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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Seydewitz - Seyerlen
auch als Tenorsänger ausbildete. Nach seiner Rück-
kehr wurde er in Dresden 1772 Kirchen- und Kam-
merkomponist, 1787 Kapellmeister. Er starb 23. Okt.
1806. Von seinen Opern sind zu erwäbnen: "Die
schöne Arsene", "Das sächs. Vauernmädchm" und
"IXirco in Iwlia". Auch komponierte er Sonaten
u. s. w. Seine Messen waren bis vor kurzem Re-
penoireftüäe der kath. Hofkirche zu Dresden.
Seydewitz, Otto Theodor von, Oberpräsident
der Provinz Schlesien, geb. 11. Sept. 1818 zu Groft-
Badegast, studierte in Berlin und trat 1811 in den
preuß. Iustizdienst, ging 1812 zur Verwaltung bei
der Regierung in Merseburg über und verlieft, nack-
dem er zuletzt das Landratsamt in Merseburg ver-
waltet hatte, 1817 den Staatsdienst, um sich der
Verwaltung seiner Güter zu widmen. Er wurde
1855 zum Landesbestallten, 1858 zum Landrat des
Görlitzer Kreises und 1861 zum Landeshauptmaun
und Landesältesten der Oberlausitz gewählt. Seit
1851 Mitglied des schles. Provinziallandtags, wurde
er 1865 Vicelandtagsmarschall und nach Einfüh-
rung der neuen Provinzialordnung Vorsitzender
des Provinzialausschusses. Dem Norddeutschen und
Deutschen Reichstage gehörte S. bis 1881 und von
1887 bis 1890 an und wurde 1879 als Fübrer der
deutsch-konservativen Partei zum ersten Präsidenten
des Reichstags gewählt. In demselben Jahre zum
Oberpräsidenten der Provinz Schlesien ernannt, legte
er sein Mandat nieder. 1882 wurde er zum Wirkl.
Geheimrat mit dem Prädikat Excellenz, 1891 zum
Mitglied des Herrenhauses auf Lebenszeit ernannt,
1894 in den erbetenen Ruhestand versetzt. 1883 wurde
S. von dertheol. Fakultät derNniversität zu Vreslau^
deren Kurator er seit 1879 war, zum Doktor der
Theologie Iwnoi'iz cau8a promoviert. S. bat eine
eingehende Statistik des Görlitzer Kreises heraus-
gegeben und eine Geschichte seinerFamilie bearbeitet.
Seydewitz, Paul von, sächs. Minister des Kultus
und öffentlichen Unterrichts, geb. 3. Mai 1813 in
Lautcrbach, studierte die Rechte, war dann Regic-
rungsreferendar bei der Krcisdirektion Leipzig und
wurde 1871 mit dem Titel Regierungsasseji'or als
Hilfsarbeiter in das Kultusministerium versetzt.
1876 wurde er Regierungsrat, 1877 vortragender
Rat, 1879 Geh. Regierungsrat. Als solcher bear-
beitete er die 3. Auflage des "Coder des im König-
reich Sachsen geltenden Kirchen- und Schulrechts"
(Lpz. 1890), eine umfassende Sammlung, die mit
dem 16. Jahrh, beginnt und bis in die neueste Zeit
hineinreicht. Am' 4. Jan. 1892 wurde S. zum
Kultusminister berufen.
Seydlitz (Eeiolitz), altes, weitverzweigtes Ge-
schlecht des schles.-böhm. Uradels, war bereits in der
Mitte des 14. Jahrh, in drei Hauptstämme geteilt:
1) In den böhmischen, den Häusern Lasan bez.
Schönfeld in Schlesien entstammenden, der schon im
13. Jahrh, in Böhmen nach dem dort gelegenen Be-
sitze Bechin den Namen Bechinie angenommen
hatte und derzeit in den Freiherren Bechinie von
Laczan blüht. - 2) In den polnischen, der seit
dem 15. Jahrh, in Polen auftritt und sich viel-
fach des Beinamens Kurzbach bediente. Durch die
Teilung Polens dem preuß. Staatsgebiet zugewiesen,
sind seine zahlreichen Zweige wieder in diesem auf-
gegangen. Ihm gehören der berühmte Reiterfübrer
Friedrich Wilhelm von Seydlitz (s. d.) und der Geo-
graph (Verfasser von weitverbreiteten Schulbüchern)
Ernst Friedrich von S. (geb. 1784, gest. 1849) an. -
3) In den schlesischen Stamm. Der Gohlauer
Zweig desselben erlangte 1736 den Freiherrenstand,
ist aber mit Grundbesitz nicht mehr angesessen, wäh-
rend derLudwigsdorfer Zweig, aus dem Ernst
Julius von S. und Ludwigsdorf (geb. 1695, gest.
