Stengen, die Verlängerungen der Masten, die an diesen in die Höhe geschoben
werden und die obern
Rahen
(s. d.) tragen. An den Masten werden sie mit ihrem Fuße durch ein Balkengerüst, die
Salings
(s. d.) sowie am Topp der Masten durch das
Eselshaupt
(s. d.) gehalten. Man hat drei S. übereinander, die untern heißen Vor-, Groß- und Kreuz-
Marsstengen, die nächsten mit denselben unterscheidenden
Vorsetzungen
Bramstengen
und die obersten, die jedoch meist mit den mittlern aus demselben Stück
bestehen, Oberbramstengen. S.
streichen
bedeutet
das Herabfieren (s. Fieren) der S., was mit einem starken Takel, dem sog.
Stengewindereep-Gien
geschieht, nachdem die Stengewanten gelöst und das Schloßholz
(s. Salings) herausgezogen ist. Dies Manöver wird ausgeführt, wenn man bei
schwerem Sturm oder im
Gefecht die Takelung verkleinern will.
Stenogrāph
(grch.), Geschwind-, Kurz-, Schnellschreiber, jeder, der ein Kurzschriftsystem
(s. Stenographie) gelernt hat, im engsten Sinne derjenige, der die Fertigkeit
besitzt, Reden wortgetreu
niederzuschreiben und wiederzugeben, so vor allem die Parlamentsstenographen, bei den Parlamenten
offiziell angestellte S.
Stenogrăphie
(grch., d. i. Engschrift), eine Schriftart, die eigene kurze,
schreibflüchtige und verbindungsfähige Zeichen für die Buchstaben des Alphabets sowie besondere
Regeln für die Abkürzung
von Silben und Wörtern oder auch Sätzen bietet und dazu dient, das Schreibgeschäft gegenüber der
gewöhnlichen Schrift
abzukürzen und dadurch zu erleichtern, besonders aber es ermöglicht, die lebendige Rede wortgetreu
wiederzugeben. Dafür
üblich sind auch die Bezeichnungen: Kurzschrift,
Schnellschrift, Tachygraphie oder
Geschwindschreibekunst, Phonographie
oder
Lautschrift,
Redezeichenkunst. Für das viel
schreibende Publikum ist sie, da sie im Vergleich zur Kurrentschrift nur den vierten Teil an Zeit
und Raum erfordert, ein sehr
nützliches Erleichterungsmittel und setzt zu ihrer Erlernung eine höhere Bildung nicht voraus. Zum
berufsmäßigen Nachschreiben
von Reden indessen gehört, sollen die Leistungen allen Anforderungen entsprechen, neben besonderer
stenogr. Gewandtheit,
schneller Auffassungsgabe, scharfen Sinnen und, bei langandauernder Arbeit, starken Nerven ein
möglichst umfassendes
allgemeines Wissen. Deshalb werden in den Parlamenten fast ausschließlich akademisch gebildete Leute
als Stenographen
verwendet. Allgemeiner eingebürgert ist sie in England,
↔
Nordamerika, Frankreich, Deutschland,
Österreich-Ungarn, Italien und in der Schweiz. Ein Mittel zum mündlichen Gedankenaustausch
verschiedenen Nationen
angehöriger Stenographen bieten die 1887 in London begründeten internationalen Stenographenkongresse
(der 6. in Stockholm
1897).
Geschichtliches und
Systematisches.
(Hierzu Tafeln:
Stenographie Ⅰ
,
Ⅱ
.) Die ältesten Vorläufer der S. finden sich
bei den Römern unter dem Namen Tironische Noten
(s. d. und
Taf. Ⅰ, 1, 2, 3). Von einer griechischen Kurzschrift stammen
die ersten sichern Nachrichten
aus dem 2. Jahrh. n. Chr. Aus ihr entwickelte sich im 10. Jahrh. eine Silbentachygraphie (4),
die, als zu weitschweifig, eine
allgemeinere Verbreitung nicht gefunden hat.
Das Geburtsland der neuern S. ist England. Hier gab die
Einführung der Reformation und
der Wunsch, die bedeutendern Kanzelreden aus jener Zeit möglichst wortgetreu aufzubewahren, den
ersten kräftigen Anstoß zur
Entwicklung der Kurzschrift (shorthand). Timothy Bright 1588
wird als der erste Begründer
eines Kurzschriftsystems gefeiert, John Willis 1602 aber stellte zum erstenmal ein stenogr.
Alphabet auf. Sein System ist,
gleichwie die nachgenannten, ein geometrisches, d. h. ein
solches, bei dem nur die
einfachsten geometr. Elemente, nämlich Punkt, gerade Linie, Kreis, Ellipse und Teile der beiden
letztern zur Bildung der
Buchstabenzeichen verwendet sind, im Gegensatz zu den graphischen
Systemen, die ihre
Zeichen aus Teilen der gewöhnlichen Buchstaben bilden und dadurch geläufige, der Richtung der
schreibenden Hand
entsprechende Züge erzielen. Zur besondern Geltung kam das geometr. Princip durch Byrom 1767.
Eine weitere Verbreitung
fand erst das auch für die spätern engl. und franz. Systeme maßgebend gewordene, ebenfalls
geometr. System von
Samuel Taylor
1786 (5), der den an- und auslautenden Vokal zwar durch alleinstehende
Punkte, den inlautenden Vokal aber gar nicht bezeichnete. Die durch den letztern Umstand
hervorgerufene schwere Lesbarkeit
der Schrift veranlaßte
Isaac Pitman
(s. d.) 1837 (6) wieder zur vollen
Vokalbezeichnung zurückzukehren. Er verwendet dazu den Punkt, eine kleine wagerechte Linie und
kleine Haken in verschiedener
Stellung und Stärke. Seine Rechtschreibung ist eine rein lautgemäße (phonetische, daher
Phonography), befreit von allen Absonderlichkeiten der engl.
Orthographie. Verwandte Laute
wie d und t, b und p, v und f, j und ch haben dasselbe Zeichen, nur wird letzteres für den
weichen Laut stark, für den scharfen Laut
schwach gezeichnet. Pitmans Kurzschrift ist zur Zeit in England die verbreitetste und auch in
Nordamerika, teilweise in
umgearbeiteter Gestalt, am meisten in Aufnahme. Es sind bisher über 200 Systeme von Engländern
aufgestellt worden. Der
Kampf der graphischen (Skript- oder Kursiv-) Systeme gegen die geometrischen ist neuerdings,
nicht ohne einigen Erfolg, wieder
aufgenommen worden.
In Frankreich fand das Taylorsche System durch Bertin 1792
Eingang und wurde durch
Prévost
1820 und dessen Schüler Delaunay in der Richtung auf sicherere Lesbarkeit und
vollkommenere Anpassung an die franz. Sprache verbessert. Die weiteste Verbreitung hat das
neuere, einfachere System von
Duployé
1867 (7) gefunden, und zwar besonders infolge seiner glücklichen Verwendung
des Cossardschen Gedankens, Vokalzeichen aufzustellen, welche mit den Konsonanten fortlaufend zu
verbinden sind.
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 317.