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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Vereinigte Staaten von Amerika (Geschichte 1861-65)

halter wurde, spitzte sich der Konflikt zwischen Norden und Süden immer schärfer zu. Die Kansas-Nebraska-Bill (s. d.), wodurch 1854 den Territorien Kansas und Nebraska im direkten Widerspruch zum Missourikompromiss überlassen wurde, ob Sklaverei geduldet werden solle oder nicht, erregte ungeheure Aufregung im Norden. Dazu kam noch ein Manifest der drei in Ostende versammelten Bundesgesandten, worin die Erwerbung von Cuba (s. d.) befürwortet wurde, und endlich die Flibustierexpeditionen William Walkers (s. d.) nach Nicaragua, die von der Regierung offen unterstützt wurden. Alle diese Ereignisse führten zu einer Vereinigung der Antisklavereielemente aus den alten Parteien in der neu gegründeten Republikanischen Partei (s. d.). Diese erwies sich schon bei der Präsidentenwahl 1856 so stark, daß ihr Kandidat Fremont nur mit wenigen Stimmen gegen den Kandidaten der Sklavenhalter, Buchanan (1857-61), unterlag; aber die Stärke der Gegner brachte die Extremen unter den Sklavenhaltern immer mehr in den Vordergrund. Sie erzwangen, von Buchanan unterstützt, die sog. Lecompton-Bill, die Kansas die Sklaverei aufdrängen sollte, aber zunächst eine Spaltung der Demokratischen Partei herbeiführte. Ein großer Teil der nördl. Demokraten, geführt von Douglas, wollte derartige Maßregeln, die zur Auflösung der Union führen mußten, vermeiden, während gerade diese Auflösung von den Südländern, unter Führung des Senators Jefferson Davis (s. d.) und Alexander Stephens, fortan ziemlich unverhüllt angestrebt wurde. Die geteilten Demokraten unterlagen bei der Präsidentenwahl 1860 den Republikanern, deren Kandidat Abraham Lincoln (s. d.) zwar von 4680193 Volksstimmen nur 1866352, aber von 303 Elektoralstimmen 180 erhielt. Diese Wahl entschied den sofortigen Ausbruch des Bürgerkrieges. Unter Buchanan waren übrigens Minnesota (1858), Oregon (1859) und Kansas (1861) als neue Staaten in den Bund aufgenommen worden, so daß dieser 1861 schon 34 Staaten mit etwa 31500000 E. (darunter 4450000 Neger) zählte.

V. Der Bürgerkrieg (1861-65). Unmittelbar nach Erwählung Lincolns berief die Legislatur von Südcarolina einen Konvent, der sich 20. Dez. einstimmig für Austritt aus der Union aussprach und Beschlagnahme der Bundesforts und Arsenale verfügte. Diese gelang bis auf das Fort Sumter im Hafen von Charleston, wo sich Major Anderson mit einer bundestreuen Garnison behauptete. Dem Beispiel Südcarolinas folgten Mississippi 9. Jan. 1861, Florida am 10., Alabama am 11., Georgia am 19., Louisiana 26. Jan., Texas 1. Febr., Virginien Ende April, Arkansas 6. Mai und Nordcarolina nebst Tennessee 21. Mai. Ein Kongreß der Secessionisten hatte schon 4. Febr. zu Montgomery in Alabama eine Verfassung der Konföderierten Staaten von Amerika entworfen, Jefferson Davis zum Präsidenten, Al. Stephens zum Vicepräsidenten des neuen Bundes erwählt und Rüstungen organisiert. Zwar erklärte noch Lincoln bei der Übernahme seines Amtes 4. März, daß er sich in die Angelegenheiten der Sklavenstaaten nicht einmischen wolle; aber dieser Versöhnungsversuch blieb ebenso fruchtlos wie ein vorher nach Washington einberufener Friedenskongreß. Ein Versuch, Fort Sumter mit Lebensmitteln zu versehen, führte zu der Bombardierung und zur Einnahme des Forts durch den secessionistischen Obergeneral Beauregard (14. April). Damit war der Krieg erklärt. Am nächsten Tage rief Lincoln 75000 Freiwillige auf und versammelte den Kongreß zu einer außerordentlichen Sitzung.

