Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

257

Vereinigte Staaten von Amerika (Litteratur zur Geschichte)

1895 entschied, daß der Kongreß nur befugt sei, eine nach der Bevölkerungszahl bemessene Einkommensteuer zu beschließen, so kam das Gesetz zu Fall.

Die Botschaft, mit der Präsident Cleveland 2. Dez. 1895 den Kongreß eröffnete, beschäftigte sich hauptsächlich mit wirtschaftlichen und finanziellen Fragen, doch wurde darin auch schon die Grenzfrage zwischen Großbritannien und Venezuela (s. d., Geschichte) erwähnt, zu deren Schlichtung die V. S. v. A. ein Schiedsgericht vorgeschlagen hatten. Als wenige Tage darauf eine ablehnende Antwort Englands einlief, erließ Cleveland 16. Dez. eine neue Botschaft an den Kongreß, worin er es auf Grund der Monroe-Doktrin für das Recht der V. S. v. A. erklärte, nun ihrerseits Maßnahmen zu treffen, um die richtige Grenzlinie festzustellen. Zu diesem Zweck beantragte er die Einsetzung einer parlamentarischen Commission, die von dem Kongreß mit großem Enthusiasmus bewilligt wurde. Dieser energischen Haltung gegenüber wich England zurück und schloß 9. Nov. 1896 mit den V. S. v. A. einen Vertrag, wonach zur Entscheidung der venezuel. Grenzfrage eine aus Vertretern beider Staaten bestehende Kommission eingesetzt werden soll. Zugleich enthielt der Vertrag eine Bestimmung, daß auch alle künftigen Gebietsstreitigkeiten zwischen englisch redenden Völkern einer schiedsgerichtlichen Entscheidung zu unterbreiten seien, doch wurde ein Specialvertrag, der nähere Bestimmungen über diese Schiedsgerichte enthielt, 1897 von dem amerik. Senat abgelehnt. In der cuban. Frage (s. Cuba, Geschichte) steht die Mehrheit der Bevölkerung namentlich in den Südstaaten entschieden mit ihren Sympathien auf seiten der Aufständischen, und zweifellos erhielten diese bedeutende Unterstützungen an Waffen und Munition aus den V. S. v. A., ohne daß die Regierung dies zu hindern vermochte. Denn, wenn auch der Senat sowie das Repräsentantenhaus in einer Resolution den Präsidenten aufforderten, die Aufständischen als kriegführende Partei anzuerkennen und bei der span. Regierung auf die Anerkennung der Unabhängigkeit Cubas hinzuwirken, so beobachtete dieser doch die strengste Neutralität.

Im Innern stand besonders die finanzielle Lage im Vordergrunde, da es nicht gelungen war, das Deficit zu beseitigen, und zwei ökonomische Maßregeln, Hochschutzzoll und Bimetallismus, waren es besonders, die zur Besserung der wirtschaftlichen Lage in Vorschlag gebracht wurden, und die in entscheidender Weise die Präsidentenwahl beeinflußten, die im Herbst 1896 stattfand. Während die Republikaner MacKinley (s. d., Bd. 17), den Vater der hochschutzzöllnerischen MacKinley-Bill als Kandidaten nominierten, stellten die Demokraten Bryan (s. d., Bd. 17), einen Anhänger der freien Silberprägung und Gegner des Hochschutzzolls, auf. Die Volkspartei beschloß ebenfalls für Bryan zu stimmen, während die Mitglieder der Demokratischen Partei, die für Goldwährung waren, als dritten Präsidentschaftskandidaten General Palmer proklamierten. Der Wahlkampf entbrannte mit außerordentlicher Heftigkeit, da es sich nicht nur um die Währungsfrage allein handelte, sondern die Bewegung sich zu einem Feldzug gegen den Großkapitalismus und die Plutokratie der hauptsächlich den Osten beherrschenden Goldpartei erweitert hatte. Dennoch gelang es 3. Nov. den Republikanern, bei den Wahlmännerwahlen den Sieg davonzutragen, und 10. Febr. 1897 wurde MacKinley mit 271 gegen 176 Elektorenstimmen als gewählt proklamiert; Vicepräsident wurde Hobart. MacKinley, der 4. März sein Amt antrat, berief sofort den Kongreß zu einer außerordentlichen Sitzung und legte ihm den Entwurf eines neuen Zolltarifs, die sog. Dingley-Bill, vor, die eine entschiedene Rückkehr zu der MacKinley-Bill bedeutete, ja für manche Gegenstände noch höhere Zollsätze aufstellte und vielfach sogar einen völlig prohibitiven Charakter trug. Der Tarif wurde nach längern Verhandlungen vom Kongreß angenommen und 24. Juli vom Präsidenten bestätigt. Ein zweites wichtiges Ereignis, das bald nach MacKinleys Amtsantritt stattfand, war die Annexion der Sandwichinseln, die nach einem im Juni 1897 abgeschlossenen Vertrage erfolgte. Danach werden die Sandwichinseln ein Bestandteil der V. S. v. A., doch bleibt die bisherige Regierung im Amt, bis der Kongreß eine neue Verfassung ausgearbeitet hat. Freilich hat dieser Vertrag bisher (Jan. 1898) noch nicht die Bestätigung des amerik. Senats gesunden, doch wird diese trotz des Protestes, den Japan erhob, voraussichtlich nicht ausbleiben.

