Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

569

Wechselprozeß - Wechselregreß

täts-, Windprotest.) Nach preuß. Stempelsteuergesetz vom 31. Juli 1895 ist der Steuersatz für W. 1,50 M. vom Hundert. Dazu kommen noch die Aufnahmsgebühren: bei Aufnahme mit einem Weg durch den Richter bis zu 20 M.: 1,40 M., durch den Gerichtsschreiber oder Gerichtsvollzieher bis zu 50 M.; 1 M. (preuß. Gerichtskostengesetz vom 25. Juni 1895, §§. 33, 50, 130).

Wechselprozeß, nach der Civilprozeßordnung für das Deutsche Reich, §§. 565 fg., eine Abart des Urkundenprozesses (s. d.) mit allen wesentlichen Merkmalen desselben und der Besonderheit, daß die Einlassungsfrist, d. h. die Frist, welche zwischen der Zustellung der Klage und dem Termin zur mündlichen Verhandlung liegen muß, abgekürzt ist und daß Wechselklagen sowohl bei dem Gericht des Zahlungsortes wie im allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten und gegen mehrere Wechselverpflichtete am Zahlungsort und am Orte, wo einer der Verpflichteten seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, erhoben werden können. Das Eigentümliche des W. besteht danach und nach Fortfall des Wechselarrestes (s. Wechselstrenge) nicht mehr wie nach frühern Prozeßgesetzen in der besondern Beschleunigung und Strenge des Verfahrens, sondern, wie beim Urkundenprozeß überhaupt, darin, daß 1) die Klagthatsachen nur durch Urkunden, 2) Einreden und alle andern Thatsachen nur durch Urkunden oder Eid bewiesen werden können, der Zeugenbeweis überhaupt ausgeschlossen ist, 3) daß dem Beklagten gestattet ist, seine Verteidigung, soweit sie gegen Wechselansprüche überhaupt zulässig und im W. nicht definitiv beseitigt ist, in einem als Fortsetzung des W. erscheinenden Nachverfahren, dem sog. Separatum, mit allen Beweismitteln des ordentlichen Verfahrens zu führen. Der W. besteht nur für Ansprüche aus Wechseln im Sinne der Wechselordnung (s. über diese Ansprüche Wechselklagen), ist auch nicht geboten, obligatorisch, sondern nur zugelassen. Der Wechselkläger kann den Wechselanspruch im ordentlichen Verfahren geltend machen, was sich bei der Ausschließung jedes Zeugenbeweises im Wechselverfahren vielfach empfehlen wird, namentlich wenn der Kläger Grund hat, der Gewissenhaftigkeit des Beklagten nicht zu trauen, der durch Abschwören der Wechselunterschrift im W. den Anspruch definitiv beseitigen kann, während der Kläger vielleicht im stande ist, durch Zeugen den Beweis der Echtheit zu führen, was er nur im ordentlichen Verfahren kann. Ähnlich das Verfahren in Wechselstreitigkeiten nach Österr. Civilprozeßordnung vom I.Aug. 1895, §. 555 fg.

Wechselräder, soviel wie Satzräder (s. Zahnräder und Uhren).

Wechselrecht, die Gesamtheit der sich auf die Rechtsverhältnisse aus Wechseln beziehenden Rechtsnormen. Über das deutsche und österreichische W. s. Wechselordnung. Auf der Deutschen Wechselordnung beruhen die Rechte von Finland, Rußland, das W. der Schweiz, Italiens und der skandinav. Staaten. Das weiteste Geltungsgebiet hat von andern Rechten das französische W. (Code de commerce, Art. 110 fg.), welches auch in Luxemburg und im Königreich Polen gilt, vielen europäischen und fast allen nichteuropäischen W. zu Grunde liegt. Das englische W. ist durch die Bills of Exchange Act vom 18. Aug. 1882 für das Vereinigte Königreich kodifiziert; es weicht vom deutschen und franz. Recht vielfach ab.

