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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Theater

des Barockstils, Stuttg. 1886-88.) Als Typus des ital. Operntheaters kann das völlig erhaltene T. zu Bayreuth (von Giuseppe Galli Bibiena, geb. 1696, gest. 1757 zu Berlin, erbaut 1747), das Opernhaus zu Berlin (1741-43 erbaut von G. von Knobelsdorff) und das Residenztheater zu München (1760 von Cuvillier) gelten. Die neuere, auch im Innern antikisierende Bauweise zeigt sich im Théâtre de l'Odeon (1782 erbaut von Wailly und Peyre). Seitdem hat der Fortschritt im Theaterbau in der bessern Ausgestaltung der Nebenräume und Treppen bestanden.

Die Reihe der deutschen Theaterbauten des laufenden Jahrhunderts eröffnete München mit dem 1811-18 von C. von Fischer errichteten Hoftheater, Berlin mit dem 1819-21 entstandenen Schauspielhaus (von Schinkel, s. Tafel: Berliner Bauten II, Fig. 2), und das Mainzer T., 1829-33 von Möller erbaut. Diesen Hauptwerken schlossen sich vor der Revolution noch die Hoftheater in Stuttgart, in Hannover (von Laves 1845-52) und Dresden (von Semper 1838-41, 1869 abgebrannt) an. Das Streben der Architekten dieser Bauten, namentlich Möllers und Sempers, war, das Wesen des Baues, seine innere Gestaltung zur Geltung zu bringen, während Fischer und Schinkel dieses noch hinter tempelartigen Fronten versteckten. Auch Langhans that letzteres noch bei dem 1864-68 errichteten Neuen T. zu Leipzig. Seither haben fast alle größern Städte neue und wohleingerichtete T. erhalten. Die berühmtesten Neubauten sind folgende: Stadttheater zu Riga (1860-63, von L. Bohnstedt, 1882 abgebrannt, der Zuschauerraum erleuchtet durch hinter der aus mattem Glas gebildeten Decke versteckte Gasflammen; antikisierender Stil), das Hofopernhaus zu Wien (1861-69, von van der Nüll und Siccardsburg, in franz. Renaissance, mit großartigem Treppenhaus, 3000 Sitzplätzen, vortrefflichen Ventilationseinrichtungen, Kosten: etwa 12 Mill. M.), das Opernhaus zu Frankfurt a. M. (1880 eröffnet, ital. Renaissance, von Lucä, mit sehr breitem Proscenium, mächtigem Treppenhaus und Foyer, 2000 Sitzplätzen, Kosten: 5¼ Mill. M.; s. Tafel: Theater II, Fig. 2), das neue Hoftheater zu Dresden, (1878 eröffnet, von G. Semper, ital. Hochrenaissance, mit zwei großartigen Treppenhäusern und sie verbindendem Foyer, mächtiger Exedra als Haupteingang, 1700 Sitzplätzen, Kosten: 4,2 Mill. M.), das Hofburgtheater zu Wien (1888 eröffnet, von G. Semper und K. von Hasenauer, mit noch weiter ausgedehnten seitlichen Treppenhäusern; s. Taf. II, Fig. 1), das Bühnenfestspielhaus zu Bayreuth (nach Wagners und Karl Brandts Angaben von O. Brückwald erbaut; es hat keine Ränge, sondern 31 konzentrische, amphitheatralisch aufsteigende Sitzreihen mit 1500 Sitzplätzen, keine Seitenlogen, sondern coulissenartige Seitenwände, ferner ein unsichtbares, stufenweise bis unter einen Teil der Bühne absteigendes Orchester), das Volkstheater zu Worms (nach Angaben von Fr. Schön, erbaut von O. March, 1889 eröffnet, mit kleiner, weit sich vorbauender, der antiken verwandter Bühne, Emporen an der Rückseite des runden Zuschauerraums, bestimmt für die Mitwirkung großer, teilweise auf einer Sängerbühne aufgestellter Menschenmengen), das Opernhaus zu Budapest (1875-84 von Nik. Ybl erbaut; s. Taf. II, Fig. 3, und Grundriß Taf. I, Fig. 4), das Neue T. zu Wiesbaden (1892-94 von Fellner und Helmer erbaut; s. Taf. II, Fig. 4).

