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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Schnabel; Schnabeldelphin; Schnäbele; Schnabelflöte ; Schnabelhasel; Schnabelkerfe; Schnabelschuhe

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Schnabel (Joh. Gottfried) - Schnabelschuhe

apparat darstellt. Die jungen Vögel im Ei haben auf der Kuppe des Oberschnabels eine (oder zwei) aus einem Kalkkonkrement bestehende zahnartige Bildung (den Eizahn) zum Durchfeilen der Eischale.

Das hintere Ende des S. ist öfters (Tagraubvögel, Tauben, Papageien) von einer weichen nervenreichen Haut (Wachshaut, Ceroma) umgeben. Bei Enten, einigen Schnepfen u. a. ist die Haut des S. überhaupt ziemlich weich und wird er durch die Gegenwart zahlreicher Nervenkörperchen ein ausgezeichnetes Tastorgan. Die Farbe des S. ist oft eine lebhaft zu der des Gefieders kontrastierende. Sie kann bei einer Vogelart (z. B. Amsel) nach den Geschlechtern oder bei demselben Individuum nach dem Alter oder der Jahreszeit (gemeiner Star) verschieden sein. Bei einem rabenartigen Vogel von Neuseeland (Neomorpha Gouldii Caban.) ist der S. beim Männchen kurz und gerade, beim Weibchen schlank und gekrümmt. Bei den Alken oder Lunden, den Waldhühnern und einigen andern Vögeln ist der S. einer Mauser unterworfen und ist der Sommerschnabel wesentlich anders als der Winterschnabel. Im übrigen richtet sich der S. in seiner Gestalt, Kraft und Beweglichkeit nach der Lebensweise und wird unter Umständen (Papageien) zu einer wahren Extremität, zu einem Meißel (Spechte), zu einem Nußknacker (Kernbeißer), zu einem Reißhaken (Raubvögel), zu einem Fischnetz (Pelikan) u. s. w. Meist ist er gerade oder sanft nach unten gekrümmt, bei einigen Formen (manche Kolibris, Avocette) indessen nach oben. Beim Klaffschnabel (Anastomus) stehen seine Ober- und Unterhälften auseinander, beim Verkehrt- oder Scherenschnabel (Rhynchops) ist der Oberschnabel weit kürzer als der Unterschnabel. Groß und leicht ist er bei Pfefferfressern und bei den Nashornvögeln oben noch mit großen Lufträumen verbunden. Asymmetrisch wird er bei Kreuzschnäbeln, wo beide Hälften seitlich übereinander weggreifen, und bei einem Regenpfeifer von Neuseeland (Anarhynchus frontalis Q. et Gaim.), wo er im ganzen in seiner vordern Hälfte in einem Winkel von 45° nach rechts geknickt ist.

Bei einigen Instrumenten heißt S. das Mundstück, z. B. der Schnabelflöte (s. d.) und der Klarinette (s. d.). Die Italiener nennen S. (ancia) auch das Mundstück der Blasinstrumente mit doppeltem Rohrblatt, wie Oboe und Fagott.

Schnabel, Joh. Gottfried, bekannt unter dem Pseudonym Gisander, Schriftsteller, von dessen Leben wenig bekannt ist. Um 1690 geboren, machte er in seiner Jugend Reisen und Feldzüge wohl in Begleitung des Grafen Stolberg mit, war um 1731 Stolbergischer Hofagent und gab 1731‒38 eine halboffiziöse «Stolbergische Sammlung neuer und merkwürdiger Weltgeschichte» heraus. Über sein späteres Leben ist nichts Sicheres bekannt. S. schrieb eine der besten und gelesensten Robinsonaden: «Wunderliche Fata einiger Seefahrer, absonderlich Alberti Julii eines geborenen Sachsens, entworfen von Eberhard Julio» (4 Bde., Nordh. 1731‒43 u. ö.), die von Adam Gottlob Oehlenschläger u. d. T. «Die Inseln im Südmeere» (4 Bde., Stuttg. 1826) und von L. Tieck u. d. T. «Die Insel Felsenburg» bearbeitet wurde (6 Bde., Bresl. 1827). – Vgl. Ad. Stern, Der Dichter der Insel Felsenburg (Beiträge zur Litteraturgeschichte des 17. und 18. Jahrh., 1893).