Die ebenso geschickte wie energische Führung der auswärtigen Angelegenheiten durch Lincoln und seinen Staatssekretär Seward verhütete mit Erfolg die wiederholt drohende Einmischung der europ. Westmächte, die namentlich aus handelspolit. Gründen große Sympathien für die Südstaaten hegten. Bei Ausbruch des Bürgerkrieges waren Lincoln und seine Partei zwar energisch gegen Ausdehnung der Sklaverei nach Norden, dachten aber noch nicht daran, auch im Süden principiell die Sklaverei auszurotten. Erst 22. Sept. 1862 erschien die berühmte Proklamation Lincolns, die, mit Rechtskraft vom 1. Jan. 1863, die in den aufständischen Landesteilen gehaltenen Sklaven für frei erklärte.

Die Einzelheiten der Kämpfe entwickelten sich, da alles zum Kriege Erforderliche erst geschaffen werden mußte, in unendlich schleppender Weise. Obgleich die entscheidenden Kämpfe auf der Hauptlinie zwischen den beiden Hauptstädten, dem nördl. Washington und dem von den Konföderierten zur Hauptstadt auserkorenen Richmond in Virginien, ausgefochten wurden, dehnte sich der Krieg nicht allein über das ganze Grenzgebiet zwischen den beiden Staatengruppen, sondern nach und nach über fast alle Südstaaten aus. Während die Union auf der Entscheidungslinie nicht bloß lange keinen Vorteil erzielen konnte, sondern sogar infolge der stärkern Rüstungen und des bessern Offiziermaterials des Südens wiederholt empfindliche und gefährliche Schlappen erlitt, gewann sie nach und nach infolge ihrer numerischen Übermacht immer mehr Boden auf den andern Kampfplätzen und schnitt damit dem Süden immer mehr Hilfsmittel ab. Am 21. Juli 1861 wurden die noch durchaus unorganisierten Bundestruppen im Centrum unter Mc Dowell bei Bull-Run so entscheidend geschlagen, daß nur die deutsche Brigade unter Blenker ihren Rückzug und die von Truppen entblößte Bundeshauptstadt deckte. Der hierauf zum Befehlshaber der Potomacarmee ernannte General MacClellan (s. d.) fing dieselbe überhaupt erst zu organisieren an. Greifbare Erfolge erzielte der Norden durch Behauptung des wichtigen Staates Missouri (unter Lyon, Sigel und Fremont), wie durch Besetzung der Forts Hatteras und Clark in Nordcarolina und namentlich durch die Einnahme des vorzüglichen Hafens Port-Royal in Südcarolina (7. Nov.). Fast gleichzeitig (8. Nov.) hatte Kapitän Wilkes gewaltsam den engl. Postdampfer Trent angehalten und die auf ihm befindlichen, zu Unterhandlungen nach England gesendeten Kommissare der Südländer, Slidell und Mason, gefangen genommen. Erst als England mit Krieg drohte, ließ Lincoln die Gefangenen frei.

Im J. 1862 errang der Norden Besitz von ganz Kentucky und einem großen Teil von Tennessee, besonders nachdem Ulysses Grant (s. d.) seinen ersten großen Erfolg durch Einnahme des von 13000 Mann verteidigten Forts Donelson am Cumberland erzielt hatte. Weiter gelang es, an wichtigen Punkten längs des Mississippistroms festen Fuß zu fassen, und zwar in Neuorleans durch General Butler und Kommodore Farragut (1. Mai), in Neumadrid (14. März) und nach dem Siege Grants bei Shiloh 6. und 7. April auch in Corinth. Nur das stark befestigte Vicksburg hielt die Macht der Südlichen am Mississippi und ihre Verbindung mit Texas und Neu-^[folgende Seite]