Die französischen T. waren im Anfang des Jahrhunderts den deutschen entschieden überlegen. Jetzt nimmt unter ihnen die Große Oper (Opernhaus) in Paris den ersten Rang ein. Erbaut 1863-74 von Ch. Garnier, bedeckt sie einen Raum von 11 237 qm, hat für 2150 Zuschauer Raum. Großartig ist die Raumentfaltung im Treppenhaus, Festsaal, Foyer; das Ganze sollte die Pracht des zweiten Kaiserreichs in ihrer Vollendung zeigen (s. Tafel: Pariser Bauten, Fig. 3). Berühmt ist die Comédie française, die 1782 ihren jetzigen Bau am Palais-Royal bezog. Die übrigen neuern Pariser T. sind meist mit großem Geschmack eingerichtet, doch übertreffen sie nicht das, was in Deutschland in diesem Fach geleistet wird. Die Franzosen räumen das Parterre nur den Herren ein, Damen nehmen in den Logen und Rängen Platz. Großartige T. finden sich auch in Bordeaux (Grand Théâtre, 1871 Sitz der Nationalversammlung, 1770-80 erbaut von Louis), Lyon (Grand Théâtre, 1817-30 von Chevanart und de Pollet erbaut, 2000 Sitzplätze; Théâtre de Bellecour, eröffnet 1879, 2800 Zuschauer, von Jules Chatron), Marseille (Grand Théâtre, 1786 erbaut nach dem Vorbild des Odéon zu Paris, 1900 Sitzplätze) u. a. m. Die italienischen T., die größten der Welt, stammen meist noch aus dem vorigen Jahrhundert. Berühmt sind namentlich die Scala zu Mailand (1777 von Piermarini in klassischem Stil erbaut, 6 Logenreihen mit 240 Logen, 3000 Sitzplätzen), Teatro Malibran (17. Jahrh.) und Teatro Fenice (1789 erbaut von Selva, 1836 von Meduna verbessert) in Venedig, Teatro Carlo Felice in Genua (1826 von Barabino), Teatro Pagliano zu Florenz (1854 für 4000 Zuschauer erbaut von Buonajuti), Teatro San Carlo (1737 von Medrano und Carasale erbaut, 1777 von F. Fuga erneuert, 6 Ränge, 192 Logen, mächtige Bühne) und zahlreiche andere, die meist weniger durch die Schönheit der Architektur als durch Größe und geschickte Raumverteilung wirken. Eine besondere, durch das Klima begünstigte Form sind die offenen T. (Teatro Politeama), z. B. in Florenz (von Buonajuti), dessen Parterre auch als Cirkus zu verwenden ist.

Die englischen T. zeichnen sich nur zum Teil durch schöne Architektur, oft aber mehr durch sehr geschickte Raumausnutzung aus. So sind die an der Straße Strand in London gelegenen meist so an einen Abhang gebaut, daß man von der höher gelegenen Straße aus direkt den zweiten Rang betritt (z. B. im Savoy Theatre). Das größte unter den Londoner Theatern ist Covent Garden Theatre, 1858 von Borry für 3500 Zuschauer erbaut. Das älteste ist Her Majesty's Theatre (Haymarket), welches der Architekt und Lustspieldichter Vanbrugh 1705 errichtete, Nash und Repton 1816-18 vergrößerten. Unter den 34 größeren weitern T. von London sind viele sehenswert, einzelne neue sogar glänzend eingerichtet. Ebenso finden sich in allen größern Städten Großbritanniens trefflich eingerichtete Bühnen. An Kunstwert stehen sie aber den deutschen und französischen nach. Diesen entspricht das große Opernhaus (Kongl. Stora Teatera) in Stockholm, 1775-82 von Adelcrantz für 1500 Zuschauer erbaut, ferner das sehr bedeutende königliche T. zu Kopenhagen (1874 von Petersen und Dahlerup im Renaissancestil erbaut). Hervorragend sind die T. Belgiens, vorzugsweise Brüssels, wo das Théâtre de la Monnaie, 1817 von Damesne in klassischem, das Edentheater in neuerer Zeit von Kühnen in phantastisch reichem Stil durchgebildet wurde. In Antwerpen sind das Théâtre royal (1834) und das