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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Unterwasserboote

einigen Erfolg versprechenden Fahrten ging es im Kieler Hafen unter. 1882 baute Szevetzky in Kronstadt ein 6 m langes, cigarrenförmiges Boot von 2 t Gewicht, dessen Schrauben durch 4 Mann (auf Trittbrettern mittels Kurbelübertragung) getrieben wurden. Das Senken erfolgte durch Verschieben eines Gewichts auf einer Stange nach dem Bug hin, umgekehrt das Heben durch Schieben des Gewichts nach dem Heck; Luftersatz wie bei Nautilus. Das Boot lief nur 4 Knoten, In ein neues Stadium trat die unterseeische Schiffahrt durch die Erfindung des schwed. Ingenieurs Nordenfelt. 1882 wurde in England sein erstes Boot gebaut; hier folgen die Angaben über ein vom Erfinder wesentlich verbessertes Boot, das 1885 von Stapel lief (Fig. 3 zeigt dieses Unterwasserboot in unbelastetem Zustande). Es hat die Form eines Fischtorpedos (s. Torpedo), ist 38 m lang, 3,7 m breit, hat 230 t Deplacement, ist ganz aus Stahl gebaut; sein Nullspant (s. Spanten) bildet einen Kreis. Das Boot gleicht einem Torpedoboot, hat einen Schornstein und läuft unversenkt über 14 Knoten. Die Besatzung besteht aus 9 Mann. Vor dem Untertauchen wird der Schornstein niedergeschoben und verschlossen, nachdem der Kessel auf 8 Atmosphären Druck gebracht ist, darauf die Feuer durch Dampf gelöscht und so viel Wasserballast eingenommen durch Öffnen eines Sinkventils, bis die Oberfläche des Bootes nur noch 30 cm über Wasser herausragt; dann wird der noch übrige Auftrieb durch die Kraft von zwei seitlich angebrachten horizontalen Schrauben überwunden. Die Steuerung nach der Seite geschieht durch das gewöhnliche Vertikalruder, die nach oben oder unten durch ein Horizontalruder, also ganz ähnlich dem Torpedo, der ebenfalls so viel Auftrieb besitzt, daß er bei gestoppten Maschinen an der Wasseroberfläche schwimmt. Im Bug des Bootes befinden sich zwei übereinander liegende Torpedolancierrohre in horizontaler Lage; 4 Torpedos gestatten zweimaliges Abfeuern. Das Boot kann bei 4 Knoten Geschwindigkeit 5 Stunden untergetaucht bleiben, bei größerer entsprechend weniger. In England hat dieses Boot auf einer achttägigen Kreuzfahrt seine Brauchbarkeit erwiesen. Neuere Konstruktionen sind folgende: Das Unterwasserboot von Waddington, das durch die von 45 Accumulatoren gelieferte elektromotorische Kraft getrieben wird. Geschwindigkeit 8 Knoten, wobei die Strecke von 140 km zurückgelegt werden kann, 2 Mann Besatzung. Dieses Boot hat zwei Horizontal- und zwei Vertikalruder; erstere werden von einem kleinen Elektromotor wagerecht gehalten, solange das Boot wagerecht läuft, sie legen sich bei Neigungen des Bootes von selbst so, daß es wieder wagerecht steuert. Das stillliegende Boot kann mit zwei vertikal stehenden Schrauben gesenkt und gehoben werden. Zwei große seitliche horizontale Ruderflossen, die auch drehbar um die Horizontalachse sind, sollen das Eintauchen oder das Horizontalsteuern erleichtern. Die Vertikalruder zur Innehaltung der Kursrichtung werden mit der Hand gedreht. Das Boot trägt eine von Klauen gehaltene Mine; unter dem Schiff angelangt, wird die Mine gelöst und steigt empor, folglich helfen gegen dieses Boot die Torpedoschutznetze (s. d.) nicht, während der Angriff des Nordenfelt-Bootes unter Umständen durch diese unwirksam bleiben kann. In Amerika konstruierte Tuck ein im Princip ähnliches Boot Peacemaker, das ebenfalls eine Mine trägt und dessen Triebkraft ein Natronkessel liefert; ferner erbaute Baker ein hölzernes Boot mit Maschinenanlage zum Laden der Accumulatoren. Bakers Boot ist 59 t groß, hat 4 t Auftrieb und taucht dadurch, daß die Achsen seiner beiden (seitlich angebrachten) Propellerschrauben in ihrer Richtung verstellt werden können; es hat 230 Accumulatoren und läuft 12 Seemeilen. Als neuestes Unterwasserboot ist das von Holland für die amerik. Marine erbaute erwähnenswert. Es ist 25,6 m lang, 3,5 m breit, hat bei vollständiger Tauchung 168 t, bei geringster 154 t Deplacement. Der Rücken des Unterwasserbootes, der an die Oberfläche kommt, ist mit 20 cm starken Harveypanzer geschützt. Bei Fahrten an der Wasseroberfläche wird das Boot mit 3 Dampfmaschinen und 3 Schrauben getrieben, die zusammen 1625 Pferdestärken leisten können und 15 Seemeilen Geschwindigkeit geben. In 20 Sekunden kann das Boot tauchen; zu diesem Zweck wird die Petroleumheizung gelöscht und eine elektrodynamische Maschine zur Fortbewegung benutzt. Das Fahrzeug hat 2 Lancierrohre und 5 Fischtorpedos von 45 cm Kaliber. In Frankreich konnte das Taucherboot Goubets mit 2 Mann 8 Stunden unter Wasser bleiben, erzielte aber mit seinem elektrischen Motor nur 5 Knoten Geschwindigkeit. 1888 erregten die Versuche in Toulon mit dem von dem Ingenieur Zédé konstruierten Unterwasserboot Gymnote Aufsehen; Motor ist eine elektrische Krebsmaschine von 55 Pferdestärken, mit der 9‒10 Knoten Geschwindigkeit erzielt wurden. Gymnote ist 17 m lang, 1,8 m breit, hat 30 t Deplacement. Das Manövrieren wurde durch eine in der Wasseroberfläche liegende Kuppel mit Glaslinsen, die das Ausguckhalten gestattete, wesentlich erleichtert. 1893 lief in Toulon das Unterwasserboot Gustave Zédé von Stapel; es ist 40 m lang, 266 t groß, hat 300 Accumulatoren von 62 t Gewicht, die mit dem Elektromotor etwa 720 Pferdestärken entwickeln und bis zu 8 Seemeilen Geschwindigkeit geben. Dieses Boot ist mit 20 Mann Besatzung 8. Dez. 1894, seewärts von Toulon, längere Zeit auf Tiefen von 14 bis 20 m untergetaucht und hat mit seinen Lancierrohren Torpedos lanciert. Das Untertauchen kann aber wegen des Luftersatzes stets nur etwa eine halbe Stunde dauern. Die ital. Flotte besitzt seit 1894 das Unterwasserboot Pullino, dessen Leistungen sehr gerühmt werden; es soll 8 Seemeilen unter Wasser laufen. Auch das 1888 von Stapel gelaufene span. Unterwasserboot Peral, nach dem Seeoffizier benannt, der es erfand,

^[Abb. Fig. 3.]