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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Sklaverei

Wirksamkeit entfaltete. Aber das bei der Unabhängigkeitserklärung der Union erlassene Verbot der Sklaveneinfuhr mußte 1787 auf Andringen der Südstaaten bis zum J. 1808 zurückgenommen werden. Der Census von 1790 ergab in den vier Plantagenstaaten Virginien, Georgia, Nord- und Südcarolina eine Sklavenbevölkerung von 567527, in den neun übrigen Staaten von 40370 Personen. Der außerordentliche wirtschaftliche Aufschwung in den folgenden zwei Jahrzehnten trieb die Südstaaten zu immer erneuten Anstrengungen, sich die S. zu sichern. Da mit dem J. 1808 das Sklaveneinfuhrverbot in Kraft trat, deckten einige Staaten ihren Bedarf an Sklaven für die nächsten Jahre im voraus; so führte Carolina allein zwischen 1804 und 1808 40-50000 Sklaven ein, und die Folge des Verbots war ein um so schwunghafterer Menschenhandel der sklavenhaltenden Staaten untereinander und die eigenartige Einrichtung der Sklavenzüchtung, die, im Großen betrieben und mit System geübt, die Staaten bald in sklavenzüchtende und sklavenabnehmende trennte. Das Bestreben, sich gefährlicher Elemente zu entledigen, ließ die Sklavenhalter an einem Unternehmen sich beteiligen, das die Überführung und Ansiedelung freier Neger in Afrika bezweckte und die Entstehung der Negerrepublik Liberia (s. d.) 1822 zur Folge hatte. Der Gegensatz zwischen der freien Arbeit des Nordens und dem Sklavenwesen des Südens wurde immer mehr ein principieller und gestaltete sich zu einem immer offener werdenden Ringen um die Suprematie in der Union. Der Hader erhob sich stets mit erneuter Heftigkeit, wenn bei der Aufnahme eines Gebietes in den Staatenverband der Union die Frage, ob dem neuen Staate die Erlaubnis zum Sklavenhalten zu geben sei, zur Entscheidung stand. Das Missouri-Kompromiß (s. d.) verbot 1820 nördlich von 36° 30' nördl. Br. die S. für immer. Indessen war es offenbar, daß durch diesen Vertrag die Gegensätze nur überbrückt waren und die Entscheidung nur hinausgeschoben wurde.