Schnabeldelphin, s. Delphine.

Schnäbele, franz. Grenzkommissar zu Pagny a. d. Mosel, trieb in ausgedehntestem Umfange Spionage durch Bestechung deutscher Reichsangehörigen in Elsaß-Lothringen und wurde deshalb, als er 20. April 1887 die Grenze überschritt, sofort von zwei deutschen Geheimpolizisten verhaftet, 30. April aber wieder freigelassen. (S. Bismarck, Bd. 3, S. 51 a.)

Schnabelflöte (frz. flûte à bec; ital. flauto dolce), auch Block- oder Plockflöte, eine außer Gebrauch gekommene gerade Flöte, die nicht, wie die moderne Flöte (s. d.), von der Seite, sondern durch einen Spalt am obern Ende (Schnabel) angeblasen wurde. Ihre Röhre, meist aus Elfenbein, hatte sieben Tonlöcher. Die kleinste Art der S., die man in verschiedenen Größen baute, hat sich als Flageolett (s. d.) erhalten. Eine besondere Art mit Schallbecher unten und nur drei Tonlöchern, aber trotzdem großem Tonumfange (von zwei Oktaven) war der Schwegel, den man mit der einen Hand an den Mund hielt, während man meist mit der andern eine kleine Handpauke schlug. Das größte Instrument dieser Art hieß Stamentienpfeife. (S. auch Blasinstrumente.)

Schnabelhasel, s. Haselnußstrauch.

Schnabelkerfe (Rhynchota) oder Halbflügler (Hemiptera), eine Insektenordnung, die alle Insekten mit unvollkommener Verwandlung und zum Saugen eingerichteten Mundteilen umfaßt. Der Kopf ist meist in eine Vertiefung des ersten Brustringes eingesenkt und trägt außer den mittelgroßen oder kleinen Netzaugen häufig auf dem Scheitel zwei oder drei Nebenaugen. Die Fühler sind kurz oder mäßig lang, die Mundteile zu einem Saugrüssel oder Schnabel umgewandelt. Die Unterlippe ist dabei stark verlängert und zu einem gegliederten Saugrohr zusammengebogen, das die zu langen Stechborsten ausgezogenen Ober- und Unterkiefer umschließt. Der erste Brustring ist gegen die beiden folgenden frei beweglich, der Hinterleib mit breiter Fläche am Bruststück angewachsen. Die Beine enden in drei-, seltener zweigliedrige Füße. Meist sind vier Flügel vorhanden, es können aber auch beide Paare oder seltener das hintere Paar allein fehlen. Der für die ganze Ordnung schlecht passende Name Halbflügler stammt von der zur Hälfte oder noch mehr hornigen Beschaffenheit der Vorderflügel mancher Arten. Die Larven sind ihren Eltern bis auf die fehlenden Flügel ähnlich. Bereits nach der ersten Häutung erhalten sie Flügelansätze und entwickeln sich nach einigen weitern Häutungen, ohne vorher eine ruhende Puppe zu bilden, zum ausgebildeten Insekt. Die S. nähren sich teils von pflanzlichen, teils von tierischen Säften. Man teilt die Ordnung der S. in die Unterordnungen der Wanzen, Zirpen, Pflanzenläuse und Läuse. (S. die betreffenden Artikel.)

Schnabelschuhe, Schuhe, die an den Zehen spitz zulaufen und ein Stück über diese hinausgehen. Sie waren bereits im Altertum bekannt, wie die hethitischen Reliefs von Boghasköi beweisen. Charakteristisch ist der Schnabelschuh für die etrusk. Tracht, und in Rom kommt er hin und wieder als calceus repandus mit aufgebogener Spitze vor. Im Mittelalter kamen S. im 11. Jahrh. auf; Graf Fulco von Anjou soll sie erfunden haben, um seine Schwielen oder Beulen an den Füßen zu verbergen. Allgemeine Verbreitung erlangten die S. erst im 14. Jahrh.; man fand sie sehr geeignet, die Schlankheit der knapp bekleideten Beine zu erhöhen. Zur Zeit, als die Zaddeltracht und die Schellentracht