Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

494

Walzwerk

Ständern (Walzengerüst) eingelagert sind. Nur bei dem zur Herstellung von Radreifen benutzten Kopfwalzwerk liegen die Walzen außerhalb der Ständer. In der Regel werden in einem Gerüst zwei Walzen zusammengestellt (Duowalzwerk); für gewisse Fälle der Fabrikation auch drei (Triowalzwerk) und mehr. Die Walzenachsen liegen mit wenig Ausnahmen horizontal übereinander, ragen über die Gerüste nach außen vor und erhalten hier quadratischen oder sternförmigen Querschnitt, um die Walzen nebeneinander stehender Gerüste unter Einschaltung kurzer Wellenstücke mit Hilfe übergeschobener Muffen zusammenschließen (kuppeln) zu können. Eine Anzahl solcher im Verband stehender Einzelwalzwerke bilden eine Walzenstraße (s. nachstehende Fig. 1). Die von einem Dampf- oder Wassermotor ausgehende Betriebsarbeit wird unter Vermittelung von Zahnrädern a (Krauseln), die in einem besondern Gerüst b gelagert sind, und einer ausrückbaren Klauen- oder Reibungskuppelung c dem ersten Walzenpaar Ⅰ der Straße zugeleitet und von diesem aus mittels der Walzenkuppelungen d auf die übrigen Ⅱ u. s. w. übertragen. Indem die Querschnittsabmessungen der Kuppelungswellen so gewählt werden, daß die Festigkeit dieser geringer ist als die der Walzenkörper und Walzenzapfen, sichern dieselben die Walzen bei zu starkem Anwachsen des Arbeitswiderstandes vor Bruch (Brechkuppelungen). Die untere Walze der Duowalzwerke ist unverrückbar gelagert; die Lager der obern Walze gleiten in den rahmenartig gestalteten Gerüsten und können mittels Gegengewichten u. dgl. gehoben, mittels Schraubenspindeln oder hydraulischen Druckwerken gesenkt werden. In der tiefsten Stellung berühren sich die Walzen in der sog. Walzlinie. Vor dieser liegt an der Einzugseite der umlaufenden Walzen der zur Stützung und sichern Einführung des Werkstückes dienende Walzentisch; auf der Austrittseite lösen Abstreifmeißel das Werkstück von den Walzenflächen ab. Für wiederholtes Auswalzen des Arbeitsstückes muß dieses nach jedem Durchgang auf die Einzugseite über die Oberwalze zurückgeführt werden. Bei großen, für die Bearbeitung schwerer Stücke bestimmten W. werden zur Erleichterung des Überhebens an der Ein- und Austragseite der Walzen Walzentische angeordnet, die in der Höhenrichtung verstellbar sind. Nicht selten sind die Stützflächen dieser aus einer größern Anzahl nebeneinander liegender Transportwalzen gebildet, die zuweilen zur Erleichterung des Transportes selbständige Drehung erhalten. Zur Vermeidung des mit dem Überheben verbundenen Zeitaufwandes kann durch Einschaltung eines Wendegetriebes zwischen Motor und Krauselgerüst nach jedem Durchgang des Werkstückes die Umlaufrichtung der Walzen gewechselt werden (Kehr- oder Reversierwalzwerke). Bei den Triowalzwerken findet die Rückführung des Werkstückes zwischen der Mittel- und Oberwalze, also unter Leistung von Walzarbeit statt. Die bisher erwähnten W. heißen auch Schub- oder Langwalzwerke. Liegen jedoch die Achsen der Walzen geneigt zueinander im Gerüst, so erhält das Werkstück neben der fortschreitenden auch eine Drehbewegung, wodurch derartige W. zur Herstellung von Rundstäben und Röhren geeignet werden (Schrägwalzwerk; s. auch Mannesmannsches Röhrenwalzverfahren).

^[Fig. 1.]

Die Verminderung des Querschnittes eines Werkstückes ist stets mit einer Längenzunahme, der Streckung, des letztern verbunden. Die Querschnittsabnahme in der Richtung normal zur Walzlinie wird die Stauchung, diejenige parallel zu dieser Linie die Breitung genannt. Zur Herstellung plattenförmiger Körper (Bleche, Panzerplatten) werden Walzen von kreiscylindrischer Gestalt benutzt, deren Länge der Breite des Arbeitsstückes entspricht. Der Abstand der Walzen in der Walzlinie bedingt die Dicke des herzustellenden Arbeitsstückes und wird für jeden neuen Durchgang verkleinert. Die Breitung ist hierbei in der Regel nicht begrenzt, die Werkstücke erhalten daher rauhe Ränder. Für Platten mit genau rechteckigem Querschnitt werden den Walzen noch zwei kurze stehende Cylinderwalzen vorgelagert, die selbständig angetrieben werden und deren gegenseitiger Abstand, der Breite des Werkstückes entsprechend, geregelt wird (Universalwalzwerke), oder es werden in die Oberfläche der einen oder auch der beiden Walzen rundumlaufende Nuten (Kaliber) geschnitten, deren Querschnitt dem herzustellenden Stabquerschnitt gleicht. Diese Kaliber sind für die Herstellung beliebiger Stabformen geeignet. Man unterscheidet offene und geschlossene Kaliber. Auch im Kaliber kann die Verminderung und Umgestaltung des Querschnitts eines Werkstückes nur allmählich erfolgen. Sie erfordert bei Walzen mit offenen Kalibern, ebenso wie bei Plattenwalzwerken, die Veränderung des gegenseitigen Abstandes der beiden in einem Gerüst vereinten Walzen, bei geschlossenen Kalibern das Durchlaufen mehrerer derselben, deren Querschnitte allmählich kleiner werden und so gestaltet sind, daß der Querschnitt des Walzstückes sich allmählich der verlangten Endform nähert. Die Ermittelung des Abnahmeverhältnisses der Kaliber erfordert eine genaue

^[Fig. 2.]