1766), Freund und Anhänger des Grafen Zinzen-
dorf als Begründer der Herrnhuter Kolonie Gnaden-
frei besonders zu nennen ist, alten Besitz gewahrt
und in jüngerer Zeit mit Habendorf und Peilau
(unweit Gnadenfrei) ein Fidei'kommiß errichtet hat.
Ernst Julius von S., ein Nachkomme des ge-
nannten, kam durch Erbgang in den Besitz der grast.
Sandreczkvschen Fidei'kommißherrschaft Langenbie-
lau in Schlesien, woraufhin er unter dem Namen
eines Grafen von Seidlitz-Sandreczky 1891
den preuft. Grafenstand nach dem Rechte der Erst-
geburt erlangte. - Zwei namensgleiche Familien
in Estbland sind nicht stammverwandt.
Seydlitz, Friedr. Wilh. von, preuß. General der
Kavallerie, geb. 3. Febr. 1721 zu Calcar bei Cleve,
trat 1740 als Kornett bei dem Kürassierregiment
des Markgrafen von Schwedt ein und wurde 1743
zum Rittmeister bei den Husaren ernannt. 1752
wurde er Commandeur des Dragonerregiments
Württemberg, 1753 des Kürassierregiments von
Rochow und 1755 Oberst. Bei Kolin 1757 deckte er
an der Spitze einer Brigade durch einen glänzenden
Angriff den Rückzug des preuß. Heers, wofür ihn
zwei Tage später der König zum Generalmajor be-
förderte. Am 7. Sept. 1757 führte er ein kühnes
Reitcrgefeckt bei Pegau, und 19. Sept. vertrieb er
den Marsckall Soubise aus Gotha. Vom Könige
mit dem Befebl über die gesamte Kavallerie be-
traut, feierte er seinen glorreichsten Tag in der
Schlacht bei Roßbach 5. Nov. 1757, infolge deren
der König ibn zum Generallieutenant erhob. Seinen
Ruhm erböhten noch die Schlachten von Zorndorf
und Hochkirch. In der Schlacht von Kunersdorf
wurde S. verwundet, kehrte aber bald zur Armee
nack Leipzig zurück. 1760 nahm er teil an der Ver-
teidigung Berlins gegen die Russen, wurde 1761
zur Armee des Prinzen Heinrich gesendet und be-
währte 1762 in der Schlacht bei Freiberg abermals
seine Umsicht in glänzender Weise. Nach dem Frie-
den übertrug ihm der König die schles. Kavallerie-
inspektion und ernannte ihn 1767 zum General der
Kavallerie. Im April 1772 vom Schlage gerührt,
starb S. 8. Nov. 1773 zu Ohlau. In Berlin lieft
ihm der König auf dem Wilhelmsplatze ein Marmor-
standbilo (1862 durch eine in Erz gegossene Kopie
ersetzt) errichten. Seinen Namen führt seit 1889
das preuft. 7. Kürassierregiment. - Vgl. Varn-
bagen von Ense, Biogr. Denkmale (3. Aufl., 2Tle.,
Lpz. 1872): Kahler, E. in seiner Bedeutung für die
Reiterei (Berl. 1874); Friedr. Wilh. von S., von
einem deutschen Reiteroffizier lCass. 1882).
Seyerlen, Rudolf, prot. Theolog, geb. 18. Nov.
1831 zu Stuttgart,studierteinTübingenPhilosophie,
dann Tbeologie, wurde 1854 Vikar zu Giengen bei,
Geißlingen, 1860 Repetent am Tübinger Stift,
1862 Diakonus in Crailsheim, 1869 Archidiakonus
in Tübingen, 1875 ord. Professor der praktischen
und systematischen Tbeologie in Jena. S. schrieb:
"Entstehung und erste Schicksale der Christengemeinde
in Rom" iTüb. 1874), "Bedeutung und Aufgabe
der Predigt der Gegenwart" (ebd. 1876). An Basser-
mann- Ehlers' "Zeitschrift für praktische Theologie"
ist er seit deren Erscheinen l1879) bis zum Aus-
scheiden Vassermanns aus der Redaktion (1891) als
Mitherausgeber beteiligt gewesen. Infolge seiner
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