearbeitet. Die kirchlichen Angelegenheiten der evang. Landeskirche verwaltet das Konsistorium in Kiel. Die kath. Kirche gehört zum Kirchensprengel Osnabrück. Die Provinz, einschließlich des Kreises Herzogtum Lauenburg, ist in den Ablösungssachen der Rentenbank zu Stettin zugeteilt. Für die indirekten Steuern und Zölle ist die Provinzialsteuerdirektion zu Altona zuständig. Das Medizinalkollegium hat seinen Sitz in Kiel. Die Deputation für das Heimatwesen befindet sich in Schleswig. Für die Reichstagswahlen bestehen 10 Wahlkreise (s. Schleswig 1). In das Abgeordnetenhaus sendet die Provinz 36 Abgeordnete; im Herrenhause ist sie (1895) durch 11 Mitglieder vertreten, darunter 3 mit erblicher Berechtigung, 4 auf Lebenszeit und 4 auf Präsentation berufene. Die Bergbehörden stehen unter dem Oberbergamt Clausthal; das Bergrevieramt befindet sich zu Hannover; die Geschäfte der frühern Berginspektion zu Segeberg bei Verwaltung des dortigen fiskalischen Gipswerkes sind auf die Berginspektion zu Lüneburg übergegangen. Die Provinz bildet den Oberlandesgerichtsbezirk Kiel (s. d.). Militärisch ist S. Ersatz- und Garnisonbezirk des 9. Armeekorps (Generalkommando in Altona, Kommando der 18. Division in Flensburg); die Marinestation der Ostsee hat ihren Sitz in Kiel.

Das Wappen der Provinz, ein durch eine aufsteigende Spitze in drei Felder geteilter Schild, zeigt: a. im roten Felde ein von Silber und Rot quergeteiltes Schildlein, umgeben von einem silbernen Nesselblatt, das in den beiden obern Ecken und am untern Rande je mit einem silbernen, mit der Spitze nach innen gekehrten Nagel versehen ist (für Holstein); b. im goldenen Felde zwei übereinander gehende, blaue, rotgezüngte Löwen (für Schleswig); c. in der aufsteigenden Spitze im roten, von in Silber und Schwarz zu zwölf gestückter Einfassung umgebenen Felde einen silbernen Pferdekopf (für Lauenburg). Die Farben sind Blau-Rot-Weiß.

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