In Europa war es vor allem England, das die Sklavenfrage aufnahm und durch seine Initiative auf die übrigen Mächte wirkte. Männer wie Sidmouth und Wellesley forderten seit 1783 im engl. Parlament die Abschaffung der S., wenn auch noch gegen überlegene Gegnerschaft; doch kam 1784 ein Gesetz zum Schutze der Sklaven in den brit. Kolonien zu stande. Es belegte die Ermordung eines Sklaven mit Todesstrafe und schränkte das Züchtigungsrecht ein. Durch Clarksons Bemühungen trat 1787 das African-Institution ins Leben, das sich der Unterdrückung der Negersklaverei mit Energie widmete. Seit 1788 kämpfte der edle Wilberforce (s. d.), von Pitt, Fox, Smith u. a. unterstützt, im brit. Parlament für die Befreiung der Sklaven. Indessen scheiterte ein 1792 auf Unterdrückung des Sklavenhandels gerichteter Beschluß des Unterhauses an dem Widerstande des Oberhauses, und nachdem das unvermittelt erlassene Befreiungsdekret der franz. Nationalversammlung die Katastrophe auf Haïti (s. d.) herbeigeführt hatte, waren, als 1796 der unermüdliche Wilberforce seinen Antrag abermals einbrachte, auch die Freunde der Neger geneigt, die tiefeingreifende Reform auf eine ruhigere Zeit zu verschieben. Nachdem Fox die Sklavenfrage wieder vor das Parlament gebracht hatte, gelang es endlich 1807 den von der öffentlichen Meinung unterstützten Ministern, bei beiden Häusern den Abolition act of slavery durchzusetzen, wonach der brit. Negerhandel mit dem 1. Jan. 1806 aufhören mußte. Seitdem ist England unausgesetzt bemüht gewesen, nicht nur die übrigen seefahrenden Nationen zu dem gleichen Schritte zu bewegen, sondern auch die gleichmäßige Durchführung des Verbots auf völkerrechtlichem Wege zu sichern. Nachdem es seine überlegene Stellung im Kriege gegen das Napoleonische Frankreich benutzt hatte, in den Bündnis- und Friedensverträgen mit Schweden (1813), mit Portugal, Spanien, Dänemark und den Niederlanden (1814) sich dahin gehende Zusagen machen zu lassen, mußte Frankreich, das seit den Ereignissen auf Haïti die S. in den Kolonien wieder gestattet hatte, im Pariser Frieden vom 30. Mai 1814 sich verpflichten, seine Bemühungen mit denen Englands zu vereinigen, um die Unterdrückung des Sklavenhandels von allen Mächten der Christenheit aussprechen und ihn so allgemein aufhören zu lassen. Gleichwohl war es gerade das Verhalten Frankreichs, das auf dem Wiener Kongreß nur eine principielle Erklärung der Mächte gegen den Sklavenhandel zu stande kommen ließ. Die beiden folgenden Versuche, einen wirksamen Zusammenschluß zu erreichen, scheiterten; sowohl der Kongreß zu Verona 1822 als auch die Londoner Konferenzen verliefen für die Abolitionsbestrebungen ergebnislos. Die Ursache des Mißerfolgs war der von England erhobene und in den Verträgen mit Portugal, Spanien und den Niederlanden 1817 und 1818, wenn auch nur für ein begrenztes Seegebiet durchgesetzte Anspruch auf gegenseitige Einräumung eines Rechts zur Durchsuchung verdächtiger Schiffe und auf Aburteilung der aufgebrachten Schiffe durch gemischte Kommissionen. Den nachhaltigsten Widerstand fand England aber gerade bei derjenigen Macht, deren Mitwirkung zur Erreichung des Ziels unentbehrlich war, bei den Vereinigten Staaten. Diese schienen bereits gewonnen, als 13. März 1824 von den Vertretern beider Staaten ein Vertragsentwurf unterzeichnet wurde, der von den bisherigen Verträgen wesentlich nur darin abwich, daß jedem Teile die Aburteilung der aufgebrachten Schiffe seiner Flagge durch sein Gericht vorbehalten blieb, zu welchem Zwecke sie von den Kreuzern des andern Teils in bestimmte Heimatshäfen zu führen waren. Die Ratifikation dieses Vertrags scheiterte indes an dem Widerspruch, der sich im amerik. Senat erhob. Dagegen wurde der Entwurf von 1824 die Grundlage der 30. Nov. 1831 und 22. März 1833 zwischen England und Frankreich geschlossenen Verträge.

Spanien hatte 1817 gegen eine Entschädigung von 400000 Pfd. St., Portugal 1823 gegen die Summe von 300000 Pfd. St. auf den Sklavenhandel ganz verzichtet; gleichwohl wurde er insgeheim von Spaniern, Portugiesen und auch Franzosen fortgesetzt, und die Wachsamkeit der brit. Regierung, die von ihrem vertragsmäßigen Rechte, die Seepolizei zu üben, Gebrauch machte, fruchtete wenig, da die Aburteilung der aufgebrachten Schiffe vor den gemischten Kommissionen meist vereitelt werden konnte. Nach der Losreißung der span. Kolonien Südamerikas vom Mutterlande war hier die Abschaffung der S. erfolgt, Brasilien verbot durch Verträge von 1820 und 1830 den Sklavenhandel. Aber das Verbot wurde erst viel später wirksam, und die Sklaveneinfuhr dauerte fort. In England waren seit 1823 auf Buxtons Anregung neue Reformen zu Gunsten der brit. Sklaven durchgesetzt, und 1831 gab die Regierung alle Kronsklaven ohne Entgelt frei. In der