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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Schleswig-Holstein

rung auf Gottorp und das Oberappellationsgericht zu Kiel eingesetzt. Somit hatten (wie die dän. Erklärung am Bundestage 7. Sept. 1846 lautete) "die beiden Herzogtümer S., bis aus Holsteins Eigenschaft als Bundesstaat und die abgesonderten Ständeversammlungen, neben dem Socialnexus der Ritterschaft, bei gemeinsamer oder gleichartiger Gesetzgebung und Verwaltung, alle öffentlichen Rechtsverhältnisse miteinander gemein".

König Christian VIII. sah es als seine Lebensaufgabe an, die Verbindung zwischen Dänemark und S. enger zu knüpfen und beide Teile zu einem wirklichen "dän. Gesamtstaate" zu verschmelzen. 1844 beantragten die Provinzialstände der dän. Inseln zu Roeskilde: der König möge die dän. Monarchie für ein unteilbares Ganzes erklären, das nach der weiblichen Erbfolgeordnung des dän.Königsgesetzes von 1665 vererbe. Nun setzte Christian VIII. eine Kommission nieder zur Untersuchung der Erbfolgefrage, und erließ den "Offenen Brief" vom 8. Juli 1816, worin es hieß, "daß ebenso wie in Dänemark und Lauenburg auch in ganz Schleswig und einigen Teilen Holsteins die Erbfolge des Königsgesetzes gültig sei; rücksichtlich des übrigen Holstein walteten anderweitige Verhältnisse ob; doch werde der König unablässig bestrebt sein, die vollständige Anerkennung der Integrität des dän. Gesamtstaates zu Wege zu bringen". Dieser Offene Brief stieß allerseits auf energischen Widerstand. Die Agnaten von der jüngern gottorpischen und der sonderburgischen Linie, mit einziger Ausnahme des Prinzen Christian von Glücksburg, legten sowohl in Kopenhagen wie auch beim Deutschen Bundestage Protest ein. Auch die Provinzialstände in Itzehoe und Schleswig protestierten, worauf ihre Auflösung verfügt ward. Die Bundesversammlung erklärte indes in ihrem Beschluß vom 17.Sept., daß Dänemark beruhigende Erklärung gegeben habe, und sprach die Erwartung aus, daß der König "die Rechte des Bundes, der erbberechtigten Agnaten und der holstein. Landesvertretung beachten werde". Nunmehr ließ der König den Entwurf zu einer Gesamtstaatsverfassung ausarbeiten, die neben den Provinzialständen einen gemeinschaftlichen Landtag für die dän. Monarchie mit beschließender Kompetenz in Aussicht stellte. Indessen starb er 20. Jan. 1848. Erst sein Sohn Friedrich VII. veröffentlichte 28. Jan. die Entwürfe des Vaters und berief zu ihrer Prüfung "erfahrene Männer" nach Kopenhagen. Diese Versammlung kam jedoch nicht zu stande, da unter dem Eindruck der franz. Februarrevolution die Volksbewegung einen gewaltsamern Charakter annahm. Am 18. März traten etwa 70 schlesw.-holstein. Ständemitglieder in Rendsburg zusammen und schickten eine Deputation nach Kopenhagen, um von dem König außer liberalen Zugeständnissen die Vereinigung der beiden Provinzialständeversammlungen zum Zwecke der Beratung einer schlesw.-holstein. Verfassung und den Beitritt Schleswigs zum Deutschen Bunde zu erbitten. Inzwischen hatte eine Massendemonstration in Kopenhagen 21. März das eiderdänische sog. Kasinoministerium ans Ruder gebracht. Am 24. März 1848 erhielt die Deputation durch Orla Lehmann die Antwort, "daß der König gesonnen sei, dem Herzogtum Holstein eine freie Verfassung zu gewähren und sich den Bestrebungen für ein deutsches Parlament offen anzuschließen; daß er aber weder das Recht, noch die Macht, noch den Willen habe, Schleswig dem Deutschen Bunde einzuverleiben, dagegen die unzertrennliche Verbindung Schleswigs mit Dänemark durch eine gemeinsame freie Verfassung kräftigen wolle".