Wechselregreß, der Anspruch des Wechselinhabers gegen seine Vormänner. Er teilt sich in zwei Klassen: 1) Regreß mangels Zahlung. Hauptschuldner beim gezogenen Wechsel ist der Acceptant, beim eigenen Wechsel der Aussteller, die entweder selbst zahlen oder beim Domizilwechsel (s. d.) mit benanntem Domiziliaten durch diesen Zahlung leisten sollen. Für die nicht erfolgte Zahlung durch dieselben haben dem Wechselinhaber nach der Deutschen und Österr. Wechselordnung aufzukommen: beim gezogenen Wechsel der Aussteller und sämtliche Personen, die den Wechsel indossiert haben, seine Vormänner, und der Ehrenacceptant, beim eigenen Wechsel diese Vormänner. Voraussetzung des Regresses ist, daß der Wechsel dem Hauptschuldner bez. dem Domiziliaten zur Zahlung präsentiert und die Nichtzahlung durch Protest festgestellt ist; wenn der Wechsel auf den Zahlungsort lautende Notadressen oder Ehrenaccepte (s. Ehrenannahme) trägt, muß der Protest auch die Erfolglosigkeit der Präsentation zur Ehrenzahlung ausweisen, bei Zeitsichtwechseln (s. Sichtwechsel) und bei domizilierten Tratten mit Präsentationsbefehl der Protest mangels Annahme (Sicht, Datierung) erhoben werden. (S. Wechselprotest und Notifikation.) Über Ausschließung und Beschränkung des W. durch die Rektaklausel und die Klausel "ohne Obligo" s. Rektawechsel, Indossament, Obligo. Den W. hat zunächst der letzte Wechselinhaber, der den Wechsel hat protestieren lassen, gegen jeden Vormann, nicht bloß den unmittelbaren, d. h. den, aus dessen Hand er den Wechsel erhalten hat; er kann einen von ihnen nach seiner Wahl oder alle belangen (sog. springender Regreß), zugleich auch den Hauptschuldner. Löst ein Vormann den Wechsel beim letzten Wechselinhaber oder einem hinter ihm stehenden Indossanten (sog. Nachmann, d. h. jeder, der nach ihm Wechseleigentümer geworden) ein, so hat dieser den W. gegen alle seine Vormänner (die nicht zugleich etwa seine Nachmänner sind, was nämlich möglich ist, wenn der Wechsel mehreremal an ihn indossiert war) und die Klage gegen den Hauptschuldner. Der letzte Regreßpflichtige ist danach beim gezogenen Wechsel der Aussteller, beim eigenen Wechsel der Remittent. Der W. des letzten Inhabers geht auf die Wechselsumme, 6 Proz. Zinsen vom Verfalltage, die Protestkosten und andere Auslagen sowie 1/3 Proz. Provision; der des Vormannes auf diese ganze Summe nebst Zinsen, Kosten und 1/3 Proz. Provision. Über die Regreßsumme wird eine Rückrechnung (s. d.) ausgestellt, die zu quittieren ist. Für den Betrag der letzten Rückrechnung haftet schließlich der Hauptschuldner. Es erhellt daraus, wie die Wechselschuld durch den Rückgang des Wechsels im Regreßwege anschwellen kann. Dem soll die Wechselintervention (s. Ehrenannahme) und der springende Regreß vorbeugen. Der Regreßanspruch aus dem W. verjährt in kurzen Fristen (3, 6, 18 Monate vom Protesttage, Zahlungstage, von der Ladung, Klageerhebung, Art. 78, 79 der Wechselordnung); die Verjährung wird nur durch Klage oder Streitverkündung (s. d.) unterbrochen. Wer von seinem Nachmanne einen Wechsel einlöst, hat darauf zu achten, daß der Wechsel und Protest in Ordnung und daß der Regreßanspruch gegen ihn nicht verjährt ist. 2) Regreß auf Sicherstellung ist vor Verfall zulässig a. wenn die Annahme eines Wechsels ganz oder teilweise verweigert oder nur beschränkt erfolgt, auch durch die Notadresse nicht zu erlangen ist. (S. Accept, Ehrenannahme.)