Litteratur zur Geschichte. Sparks' (s. d.) Sammlungen von Biographien und Dokumenten, sodann Bancrofts (s. d.) Werke, darunter besonders seine History of the United States (Bd. 1-10, Bost. 1840-74; Supplement, 2 Bde., 1882, bis 1789 reichend; deutsch Lpz. 1845-75); Hildreth, History of the United States (6 Bde., Neuyork 1849-56 u. ö., bis 1821 gehend); Holst, Verfassung und Demokratie der V. S. v. A. (Berl. 1873-91; englisch Chicago 1876-92); Neumann, Geschichte der V. S. v. A. (3 Bde., Berl. 1863-66); Laboulaye, Histoire des États-Unis (6. Aufl., Par. 1876; deutsch, 2. Aufl., 3 Bde., Heidelb. 1881); Higginson, Geschichte der V. S. v. A. (deutsch, Stuttg. 1876); J.^[Justin] Winsor, Narrative and critical History of America 1492-1850 (8 Bde., Bost. 1884-89); R. Frothingham, Rise of the Republic of the United States (3. Aufl., ebd. 1874); J. B.^[John Bach] McMaster, History of the people of the United States 1784-1820 (4 Bde., Neuyork 1883-95); James Schouler, History of the United States 1783-1861 (5 Bde., Washingt. und Neuyork 1880-91); E. Stanwood, History of presidential elections (4. Aufl., Bost. 1892); F. W. Taussig, Tariff History of the United States (Neuyork 1892); Nippold, Amerik. Kirchengeschichte seit der Unabhängigkeitserklärung (Berl. 1892); Moireau, Histoire des États-Unis de l'Amérique du Nord (2 Bde., Par. 1892); Andrews, History of the United States (2 Bde., Neuyork 1895); Wilson, Presidents of the United States 1789-1894 (ebd. 1895).

Einzelne Perioden behandeln: Talvj, Geschichte der Kolonisation von Neuengland (Lpz. 1847); Thwaites, Epochs of American History. The colonies 1492-1750 (Lond. 1890); E. Schmidt, Die Vorgeschichte Nordamerikas im Gebiet der Vereinigten Staaten (Braunschw. 1894); J.^[John] Fiske, The beginnings of New England (Bost. 1889); ders., The critical period of American History 1783-89 (ebd. 1888); ders., The American revolution (3 Bde., ebd. 1891); Hart, Formation of the Union 1750-1829 (Lond. 1892); Francis Parkman, France and England in the new world (11 Bde., ebd. 1867-92; teilweise deutsch Stuttg. 1875-78); Henry Adams, History of the United States 1801-17 (9 Bde., Neuyork 1889-91). Den mexik. Krieg behandelten besonders Ripley, Thorpe, Jenkins, Mansfield und Henry.