Auf die Kunde von den Vorgängen in Kopenhagen trat zu Kiel in der Nacht zum 21. März 1848 eine provisorische Regierung zusammen, bestehend aus Graf Friedrich Reventlou, Prinz Friedrich von Augustenburg-Noer, Advokat Beseler u. a. m. Am nächsten Morgen überrumpelte Prinz Friedrich mit dem Kieler Jägerbataillon und einigen Freiwilligen die Festung Rendsburg, wo der dän. General ohne Widerstand das Kommando abgab. Das ganze Land unterwarf sich der provisorischen Regierung. Der Deutsche Bundestag beschloß die Verbindung S.s zu beschützen, womit insbesondere Preußen beauftragt wurde. Der hieraus entstehende Krieg nahm einen für S. unheilvollen Verlauf. (S. Deutsch-Dänischer Krieg von 1848 bis 1850.) Am 2. Juli 1850 schloß Preußen mit Dänemark den Frieden zu Berlin, worin beide Teile sich alle Rechte, die ihnen vor dem Kriege zustanden, vorbehielten. Die schlesw.-holstein. Armee hielt noch das südl. Schleswig und die Festung Rendsburg besetzt, als der wiederhergestellte Deutsche Bundestag 25. Okt. 1850 die Einstellung der Feindseligkeiten verlangte. Um dies zu erwirken, trafen 6. Jan. 1851 zwei Bundeskommissare ein. Beseler trat aus der Statthalterschaft aus und verließ das Land. Reventlou legte 1. Febr. seine Regierungsgewalt in die Hände der Bundeskommissare nieder, denen als landesherrlicher Kommissar Graf Heinrich von Reventlou-Criminil zur Seite trat. Diese drei bestellten 2. Febr. 1851 für Holstein eine sog. Civilbehörde in Kiel. Jede Verbindung Schleswigs mit Holstein ward beseitigt, auch im Dez. 1851 eine Zollgrenze an der Eider errichtet. Nichts aber empfand man schwerer, als daß durch die sog. Sprachreskripte vom Febr. und März 1851 in dem sog. gemischten Distrikt des Herzogtums Schleswig von 90000 E., anstatt der deutschen, ausschließlich dän. Schulsprache und der abwechselnde Gebranch der dän. und deutschen Kirchensprache vorgeschrieben wurde. Österreich und Preußen erkannten das Princip des dän. Gesamtstaates an und willigten in die Trennung Schleswigs von Holstein. Nur das ward ausbedungen, daß die Herzogtümer innerhalb des Gesamtstaates eine selbständige und mit dem Königreich Dänemark gleichberechtigte Stellung erhalten sollten. Auf Grundlage dieser Vereinbarungen erließ König Friedrich VII. die Bekanntmachung vom 28. Jan. 1852, die das neue Gesamtstaatsprogramm enthielt. Für S. beließ diese Urkunde einige gemeinschaftliche nichtpolit. Einrichtungen und Anstalten, die Universität Kiel, die Ritterschaft, den schlesw.-Holstein. Eiderkanal, die Strafanstalten u. a. Am 18. Febr. 1852 übergaben die Bundeskommissare dem zum dän. Minister für Holstein ernannten Grafen Reventlou-Criminil die volle Regierungsgewalt, und die Bundestruppen räumten das Land. Der Deutsche Bundestag genehmigte 29. Juli 1852 die österr.-preuß.-dän. Vereinbarungen.

Im Juli 1853 ward die dän. Zollgrenze von der Eider an die Elbe vorgeschoben; die schlesw. und holstein. Bataillone wurden nach Dänemark, dän. Truppen nach den Herzogtümern verlegt, die versprochenen verfassungsmäßigen Rechte nur in ganz ungenügender Weise gewährt, für Schleswig 15. Febr. und für Holstein 11. Juni 1854. Schleswig ward darin als ein "unzertrennliches Zubehör der