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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Spiritusfabrikation

Die kontinuierlichen Destillierapparate können als aus einer großen Anzahl Blasen zusammengesetzt angesehen werden, bei denen der Maischezutritt und die Wärmezuführung so geregelt ist, daß, sobald die Maische die unterste Kolonne erreicht, sie auch vollkommen entgeistet ist. Die am meisten verbreitete Form dieser Destillierapparate ist in Taf. II, Fig. 4 dargestellt. Derselbe besteht in seinen Hauptteilen aus der Maischsäule A, dem Rektifikator B, dem Dephlegmator oder Kondensator C, dem Kühler D und dem Schlemperegulator E. Die Maischsäule besteht je nach der Leistungsfähigkeit der Apparate aus einer wechselnden Anzahl einzelner Abteilungen (in der Abbildung z. B. 12), die voneinander durch Böden getrennt sind. Die Böden haben in der Mitte einen nach oben verjüngten offenen Stutzen, welcher durch eine darüber gestülpte Kapsel überdeckt ist; in jeden Boden sind außen an der Seite der Mittelstutzen und Kapseln Überlaufstutzen angebracht, welche den Übertritt der in den Abteilungen befindlichen Maische von einem Boden auf den andern ermöglichen; diese Stutzen sind immer abwechselnd auf den beiden Seiten der Kapseln angeordnet; die Anordnung ist so, daß die Öffnungen der Überlaufstutzen oberhalb der Böden höher sind als der Abstand der Kapseln über den Böden; der Rektifikator B besteht ebenfalls aus einer Anzahl von Böden, welche durch Siebe gebildet werden, während gleichzeitig, wie in der Maischsäule, wechselseitig auf denselben Überlaufstutzen angebracht sind. Der Kondensator C besteht aus einem cylinderartigen offenen Gefäß, in welchem sich eine Zarge befindet, in der wiederum ein kupfernes Schlangenrohr angebracht ist. Der Kühler D ist ein hohes cylindrisches Gefäß, in welchem sich eine kupferne Zarge oder auch kupferne Schlangen befinden. Der Gang der Maische ist folgender. Dieselbe wird durch s in das in der Zarge des Kondensators C befindliche Schlangenrohr gepumpt, durch dieses durchgedrückt und gelangt durch s1 auf den obern Boden der Maischkolonne A und durchläuft so, durch die Überlaufstutzen von einem Boden auf den andern übertretend, die Maischsäule. In entgegengesetzter Richtung bewegen sich die Dämpfe. Diese treten durch b in die unterste Abteilung der Maischsäule durch eine mit Löchern versehene Schlange ein; die aus der Flüssigkeit der untersten Abteilung entwickelten Dämpfe entweichen durch den Mittelstutzen, stoßen auf die Prellkapsel und müssen nun den Raum zwischen Stutzen und Prellkapsel durchstreichen; da die Öffnung der Prellkapsel durch die auf dem zweiten Boden stehende Maischschicht abgeschlossen ist, müssen die Dämpfe diese Maischschicht durchbrechen und dieselbe aufkochen. Dieses Spiel wiederholt sich auf sämtlichen Böden. Da nun die Dämpfe immer kälterer und alkoholreicherer Maische begegnen, findet auf dem Wege durch die Maischkolonne eine fortwährende Verstärkung des Alkoholgehalts der entwickelten Dämpfe statt, so daß bereits alkoholreichere Dämpfe in den Rektifikator B treten. Aus den einzelnen Böden des Rektifikators findet zunächst eine Verdichtung der Dämpfe statt, so daß sich auf jedem einzelnen Boden eine Flüssigkeitsschicht ansammelt, die immer wieder durch die nachströmenden Dämpfe ausgekocht wird, so daß auch hier der Alkoholgehalt der auf den einzelnen Siebböden entwickelten Dämpfe ein immer höherer wird. Die Überleitung der auf den einzelnen Böden angesammelten Flüssigkeit auf den nächst tiefern Boden findet durch die Überlaufrohre statt, so daß auch im Rektifikator eine Gegenströmung zwischen Flüssigkeit und Dämpfen stattfindet. Aus dem Rektifikator gehen die entwickelten starken Dämpfe durch d bei k in die Zarge des Kondensators; sie umspülen hier die kupferne Schlange, durch welche die Maische strömt, und werden, indem sie an diese Wärme abgeben, sie also vorwärmen, teilweise niedergeschlagen; gleichzeitig werden sie auch, da der äußere Cylinder des Kondensators mit Wasser gefüllt ist, durch dieses abgekühlt. Es findet also auch im Kondensator eine fortwährende Niederschlagung und durch die nachfolgenden Dämpfe eine Wiederaufkochung statt, welche zur Folge hat, daß sich im Kondensator ein sehr alkoholreicher Dampf entwickelt, der durch e in den Kühler geleitet, hier vollständig verdichtet wird und durch f bei G den Apparat als hochgradiger Spiritus verläßt. Die in der Zarge des Kondensators niedergeschlagenen Dämpfe treten durch c in den Rektifikator zurück, um hier von neuem verdampft zu werden. Die gebildete Schlempe endlich tritt aus der untersten größern Abteilung der Maischblase A in den Schlemperegulator E. Derselbe besteht aus einem geschlossenen cylinderartigen Gefäß, in welchem sich ein mit einer großen als Schwimmer wirkenden Hohlkugel verbundenes Ventil befindet, durch welches die Schlempe, sobald sie einen bestimmten Stand erreicht hat, selbständig den Apparat verläßt. Eine ganz eigenartige Form von Destillierapparaten, die sich namentlich im Auslande einer größern Verbreitung erfreuen, sind diejenigen von Robert Ilges in Köln. In Taf. II, Fig. 5 ist der Ilgessche Maische-Destillierapparat "Automat" in seiner neuesten Form dargestellt. Diese Apparate sind dadurch ausgezeichnet, daß sie zum Betriebe fast gar keiner Aufsicht bedürfen, da alle einzelnen Teile des Apparats sich vollständig automatisch regulieren. G ist das Maischreservoir, aus welchem die Maische durch den Maischregulator F in einem vollkommen gleichmäßigen Strome dem Apparat zugeführt wird. Dieser Regulator besteht aus einer Wage, deren eine Schale mit Gewichten belastet ist, während die andere Schale zur Aufnahme der aus dem Reservoir kommenden Maische dient; sobald mehr Maische in diese Schale getreten ist, als der Belastung in der Gewichtsschale entspricht, senkt sich die Maischschale und dadurch schließt sich das in dem Standrohr der Wage befindliche (in der Abbildung nicht sichtbare) Maischzuflußventil; ist dann wieder aus der Schale so viel Maische abgeflossen, daß die Gewichtsschale zum Sinken und die Maischschale zum Steigen kommt, wird das Ventil geöffnet und auf diese Weise der Zufluß der Maische aus dem Reservoir in den Apparat geregelt. Die Maische fließt durch B in die Destilliersäule A, welche aus übereinander angebrachten Tellern besteht, die excentrisch, aber abwechselnd in entgegengesetzter Richtung gerippt sind. Entgegen den vorher beschriebenen kontinuierlichen Apparaten besteht der Ilgessche Apparat nicht aus einzelnen, nur teilweise befüllten Kammern, sondern er ist vollkommen von Maische erfüllt. Durch die eigentümliche Form und Anwendung der Teller macht die Maische in der Maischsäule eine kräuselnde Bewegung, welche eine innige Berührung mit dem entgegenströmenden Dampfe bewirkt. Aus H gelangt die entgeistete Maische in den Schlemperegulator C, welcher mit einem kleinen Probierapparat D verbunden ist, um